BMW 325i Cabrio:Darf es etwas mehr sein?

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Es sieht schon gut aus - aber es kostet auch 65 000 Mark

(SZ vom 24.04.1993) Die Bayerischen Motoren Werke sind derzeit der einzige Automobilhersteller auf der Welt, der Geld verdient - alle der vielgelobten und uns so gerne als leuchtendes Vorbild hingesetzten Japaner schreiben tiefrote Zahlen, die Amerikaner taumeln von einer negativen Bilanz in die nächste, und wie es bei den Europäern aussieht, kann man an den Kurzarbeit- Mitteilungen ablesen.

Ein unerklärbares Wunder? Wohl eher eine Melange aus intelligenter Modellpolitik verbunden mit einem Quentchen Glück und der Schwäche der Konkurrenten - hätte da nicht ein Stuttgarter Unternehmen beschlossen, den Münchnern zu zeigen, wie man eine große Limousine baut, hätte der 7er wohl sicher einen Teil seiner Klientel eingebüßt; der 5er bietet mit seiner Vielzahl an Modellvarianten für jeden etwas, und der 3er vermittelt seinen Käufern jenes Maß an Eleganz und Agilität, das sie sanft über die gepflegten Preise hinwegtröstet.

Eines der Modelle, mit denen sich BMW diesen Ruf erwarb, war zweifellos das 3er Cabriolet, das entscheidend zur Cabrio- Renaissance beitrug. Nicht weniger als 145 000 Exemplare verließen seit 1986 die Fließbänder - eine in dieser Höhe nie erwartete Stückzahl, die nicht nur den Image-Tresor polsterte, sondern auch die Kriegskassen auffüllte.

Doch alles geht einmal zu Ende - und spätestens mit dem Erscheinen der neuen 3er-Reihe wurde klar, daß diese Modellpalette zur Überarbeitung anstand. Mit der Präsentation des zweitürigen Coupés war dann auch die Silhouette des Cabrios zu erahnen - und nun, nach einer ersten, kurzen Begegnung mit dem neuen Cabrio, muß man den Münchnern einmal mehr konstatieren, daß sie derzeit einfach ein glückliches Händchen haben: Das Cabrio sieht offen und geschlossen hinreißend aus. Und mit dem für 4500 Mark teuren (und nur 29 Kilogramm schweren) Hardtop macht man auch im Winter am Polarkreis eine gute Figur.

Zu dieser gelungenen Ästhetik tragen zwei Faktoren entscheidend bei: Erstens liegt die Seitenlinie niedriger als bei dem wichtigsten Konkurrenten aus Ingolstadt - damit haben die Insassen weniger das Gefühl, in einer Sitzkiste zu logieren - und zweitens wirkt das Heck mit seinem spoilerähnlichen, markanten Abschluß maskuliner als sein Pendant von Audi. Daß unter dem (gegenüber dem Coupé) leicht abgesenkten Heck vergleichsweise wenig Kofferraum zur Verfügung steht, ist die Schuld des voll versenkbaren Verdecks, das zudem noch nun über eine Dachhimmel-Verkleidung verfügt, die Komfort und Ästhetik bringt, dafür aber ihren Platz benötigt.

Unter der Motorhaube arbeitet zuerst einmal nur ein Triebwerk: der 2,5-Liter- Sechszylinder mit 141 kW (192 PS) Leistung, der dem mittlerweile 1450 Kilogramm wiegenden Cabriolet zu mehr als ausreichenden Fahrleistungen verhilft - nach 8,6 Sekunden ist die 100 km/h- Grenze erreicht, und die Höchstgeschwindigkeit pendelt sich bei 229 km/h ein. Daß derartige Fahrleistungen heute nicht mehr mit exorbitanten Verbrauchswerten erkauft werden müssen, zeigen die DIN- Werte: 6,8 Liter bleifreies Super bei Tempo 90, 8,3 Liter bei konstant 120 km/h und 12,1 Liter beim Stadtzyklus ergeben einen DIN-Drittelmix-Wert von ordentlichen 9,1 Litern.

Mit langer Aufpreisliste

Natürlich haben die BMW-Techniker auch an das Thema Sicherheit gedacht: Mit vielen zusätzlichen Versteifungsmaßnahmen (daher auch das höhere Gewicht) bietet das Cabrio praktisch die Sicherheit eines geschlossenen Coupés. Dazu sind Fahrer-Airbag, Gurtstraffer, Seitenaufprallschutz und eine Zentralverriegelung mit Unfall-Automatik (ein Sensor entriegelt bei einem Unfall die Seitentüren und unterbricht die Kraftstoffzufuhr) serienmäßig. Wer dennoch einen starren Sicherheitsbügel vermißt, kann zum Preis von 2200 Mark ein Überrollsystem ordern, das sich im Notfall hinter den Rücksitzen hochschiebt und die gesicherte Kopffreiheit vergrößert.

Zwangsläufig hat soviel Technik auch ihren Preis - dennoch erscheint die Summe von glatten 65 000 Mark gegenüber 60 050 Mark beim Vorgänger auf den ersten Blick relativ hoch, zumal ein gut ausgestattetes 325i-Cabrio (elektrisches Verdeck 1605 Mark, Beifahrer-Airbag unter 1000 Mark und erst von Herbst an lieferbar, Hardtop usw.) deutlich über die 70 000 Mark-Grenze kommen wird. Aber erstens ist bei den Cabrio-Fans noch immer mehr Geld als bei den anderen Autokäufern vorhanden, zweitens bietet dieser Wagen Eleganz und Leistung im Übermaß, drittens ist die Verdeckmechanik derart perfekt und leicht bedienbar, daß sie auch bei kleinsten Ausflügen zum offen fahren reizt und viertens wird es von 1994 an ja auch die billigeren 318i- und 320i-Cabrio-Varianten geben.

Von Jürgen Lewandowski

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