Blech der Woche (43): Ford P7b Cabrio:Fahrzeug von Vattern

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Es dauerte lange Jahre, bis Marcus Schrammen mit seinem äußerst seltenen Ford 26 M, den die Firma Deutsch einst zum Cabrio umbaute, auf die Straße konnte.

In der Serie "Blech der Woche" stellt die Redaktion von sueddeutsche.de Old- und Youngtimer vor - frei nach den Motti: Alte Liebe rostet nicht, oder: Liebe geht durch den Wagen. Schließlich ist die Beziehung von Mensch und Maschine eine unendliche Geschichte voller Leidenschaften.

Es dauerte, bis es wieder auf die Straße konnte: dass äüßerst seltene Ford P7b Cabrio (Foto: Foto: Carsablanca)

Es gibt Fahrzeuge, die haben ihren Platz im Leben eines Menschen, weil einfach jede Menge Erinnerungen daran hängen. Oft verbringt dieser Mensch später dann auch viel Zeit mit der Suche nach einem Exemplar, das Auto von einst möglichst nahekommt. Diese Mühe konnte Marcus Schrammen ( cabriomarcus) sich sparen: Das Auto seiner Kindheit wartete 18 Jahre lang auf ihn. Mühe machte es dennoch...

"Den Wagen hat mein Vater irgendwann in den siebziger Jahren einem Kunden seiner Tankstelle abgekauft, einem Türken", erinnert sich Marcus Schrammen. Das von der Kölner Firma Deutsch auf Basis der zweitürigen P7b Limousine gebaute Cabrio war damals schon ein seltenes Exemplar, erst recht in der Topversion 26 M. Ein paar Jahre lief der offene Ford bei Schrammens im Alltag, dann meldete der Vater ihn ab. Danach stand der seltene Ford, erst unter einem Carport, später in einer Garage. Insgesamt 18 Jahre lang wartete der Sechszylinder darauf, wieder erweckt zu werden.

Mitte der neunziger Jahre war es dann so weit: Marcus Schrammen erwarb den offenen 26 M von seinem Vater zu einem familieninternen Vorzugspreis und machte sich an die Wiederbelebung. "Damals hatte ich noch nicht so viel Ahnung von der Materie und habe in meiner Ungeduld wohl ein paar Anfängerfehler gemacht", gibt der Mann aus dem Bergischen Land zu. So wurde der festsitzende Motor gegen ein Austauschaggregat ausgewechselt, die notwendigen Schweißarbeiten erledigt, und dann brachte Marcus Schrammen den Ford zum TÜV zwecks Vollabnahme. "Die hat er dann auch bestanden, und danach habe ich ihn gefahren", berichtet der Solinger. Allerdings war ihm nach einer Saison klar: "So war das nix auf Dauer. Da musste man gründlich dran gehen!" Unter anderem war die Aufnahme für den Stabilisator an der Beifahrerseite mittlerweile marode.

Also wurde der inzwischen knapp 30 Jahre alte Ford mit dem seltenen Deutsch-Umbau erneut abgemeldet - und fiel in einen weiteren Dornröschenschlaf. Der dauerte zum Glück nicht ganz so lange wie beim ersten Mal. Im Frühjahr 2003 begann Marcus Schrammen seinen zweiten Restaurationsversuch an dem offenen Zweitürer. Diesmal wollte er es vernünftig machen und zerlegte das Cabrio gründlich.

An Blecharbeiten fielen unter anderem die Sanierung des Frontblechs und der Austausch der maroden hinteren Radläufe an. "Mitten drin musste ich mit dem Projekt umziehen, weil der Hallenstellplatz gekündigt war", erinnert sich der Ford-Restaurator mit Grausen. "So stand ich dann da mit einer Karosse, die - mangels Achsen - nicht einmal rollfähig war. Mit Paletten und Hubwagen haben wir das Teil auf einen Trailer bugsiert und in eine andere Halle verfrachtet."

Für einen der größten Posten bei der Restauration, die Lackierung, hatte Marcus Schrammen zum Glück einen Fachmann bei der Hand: "Mein Schwager ist Autolackierer und hat diesen Part übernommen. Im Gegenzug habe ich mich bereit erklärt, ihm die Fassade seines Hauses neu zu machen."

Zeitmangel verzögerte die Fertigstellung des Cabrios allerdings immer wieder, nicht nur wegen des Gefallens auf Gegenseitigkeit. Das wiederum frustrierte den Eigentümer: "Der Ford wurde und wurde nicht fertig. Ich war zwischendurch schon so weit, das ganze Projekt aufzugeben und das Auto zu verkaufen. Doch da haben meine Frau und mein Bruder mir zugeredet, nicht aus Frust einen Fehler zu begehen, der sich hinterher nicht mehr würde korrigieren lassen. Heute bin ich froh, dass ich auf sie gehört habe."

Anfang des Jahres 2008 war abzusehen, dass auch der aktuelle Hallenstellplatz nicht mehr lange verfügbar sein würde. Aber erneut mit einer automobilen Baustelle umzuziehenwollte Marcus Schrammen einfach nicht. So machte er sich an den Zusammenbau, tatkräftig unterstützt von seinem drei Jahre älteren Bruder Michael. "Ihm gebührt auch mein besonderer Dank - ohne ihn wäre der Ford vermutlich immer noch nicht fertig", bekennt der Mann aus Solingen.

Dabei wusste der ältere der Schrammen-Brüder auch genau, was er dort tat: "Michael hat sein Handwerk als Kfz-Mechaniker auf Ford-Fahrzeugen gelernt." Ziel der Brüder war es, den 26 M wieder in den Auslieferungszustand zu versetzen. Das bedeutete unter anderem, dass der ursprünglich montierte Motor überholt wurde und dann wieder an seinen alten Platz zurückkehrte.

Ein paar Abweichungen vom Originalzustand im April 1969 gestattete sich der Mann aus der Messerstadt dann aber doch. So ist das Interieur nicht mehr braun, sondern schwarz. Das alte Radio mit der Chromblende sitzt zwar am alten Platz im Armaturenbrett, hat aber nur noch optische Funktion. Die echte Musik spielt in einer selbst gefertigten Mittelkonsole, die auch einige Zusatzinstrumente enthält und jederzeit demontierbar ist.

Nach drei Monaten intensiver Arbeit konnte Marcus Schrammen mit dem offenen Topmodell der damaligen deutschen Ford-Palette zwecks H-Abnahme den TÜV ansteuern. Seitdem ist er rund 2500 Kilometer gefahren. Auch in diesem Jahr hat er den weißen Zweitürer schon bewegt, offen natürlich. Ein Verkauf ist übrigens kein Thema mehr, wen wundert's ...

Ford 26 M P7b (Serienmodell): Bauzeit 1968-1971; Zylinder: 6; Hubraum: 2550 ccm; Leistung: 125 PS; Höchstgeschwindigkeit 180 km/h; Verbrauch: ca. 12 Liter/100 km

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