BMW 335i Cabriolet:Offen für alles

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Bei BMW hat man diskutiert, gestritten und gerechnet. Das Ergebnis: Allen Unkenrufen zum Trotz kommt die vierte Cabrio-Generation des 3ers mit einem Klappdach auf den Markt. Großer Wurf oder müde Nachahme?

Von Stefan Grundhoff

Wer sich im Hause BMW umhört, der muss nicht lange auf den ersten Stoffdach-Fan warten. Selbst Vorstand Burkhard Göschel gab vor einiger Zeit zu, dass ein Cabriolet eigentlich mit einem Stoffdach unterwegs sein müsse. Doch warf man vor knapp drei Jahren alle Bedenken über Bord und sprang auf die Coupé-Cabriowelle auf. Durchaus problematisch, wenn man schon ein grandioses 3er-Coupé in der Modellfamilie hat.

Wunderbar dezentes Heck - nicht nur für ein Coupé-Cabriolet. (Foto: Foto: BMW)

So werden die BMW-Verantwortlichen denn auch nicht müde zu betonen, dass sich die Kunden des neuen 3er-Cabriolets und des im Sommer vergangenen Jahres vorgestellten Coupés massiv unterscheiden. Projektmanager Michael Bachvogel, verantwortlich für das neue Cabrio: "Stoff oder nicht Stoff ist eine Einstellungsfrage. Bei uns gibt es ein klappbares Hardtop und eine ungemein offene Sitzposition bei geöffnetem Dach. Kopf und Schultern sind dabei frei von Wind."

Unvereinbare Typologie

Abgesehen von einem weicheren Übergang zwischen Kofferraum und Dachlinie sind die beiden Modelle bei einer dunklen Lackierung kaum voneinander zu unterscheiden. Anders als den meisten anderen Produzenten von Coupé-Cabriolets, die ihre mächtigen Dachkonstruktion meist in einem pummeligen Hinterteil unterbringen müssen, scheint BMW die Quadratur des Kreises gelungen: Das Heck ist flach, dynamisch und allemal sexy. Kaum zu glauben, dass die aufwendige Klappdachkonstruktion in diesem knappen Raum Platz hat.

Bei geschlossenem Dach genießt man die großen Fensterflächen, und die C-Säule bietet sogar den BMW-typischen Hofmeister-Knick. Was will man mehr? "Coupéfahrer wollen kein Cabriolet und Cabrioletfahrer kein Coupé", wird Brachvogel nicht müde zu betonen, warum man sich Coupé und CC gut nebeneinander vorstellen kann.

Auf Knopfdruck öffnet und schließt die metallene Mütze in rund 22 Sekunden. Schnell ist anders - wenngleich die Zeit angesichts dieses ausgeklügelten Klappmachanismus' nachzuvollziehen ist. Nicht zu verstehen jedoch, wieso sich das Dach zwar auch per Funkfernbedienung von außen, nicht aber bei leichter Fahrt bedienen lässt. Ein kleiner Regenschauer an der Ampel oder das Aufreißen des Himmels - ein Hupkonzert ist unausweichlich.

Alte BMW-Tugenden

Offen oder zu - so oder so sieht der in Regensburg produzierte Allrounder gut aus. Und das Beste: Er fährt sich auch so. Sicher, die Karosserie ist nicht ganz so steif wie beim echten Coupé. Aber allemal verwindungsfest genug, um auf allen Pisten jede Menge Spaß zu haben. Das Fahrwerk ist ein wahrer Genuss, die Lenkung auch ohne allen Aktiv-Schnick-Schnack grandios.

Und der drei Liter große Doppelturbo ist eine echte Gefahr für jedes Punktekonto. Von Null auf 100 km/h in weniger als sechs Sekunden und eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zeigen, was er kann. Ab 1300 U/min steht das maximale Drehmoment von 400 Nm zur Verfügung. Kaum zu glauben, wie der exzellent ausbalanzierte Bajuware die 225 kW / 306 PS auf den Asphalt bringt. Beide Getriebevarianten (manuelles oder automatisches 6-Gang-Schaltwerk) passen ausgezeichnet zum Kraftwerk.

Sein Leergewicht von 1,8 Tonnen kann er trotz aller Agilität zwar nicht verhehlen - aber zumindest gelungen überspielen. Auch bei buckeligen Straßen knarzt und ruckelt an der Karosserie nichts. Dennoch: Mit dem Coupé ist man noch flotter, leichtfüßiger, agiler, spontaner unterwegs. Das Geräuschniveau bei geschlossenem Dach ist übrigens angenehm leise.

Angesichts solcher Leistungspotenziale ist ein in Aussicht gestellter Durchschnittsverbrauch von weniger als zehn Litern SuperPlus pro 100 Kilometer sehr interessant, aber auch nachfragewürdig.

Merkwürdiges Manko

Wenn etwas stört, sind es überraschenderweise die Sportsitze. Wegen der vergleichsweise hohen Sitzposition sitzt man zwar gut, aber nicht wirklich perfekt. Groß gewachsene Fahrer blicken leicht gegen den Fensterrahmen und justieren immer wieder Sitzlänge und -höhe.

Der Knieraum ist vorne für Fahrer und Beifahrer eng und hinten real kaum vorhanden. Selbst wenn die Innenbreite stark gewonnen hat: Das 3er-Cabriolet bleibt auch in der neuesten Generation nur etwas für die erste Reihe. Hinten platzieren sich auf wunderschönen Lederelementen und mit Blick auf umlaufende Holzapplikationen allenfalls Designertaschen bequem.

Soll es rustikaler sein, kann man die Rückbank umklappen und die Tierhaut schützen. Eine 40 Zentimeter breite Durchreiche schafft mehr Variabilität für Golftaschen, Regale und Snowboards. Der Kofferraum selbst hat ein Volumen zwischen 210 und 350 Litern. Das sollte für die meisten Eventualitäten reichen.

Teurer Dreier

Die Modellpalette des neuen Cabriolets kann sich sehen lassen. Topversion und fraglos die Bestbesetzung ist der BMW 335i, der mit einer durchaus ordentlichen Serienausstattung 50.750 Euro kostet. Bedient man sich der netten Details, die in ein Fahrzeug dieser Kategorie gehören, so liegt man indes deutlich über 60.000 Euro - viel Geld für ein Auto, dass sich nach wie vor Dreier nennt.

Das Basismodell BMW 320i Cabriolet mit dem komplett neu entwickelten Vierzylinder, der als erster eine Start-Stopp-Automatik und ein regeneratives Bremssystem zum Sparen nutzt, startet bei 39.900 Euro - und bietet immerhin 170 PS.

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