Erdinger Herbstfest:Das Gegröle danach trübt die Stimmung

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Max Gotz hat bei der Schaustellerbesprechung viel Positives gesagt über die ersten Tage des 75. Herbstfests. Allerdings sehen der Oberbürgermeister und die Polizei mit Sorge, was in der Innenstadt im Anschluss passiert.

Von Sebastian Fischer, Erding

Max Gotz hat eine seinem Amt angemessene laute und klare Stimme, und der Erdinger Oberbürgermeister scheut sich nicht, sie zu erheben - was zur Folge hat, dass ihm die Menschen in Erding meistens zuhören. Doch als der CSU-Politiker am späten Montagabend mit dem Fahrrad vom Herbstfestplatz durch die Straßen der Altstadt nach Hause fuhr, da hörte ihm niemand zu. Er versuchte vergeblich, die Feiernden um Ruhe zu bitten, die in der Nacht vor den Kneipen und Bars der Innenstadt weiter feierten - und fühlte sich, "wie ein einsamer Rufer in der Wüste".

Gotz hat am Dienstag bei der Schaustellerbesprechung viel Positives gesagt über die ersten Tage des 75. Herbstfests. Er lobte seine "Mannschaft" im Rathaus für die Organisation und den Bauhof dafür, dass der Festplatz an jedem Morgen "immer wieder tipptop sauber ist". Erfreute sich an die Schausteller gewandt über die "vielen Facetten der Volksfestfamilie" und schenkte ihnen 50 der ausverkauften Herbstfestkrüge - 120 werden nachproduziert.

Erfreut nahm Gotz auch die Nachricht von Polizeichef Anton Altmann zur Kenntnis, dass an den ersten vier Tagen noch kein alkoholisierter Autofahrer erwischt worden ist. "Wir haben bislang eine gute Visitenkarte abgegeben", sagte der Oberbürgermeister, er war gut gelaunt. Doch dann erzählte er von seinem Heimweg, von "enthemmtem Gegröle" in der Langen Zeile und der Haager Straße, nicht nur in den Warteschlangen vor den Lokalen. Und seine Miene verfinsterte sich ein wenig: "Ich sehe das mit Sorge, was in der Innenstadt im Anschluss passiert: Da muss so mancher Herbstfestbesucher etwas runtergeholt werden. Die Altstadt ist sicher geeignet, um den Abend ausklingen zu lassen. Aber auf das, was hier einige veranstalten, werden wir sehr scharf drauf schauen."

Nun ist es nichts Neues, dass Volksfestbesucher nach Ausschankschluss in den Zelten durch die Straßen ziehen und weiterfeiern wollen, und Lärmbelästigungen in der Altstadt waren zuletzt immer wieder mal Thema im Erdinger Stadtrat. Doch in diesem warmen Sommer werde in der Innenstadt vor den zahlreichen Lokalen, die mit After-Wiesn-Partys werben, besonders häufig lautstark und rücksichtslos gefeiert, sagt Polizeichef Altmann. Im Rathaus häufen sich die Mails der Anwohner, die sich in ihrer Ruhe gestört fühlen - "zurecht", wie Gotz findet. Er kündigte an, die Situation von nun an stärker zu beobachten, "unaufgeregt, aber sehr bestimmt." Zwar sei es zu früh, um über konkrete Maßnahmen zu sprechen, er sei kein Freund einer "Hauruck-Entscheidung", aber: "Wir müssen den Schaden vom Herbstfest abhalten und werden im Stadtrat ein Paket schnüren."

Altmann nimmt die Pläne des Oberbürgermeisters wohlwollend zur Kenntnis, denn polizeilich gebe es keine Lösungsmöglichkeiten für das Problem. Es ginge darum, Feiernde wie Wirte für einen Konsens im gemeinsamen Interesse zu sensibilisieren. Wie eine politische Lösung aussehen könnte, kann sich Altmann noch nicht vorstellen. Der Ausschankschluss auf Freiflächen ist ja bereits auf 23 Uhr festgelegt. Doch die Anwohner fühlen sich weitaus tiefer in der Nacht gestört.

Auch die Schausteller sehen die Entwicklung in der Innenstadt mit Sorge, auch weil sie um ihr Geschäft fürchten. Auf Gotz Äußerungen meldete sich Wenzel Bradac zu Wort, der Vorsitzende des Bayerischen Landesverbands der Marktkaufleute und der Schausteller. Er erzählte die Geschichte einer Stadt in Baden-Württemberg, die er lieber nicht beim Namen nennen wollte. "Dort ist es so ausgeartet, dass ein zweiter Festplatz in der Stadt aufgemacht wurde, mit Bierausschank und Buden, die bis 2 Uhr nachts geöffnet haben", sagte er und wandte sich an den Oberbürgermeister: "Achten Sie darauf, dass Sie den Anfängen Einhalt gebieten. Das kann ganz schlimm enden." Gotz versicherte, dass es Parallelveranstaltungen zum Herbstfest nicht geben werde.

Ansonsten sind die Schausteller mit dem Verlauf des Herbstfests bislang sehr zufrieden. Anders als im Vorjahr stehen ihre Wohnwagen in diesem Jahr nicht mehr auf dem Festgelände, sondern auf dem benachbarten Parkplatz, das sei eine wahrnehmbare Entzerrung und deutlich angenehmer, sagte Bradac. Als Zeichen der Dankbarkeit schenkte Dieter Rilke, Sprecher der Schausteller, Polizei und Sicherheitsdienst ein Paket mit Freikarten und dem Oberbürgermeister ein Lebkuchenherz mit Widmung. "Wenn die Stadt hinter ihrem Fest steht, dann funktioniert auch alles", sagte Rilke. Ein Karussellpferd, das er dem Erding Museum für die Herbstfestausstellung geliehen hat, will er dem Rathaus deshalb auch noch schenken. Es bekomme einen Ehrenplatz, versicherte Gotz.

© SZ vom 02.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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