Blech der Woche (22): Neckar 1200 St. Trop:Das Coupé von Saint-Trop

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Was die italienische Karosserieschmiede OSI einkleidete, wurde schön und blieb selten - so wie das kleine Neckar Coupé, dass Oliver Franz vor dem Rosttod rettete.

In der Serie "Blech der Woche" stellt die Redaktion von sueddeutsche.de Old- und Youngtimer vor - frei nach den Motti: Alte Liebe rostet nicht, oder: Liebe geht durch den Wagen. Schließlich ist die Beziehung von Mensch und Maschine eine unendliche Geschichte voller Leidenschaften.

Neckar 1200 St. Trop Coupé: Es gab nur rund 80 Stück von diesem feschen Coupé. (Foto: Foto: Carsablanca)

"Den habe ich mir immer eingebildet", sagt Oliver Franz ( Osicar) mit Blick auf sein 1200 Coupé. Was der Franke meint, ist: "Den habe ich mir schon lange erträumt." Doch bei einem Traum sollte es nicht bleiben - der Nürnberger ging auf die Suche.

Fündig wurde er schließlich einige 100 Kilometer nördlich, in Essen, im Westen des Ruhrgebiets. Dort stand das hier gezeigte rote Coupé seit mehr als zehn Jahren in der hintersten Ecke einer Werkstatt, die zu einem ehemaligen NSU-Händler gehörte. Das auf der gekürzten Bodengruppe des Fiat 1100 D basierende Coupé war 1967 an eine Kundin ausgeliefert worden, die den Wagen immer in besagter Werkstatt hatte warten lassen. NSU, Fiat - da war doch mal was?

Viele Fiat-Modelle - wie der Fiat 600/770, aber auch das Basismodell des hier gezeigten roten Schönlings - wurden bis in die 70er Jahre bei NSU unter der Bezeichnung "Neckar" in Lizenz gefertigt und vertrieben. Auch dieses Coupé, obwohl von der Manufaktur "Officine Stampaggi Industriali" (OSI) in Turin gebaut, wurde unter der Bezeichnung "Neckar 1200 Saint Trop" angeboten und über das NSU/Fiat-Händlernetz verkauft.

Aus Erstbesitz hat der Essener Händler den roten Flitzer etliche Jahre später in Zahlung genommen. "Das war dann der erste Wagen, mit dem der Sohn des Händlers als Fahranfänger auf die Straße gelassen wurde", weiß Oliver Franz, und ihm ist klar, dass das dem seltenen Coupé einerseits nicht gut getan, ihm anderseits aber wohl die Existenz bewahrt hat. Denn wie viele junge Leute, so hing auch der Essener Juniorchef an seinem allerersten Auto. So sorgte er dafür, dass sein roter OSI immer wieder über den TÜV geschweißt wurde, bis das Coupé irgendwann Anfang der 90er Jahre definitiv zu klein und zu langsam für seine Bedürfnisse wurde.

"Aber das hieß noch lange nicht, dass er den Wagen abgeben wollte", erinnert sich Oliver Franz. "Mehr als zwei Jahre lang habe ich immer wieder nachgefragt - und dann kam der Handel endlich zustande!" Der Essener, ein engagierter Hobby-Rennfahrer, brauchte Geld für den Aufbau eines neuen Sportmotors und war deshalb schließlich doch bereit, sich von seinem Erstfahrzeug zu trennen.

So siedelte der extrem seltene Zweisitzer im Frühsommer 2006 nach Franken um, wo er sich in guter Gesellschaft wiederfand: Sein neuer Besitzer nennt schon einen Fiat OSI 1200 S Spider aus dem Jahr 1964 sein eigen, der - ebenso wie sein geschlossenes Pendant - von Michelotti entworfen worden war und den Franz seinerzeit aus zweiter Hand in Italien erworben und selbst importiert hatte.

"Diese Fahrzeuge sind üble Roster", gibt der OSI-Fan unumwunden zu. Vorsorge gegen die braune Pest war in den 60er Jahren eben völlig unbekannt, gerade im Sonnenland Italien. Demzufolge war auch das rote Coupé in den unteren 20 Zentimetern seines Blechkleides weitgehend morsch. "Weil diese Fahrzeuge zwar sehr selten, aber dennoch nicht wirklich wertvoll sind, lohnt sich eine Vollrestauration kaum."

Deshalb hat sich Oliver Franz um eine zeitwertgerechte Erhaltung bemüht. Er hat die strukturellen Rostschäden beseitigt und den roten Flitzer, der durch die lange Standzeit doch in Mitleidenschaft gezogen worden war, wieder verkehrssicher gemacht. Der TÜV honorierte die Bemühungen des Nürnbergers mit der Bescheinigung einer erfolgreich durchgeführten Vollabnahme. Seitdem fährt er sein Saint Trop Coupé mit Saisonkennzeichen im Sommer.

"Im Endeffekt ist das Coupé ein Spider mit aufgeschweißtem Dach", erläutert Oliver Franz. Er vermutet, dass die rund 80 gebauten Coupés aus nicht verkauften Spidern entstanden sind, um diese noch vermarkten zu können. Von den Cabrios sollen knapp 300 Stück gebaut worden sein.

Der OSI 1200 war das erste Fahrzeug aus der OSI-Manufaktur, der unter eigenem Markennamen auf den heimischen Markt gebracht wurde. 1960 von Luigi Segre und dem Büromaschinen-Erben Arrigo Olivetti gegründet, fertigte die Firma in erster Linie Kleinserien für oder auf der Basis von Fahrzeugen der Autohersteller Alfa Romeo, Fiat und Innocenti.

In Deutschland wurde der OSI 20 M TS auf der technischen Plattform des Ford Taunus P5 am bekanntesten. 1968 endete die Fahrzeugproduktion bei OSI. Geblieben ist, so sagt Oliver Franz, "eine Fußnote italienischer Automobilgeschichte", von der er immerhin einige Blech gewordene Ergebnisse bewahrt.

Neckar 1200 Saint Trop: Bauzeit 1966-1966; Zylinder: 4; Hubraum: 1221 ccm; Leistung: 54 PS; Höchstgeschwindigkeit 132 km/h; Verbrauch: 7 Liter/100km

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