Alternative Treibstoffe:Wer Gas gibt, der spart

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Ständig steigende Benzinpreise, steuerliche Vorteile und das zunehmend dichtere Tankstellennetz lassen viele Autofahrer umsteigen.

Klaus Justen

Millionen Pendler stöhnen über die hohen Treibstoffpreise: Diesel kostet fast 1,10 Euro pro Liter, Superbenzin hat sich bei 1,20 Euro eingependelt.

Volkswagen mit Hybrid-Antrieb: Neben dem Gasstutzen hat auch der herkömmliche Benzinstutzen Platz. (Foto: Foto: AP)

Während eine verhältnismäßig kleine Gruppe der Diesel-Fahrer ohne Umbau derzeit noch die Chance hat, durch Biodiesel zu sparen, müssen sich Fahrer benzingetriebener Autos grundsätzlichere Gedanken machen - und vor einem Umstieg auf Gas tief in die Tasche greifen. Zwei verschiedene Systeme werden angeboten: Autogas, auch LPG genannt, und Erdgas, kurz CNG.

Heraus aus dem Schattendasein

Autogas gibt es schon sehr lange, führte aber in Deutschland immer ein Schattendasein; die wenigen Zapfsäulen mit der Aufschrift Autogas oder LPG wurden in erster Linie von Touristen aus Holland oder Polen angesteuert.

Das hat sich geändert - auch wenn Autogas mit einem Bestand von 15.000 Autos immer noch kein Massenphänomen ist. Aber der Trend ist ablesbar an der Entwicklung des Tankstellennetzes. Lag die Zahl vor einem Jahr noch unter 500, so finden sich inzwischen bundesweit rund 1000 Tankstellen (www.gas-tankstellen.de) in Ballungsgebieten und entlang der Autobahnen. Allein seit Mitte September hat der Deutsche Verband Flüssiggas (DVFG) weitere 100 Tankstellen neu in die Liste aufgenommen.

Autogas ist ein flüssiges Gemisch aus Propan und Butan und erzeugt, so DVFG-Vorsitzender Hanns Richard Hareiner, bei der Verbrennung 80 Prozent weniger Schadstoffe als Benzin. Zudem wird Flüssiggas mit rund acht Bar bei deutlich niedrigerem Druck gespeichert, stellt also weniger Anforderungen an die Festigkeit der Tanks, was neben anderem die Umrüstung von Benzin- auf Gasantrieb deutlich günstiger macht.

Liste der Umrüster im Internet

Rund 2200 bis 3200 Euro kostet der nachträgliche Einbau einer Autogasanlage. Wer seinen Benziner umrüsten lassen will, sollte sich Vergleichsangebote einholen. Die Liste der Umrüstbetriebe, die der DVFG unter www.autogastanken.de bereithält, umfasst 260 Anbieter.

Zunehmend setzen auch die Markenwerkstätten auf Gasumrüstung: "Bei weiter steigenden Benzinpreisen muss man kein Hellseher sein, um abschätzen zu können, welches Potenzial den Werkstätten offen steht", sagt Rüdiger Semper, Geschäftsführer der Akademie des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (TAK).

Deshalb hat die Akademie ihr Seminarangebot für Werkstattmitarbeiter erweitert - diese sind vorgeschrieben, um Gasanlagenprüfungen und Gassystemeinbauprüfungen vornehmen zu dürfen. Auch bei Chevrolet registriert man "eine sehr starke Nachfrage" der Händler nach Schulungen; die GM-Tochter bietet - neben Subaru und Lada - Autogas als Extra an, das beim Neuwagenkauf geordert werden kann.

Gas noch bis 2020 ohne Mineralölsteuer

Erwartet wird, dass sich die Zahl der Autogasfahrzeuge in den nächsten 15 Jahren bei etwa 1,5 Prozent des Gesamtbestandes einpendeln wird. Ein Manko hat Autogas allerdings derzeit gegenüber Erdgas: Denn im Jahr 2009 läuft die steuerliche Förderung aus, Erdgas dagegen ist noch bis 2020 von der Mineralölsteuer befreit. Allerdings setzt Verbandsvertreter Hareiner mit Nachdruck auf "eine Korrektur dieser Ungleichbehandlung".

Der Trägerkreis Erdgasfahrzeuge, in dem sich unter der Schirmherrschaft des Bundesumweltministeriums neben Autoherstellern und ADAC auch die Energieversorger finden, setzte bislang auf die Ausrüstung der Autos ab Werk und nicht auf nachträgliche Umrüstung.

Mit Fiat Punto und Multipla, Opel Zafira, Ford Focus C-Max, Mercedes E-Klasse, Volvo V70 oder VW Touran gibt es eine ganze Reihe von Autos, die mit Erdgasantrieb geordert werden können; der Aufpreis liegt zwischen 2000 und 4000 Euro. Erdgas wird unter dem immensen Druck von 200 Bar in die Tanks gefüllt, die bei einer werkseitigen Erstausrüstung am Fahrzeugboden installiert werden können.

Günstigere steuerliche Einstufung

Zudem kann das Abgasverhalten von Erdgasfahrzeugen bereits im Werk so optimiert werden, dass sie unter Umständen steuerlich günstiger eingestuft werden als nachgerüstete Fahrzeuge. Auch die Nachfrage nach nachträglich eingebauten Erdgasanlagen steigt; deshalb hat der Verband zusammen mit TÜV und Dekra ein Zertifizierungsverfahren für Werkstätten entwickelt.

Derzeit umfasst die Liste der bereits zertifizierten Betriebe knapp zwei Dutzend Werkstätten. Der Preis für Umrüstungen beträgt nach Erhebungen des ADAC zwischen 3900 und 4700 Euro. Allerdings unterstützen viele Erdgasversorger im Bundesgebiet den Umstieg mit Zuschüssen.

Die Liste des Trägerkreises Erdgasfahrzeuge umfasst rund 630 Tankstellen. "Ziel ist, dass 2007 mehr als 1000 Markentankstellen Erdgas anbieten. Damit wäre die Versorgung für etwa eine Million Fahrzeuge sichergestellt", so Gerhard Gabriel, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft.

© SZ vom 14.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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