Süddeutsche Zeitung

Politik Kompakt:London bot Libyen Geld

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Die britische Regierung wollte Libyen von Waffenlieferungen an die IRA abhalten, die Bundeskanzlerin spricht vor dem US-Kongress und der US-Sicherheitsberater Jones zweifelt am IAEA-Bericht.

London bot Libyen Geld an

Die britische Regierung hat Libyen in den 1970er Jahren 14 Millionen Pfund angeboten, damit das Land Waffenlieferungen an die irische Untergrundorganisation IRA einstellt. Das berichtete die Tageszeitung Independent unter Berufung auf vom britischen Nationalarchiv veröffentlichte Dokumente des damaligen Premierministers Harold Wilson.

Der Geldbetrag sei Teil eines Angebots an den libyschen Staatschef Muammar el Gaddafi gewesen, von dem sich Großbritannien auch bessere Handelsbeziehungen mit dem erdölreichen Staat erhofft habe. Ende der Siebziger sei aber klar geworden, dass die Verhandlungen scheiterten. Gaddafi hat zugegeben, die IRA mit Waffen unterstützt zu haben, ein großer Teil der Waffen der IRA kamen aus Libyen.

Bundeskanzlerin spricht vor US-Kongress

Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am 3. November in die USA, wo sie als erste deutsche Regierungschefin seit mehr als 50 Jahren vor dem Kongress sprechen wird. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg bezeichnete es als "seltene Ehre für ausländische Staatsgäste", vor beiden Häusern, also vor Senat und Repräsentantenhaus, reden zu dürfen. Bei dem Besuch werde es auch zu einem Treffen zwischen Merkel und US-Präsident Barack Obama kommen.

In ihrer Rede vor dem Kongress werde die Kanzlerin an den Mauerfall vor 20 Jahren erinnern, aber auch einen Ausblick auf die künftige transatlantische Zusammenarbeit geben, sagte Steg. Der Auftritt gehe auf eine Einladung von Nancy Pelosi zurück. Merkel hatte die Präsidentin des US-Repräsentantenhauses Anfang Juni bei ihrem Besuch in Washington getroffen. Unter den deutschen Kanzlern hat bislang nur Konrad Adenauer - im Mai 1957 - vor beiden Häusern des US-Kongresses gesprochen.

US-Sicherheitsberater Jones zweifelt an IAEA-Bericht

Der Sicherheitsberater der US-Regierung, Jim Jones, hat einen Bericht von Experten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) heruntergespielt, nach dem Iran in der Lage sei, eine Atombombe zu bauen. Dem Fernsehsender CNN sagte Jones, er halte an bereits existierenden Analysen fest, nach denen Iran sein Programm zum Bau der Atombombe im Jahr 2003 gestoppt habe. In dem am Wochenende in der "New York Times" bekanntgewordenen Bericht heißt es, Teheran habe genügend Informationen für die Entwicklung und den Bau einer funktionierenden Atombombe.

Der Expertenbericht betone aber, dass die Schlussfolgerungen provisorisch seien und weiterer Bestätigung durch Beweise bedürften. "Ich denke, es gibt in beide Richtungen viele Spekulationen", sagte Jones. Er setze auf einen Durchbruch bei den Verhandlungen mit Teheran. "Was sich in den vergangenen Wochen im Zusammenhang mit Iran getan hat, ist sehr bedeutsam." Am 25. Oktober sollen IAEA-Inspekteure die neue Urananreicherungsanlage nahe der Stadt Ghom kontrollieren.

Raketen auf Bundeswehrsoldaten in Afghanistan

Im Norden Afghanistans sind erneut Soldaten der Bundeswehr angegriffen worden. Wie das Bundesverteidigungsministerium mitteilte, wurden die deutschen Sicherheitskräfte etwa acht Kilometer westlich des Lagers des Regionalen Wiederaufbauteams in Kundus mit Handfeuerwaffen, Raketen und Panzerabwehrwaffen beschossen. Die Bundeswehr habe das Feuer erwidert und Unterstützung aus der Luft angefordert. Nach bisherigen Erkenntnissen sei kein deutscher Soldat verletzt worden.

HRW fordert Freilassung von politischen Häftlingen in Guinea

Nach der blutigen Niederschlagung einer Oppositionsveranstaltung in Guinea hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) die Freilassung politischer Häftlinge gefordert. Seit dem gewaltsamen Vorgehen der Armee in der Hauptstadt Conakry seien Dutzende Menschen ohne jede rechtliche Grundlage inhaftiert, erklärte HRW am Sonntag. Sie müssten entweder unverzüglich freigelassen oder aber rechtsstaatlichen Prinzipien entsprechend einem Haftrichter vorgeführt und formell angeklagt werden. Unter den Festgenommenen seien auch viele Mitglieder von Oppositionsparteien des westafrikanischen Staates.

Die Armee war in Guinea am 28. September äußerst brutal gegen eine Kundgebung der Opposition in einem Stadion vorgegangen. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden dabei mindestens 157 Menschen getötet und mehr als 1250 verletzt. Die Demonstranten protestierten gegen die Pläne von Junta-Chef Moussa Dadis Camara, bei der für Januar geplanten Präsidentenwahl anzutreten.

Sieben Tote bei Anschlägen im Irak

Bei mehreren Anschlägen im Irak sind mindestens sechs Menschen getötet worden. In Haditha im Westen des Landes riss ein Selbstmordattentäter fünf Teilnehmer an einer Beerdigung mit in den Tod, wie der Bürgermeister der Stadt mitteilte. Mindestens zehn weitere Menschen wurden verletzt. Bei Falludscha tötete ein selbstgebauter Sprengsatz einen Menschen beim Vorbeifahren einer Armeepatrouille. Fünf weitere Menschen wurden nach Behördenangaben verletzt, darunter zwei Soldaten. In Bagdad wurden vier Menschen verletzt, als ein selbstgebauter Sprengsatz im Stadtzentrum explodierte.

Die Polizei im nordirakischen Kirkuk hat unterdessen die Leiche eines bekannten christlichen Geschäftsmannes gefunden, der drei Tage zuvor entführt worden war. Christen gehören besonders häufig zu den Opfern von bewaffneten Entführerbanden und islamistischen Terrorgruppen.

Ägypten bringt Hamas und Fatah an einen Tisch

Die rivalisierenden Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah wollen sich nach ägyptischen Angaben nach jahrelangem Streit versöhnen. Ein entsprechendes Abkommen solle am 26. Oktober in Kairo unterzeichnet werden, sagte der ägpytische Außenminister Ahmed Abul Gheit bei einem Besuch in der jordanischen Hauptstadt Amman. Zuvor hatte er Palästinenserpräsident Mahmud Abbas getroffen. Von palästinensischer Seite wurden die Angaben zunächst nicht bestätigt. Ägypten vermittelt seit längerem als Unterhändler zwischen der radikalislamischen Hamas und der gemäßigten Fatah von Abbas. Die Unterzeichnung eines Versöhnungsabkommens musste wegen anhaltender Differenzen der Konfliktparteien bereits zwei Mal verschoben werden.

Somalische Piraten geben türkischen Frachter frei

Somalische Piraten haben einen vor fast drei Monaten im Golf von Aden verschleppten türkischen Frachter am Montag freigegeben. Nach einer Einigung mit den Seeräubern habe die Horizon-1 mit 23 Besatzungsmitgliedern Kurs Richtung Türkei genommen, berichtete der Sender CNN-Türk. Das Schiff war im Juni mit einer Ladung Sulfat unterwegs von Saudi-Arabien nach Jordanien, als es geentert wurde. Die Piraten verlangen von den Reedereien hohe Lösegelder. Erst am Freitag war der spanische Thunfisch-Trawler Alakrana von Piraten gekapert worden.

Südkorea durchsucht nordkoreanische Frachter

Südkorea hat nach Medienberichten auf der Grundlage bestehender UN-Sanktionen gegen Nordkorea vier Frachtcontainer des Nachbarlandes beschlagnahmt und durchsucht. Der Geheimdienst und andere Behörden hätten die Durchsuchung der Transportbehälter auf einem in der südkoreanischen Hafenstadt Pusan liegenden Frachter bereits am 22. September angeordnet, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf Hafen- und Regierungsbeamte. Die Durchsuchung habe jedoch keine Hinweise auf verdächtige Ladung geliefert, wurde ein Hafenbeamter zitiert.

Die USA, China, Südkorea und andere Länder versuchen derzeit, Nordkorea zur Rückkehr zu Gesprächen über ein Ende seines Atomwaffenprogramms zu bewegen. Nordkoreas Ministerpräsident Kim Jong Il hatte nach Berichten nordkoreanischer und chinesischer Medien am Sonntag bei einem Treffen mit seinem chinesischen Kollegen Wen Jiabao in Pjöngjang nochmals die grundsätzliche Bereitschaft seiner Regierung zu "bilateralen und multilateralen" Gesprächen im Atomstreit bekräftigt. Nach Informationen der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap könnte Kim während des Besuchs des chinesischen Gasts seine Bereitschaft zu einem Atomwaffenverzicht bekunden.

Juncker gegen Blair als EU-Ratspräsident

Nach der Zustimmung der irischen Bevölkerung zum EU-Vertrag von Lissabon gewinnt die Debatte um künftige EU-Spitzenposten an Intensität. Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker forderte in der "FinancialTimes Deutschland" (FTD), der erste EU-Ratspräsident müsse eine europapolitische Biografie aufweisen. Er müsse große Ohren haben, damit er alle Signale aus den Hauptstädten hören und in Kompromisspakete einpacken könne.

Die Anforderungen sind laut FTD eine indirekte Absage an den ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair, der als aussichtsreichster Kandidat für den Posten gilt. Juncker habe zwar betont, er werde sich erst nach einer Debatte unter den 27 Staats- und Regierungschefs über Blair und andere Kandidaten äußern. Dennoch sei klar, dass der charismatische Labour-Politiker dem Profil des christdemokratischen Luxemburgers nicht entspreche, heißt es in der FTD. Viel

Zelaya glaubt nicht an freie Wahlen

Der gestürzte honduranische Präsident Manuel Zelaya sieht die Voraussetzungen für eine faire und freie Wahl in seiner Heimat am 29. November derzeit nicht für gegeben. "Ich bin Demokrat und glaube an Wahlen. Aber unter den momentanen Bedingungen der Repression würden wir sie nicht anerkennen und als Betrug betrachten", wird er in der "Frankfurter Rundschau" zitiert. Denn es herrsche in Honduras ein Regime der Unterdrückung, in dem Grundrechte außer Kraft gesetzt und oppositionelle Medien abgeschaltet seien. "Wenn ich wieder in mein Amt eingesetzt bin, würden wir aber am Wahltermin festhalten", sagte er.

Zelaya sagte, er strebe seine Wiedereinsetzung nicht aus eigenem Interesse an: Es gehe "nicht um das Amt, sondern um die Verurteilung des Putsches, damit sich so etwas nicht wiederholt." Nur das Volk könne in einem Referendum entscheiden, ob es die Constituyente wolle oder nicht. Der linksgerichtete Zelaya war am 28. Juni vom Militär mit Waffengewalt ins Exil nach Costa Rica gezwungen worden. Am 21. September kehrte er in die Hauptstadt Tegucigalpa zurück und hält sich seitdem in der brasilianischen Botschaft auf.

König von Saudi-Arabien im Zwist mit Klerus

König Abdullah von Saudi-Arabien legt sich erstmals seit seinem Amtsantritt vor vier Jahren ernsthaft mit dem islamischen Klerus an. Der 1924 geborene Monarch, der in dem islamischen Königreich trotz seines hohen Alters als relativ fortschrittlich gilt, entließ am Sonntagabend Scheich Saad bin Nasser al-Schethri aus dem Rat für große Islamgelehrte.

Der einflussreiche Scheich hatte in der vergangenen Woche in einem TV-Interview erklärt, es sei inakzeptabel, dass Männer und Frauen an der im September eröffneten König-Abdullah-Universität für Wissenschaft und Technologie (KAUST) gemeinsam unterrichtet würden. Die Gründung der Universität geht auf eine Initiative des Herrschers zurück, weshalb die Kritik letztlich auch König Abdullah traf, der indem Ruf steht, ein frommer Mann zu sein.

China befürchtet Industrieländer-Sabotage für Klimaabkommen

China wirft den Industrieländern vor, ein neues Klimaabkommen zu sabotieren. Die reichen Länder versuchten immer wieder, sich ihrer Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgase zu entziehen, sagte der Sprecher der chinesischen Delegation, Yu Qingtai, bei den Klimaverhandlungen in Bangkok. Das sei kein gutes Omen für den neuen Weltklimavertrag, der im Dezember in Kopenhagen verabschiedet werden soll. "Hier handelt es sich um eine konzertierte Aktion", meinte der Diplomat. "Ich habe bislang noch kein einziges Industrieland oder eine Gruppe von Industrieländern gesehen, die deutlich gesagt haben, dass sie nicht hier sind, um das Kyoto-Protokoll zu killen", sagte Yu.

In dem bis 2012 reichenden Kyoto-Protokoll haben sich die Industrieländer verpflichtet, ihre Emissionen zu reduzieren. Die Ziele sind noch nicht erreicht. Versprechungen aus dem Kyoto-Protokoll zur Finanzierung von klimaschützenden Maßnahmen in armen Ländern sind ebenfalls noch unerfüllt. Für die Entwicklungsländer käme ein vorzeitiges Ende des Protokolls einem Vertragsbruch aufseiten der Industrieländer gleich.

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