Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft kompakt:Pharmabranche statt Finanzwelt

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Carsten Maschmeyer, früher Chef des Finanzdienstleisters AWD, gründet eine neue Firma. Außerdem: Google greift in den E-Commerce mit Büchern ein. ACS veröffentlicht sein Angebot für die Hochtief-Übernahme. Das Wichtigste in Kürze.

Der Manager Carsten Maschmeyer hat gemeinsam mit dem Münchner Neurowissenschaftler Florian Holsboer ein Pharma-Unternehmen gegründet. Ziel des Unternehmens sei die weitere Erforschung von Gehirnerkrankungen und Entwicklung von Medikamenten im Kampf gegen Depressionen, sagte der Geschäftsführer der neuen Firma, Karsten Mitzinnek. Sitz des Unternehmens ist München.

Maschmeyer hatte selbst eine Zeitlang Medizin studiert, das Studium aber abgebrochen. Später gründete er den Finanzdienstleister AWD, den er im vorigen Jahr an den Schweizer Versicherungskonzern Swiss Life verkauft hatte.

Zuletzt hatte Maschmeyer vor allem durch sein Privatleben Schlagzeilen gemacht. Der 51-Jährige ist seit einiger Zeit mit der Schauspielerin Veronica Ferres liiert.

Der spanische Baukonzern ACS hat sein Übernahmeangebot für den deutschen Konkurrenten Hochtief veröffentlicht. Am Montagabend hatte die deutsche Börsenaufsicht Bafin die Offerte genehmigt.

Die Annahmefrist für das Angebot startet am 1. Dezember und endet am 29. Dezember um Mitternacht. Für fünf Hochtief-Aktien bietet ACS den Aktionären acht eigene Aktien im Tausch. Aktionärsschützer hatten die Offerte bereits im Vorfeld als wenig attraktiv eingestuft.

ACS hält an Hochtief derzeit einen Anteil von knapp 30 Prozent. Das Unternehmen hatte angekündigt, eine Mehrheit an dem Essener Konzern übernehmen zu wollen. Die Hochtief-Verantwortlich sehen den ACS-Versuch als feindliche Übernahme und kämpfen mit allen Mitteln dagegen an - bislang aber erfolglos.

Nach mehrmaliger Verzögerung will Google nun offenbar seinen neuen Internet-Buchladen endgültig bis zum Jahresende starten. Der Dienst Google Editions solle bis Jahresende in den USA, im ersten Quartal 2011 auch in anderen Ländern verfügbar sein, berichtete das Wall Street Journal in seiner Online-Ausgabe. Zuletzt seien zahlreiche technische und rechtliche Hindernisse überwunden worden.

Ursprünglich hatte der Dienst schon im Sommer starten sollen. Google-Bücher sollen dann auf Computern, Internethandys, Tablet-Computern oder E-Book-Readern gelesen werden können. Google würde mit dem neuen Angebot in Konkurrenz zu Amazon treten, das bislang online Bücher für sein Kindle-Lesegerät anbietet.

Dem Bericht zufolge verfolgt Google aber einen anderen Ansatz als Amazon. Denn bei Google Editions sollen die Nutzer E-Books einfach in ihrem Browser erwerben. Einen eigenständigen Online-Shop wie bei Amazon oder Apple soll es hingegen nicht geben.

Die gekauften Bücher sollen Nutzern dann in einem digitalen Bücherregal zur Verfügung stehen. Geplant ist, dass die Nutzer von den meisten Geräten mit einem Internetanschluss Zugriff bekommen sollen, eine besondere Software oder einen E-Book-Reader benötigen die Leser nicht. Die Titel können an Computern, Tablets oder Smartphones im Browser aufgerufen werden.

Darüber hinaus sollen die Bücher aber auch auf unterstützen Partner-Apparaturen gelesen werden können. Welche Geräte unterstützt werden, will Google allerdings erst zum Start von Google Editions bekannt geben. Auch hierin würde sich Google Editions von Amazon unterscheiden, denn Amazon bietet auf seinem Lesegerät Kindle für E-Books ausschließlich Bücher aus dem eigenen Shop an.

Die Bücher finden Nutzer bei dem bereits eingeführten Dienst Google Books. Hier sehen sie wie bisher auch eine Vorschau und können dann gegebenenfalls die Google Edition des Buches erwerben. Die Rechteinhaber der Bücher bei Google Books entscheiden, ob sie eine Vollversion verkaufen möchten. Google will nach bisherigen Planungen nur Bücher anbieten, die auch in gedruckter Form zu kaufen sind.

Eine Verknüpfung mit dem Dienst Google Book Search war bisher nicht geplant. Über diesen lassen sich Millionen Bücher durchsuchen und kostenlos ansehen, die Google vor allem aus Bibliotheken eingescannt hat.

Die Debatte war lang, die Furcht davor, "das zehnte Rad in Piëchs Spielzeugauto-Paradies" zu werden groß - doch mit der Entscheidung am Ende rückte die Fusion von Porsche und Volkswagen einen Schritt näher.

Auf der Hauptversammlung der Porsche-Dachgesellschaft machten die Aktionäre den Weg zu einer Kapitalerhöhung frei. Die Anteilseigner stimmten mit überwältigender Mehrheit für die Ausgabe neuer Aktien. Bei den Stammaktionären betrug die Zustimmung 100 Prozent, bei den Vorzugsaktionären mehr als 88 Prozent. Erforderlich wären jeweils 75 Prozent Zustimmung gewesen. Jetzt kann der Porsche-Vorstand bis Mitte nächsten Jahres neue Aktien ausgeben, um bis zu fünf Milliarden Euro einzunehmen.

Mit dem Geld will Porsche Schulden aus dem gescheiterten Übernahmeversuch von Volkswagen zurückzahlen. Danach soll nach dem gültigen Zeitplan die Fusion mit Volkswagen bis Ende 2011 folgen. Der Ausgabepreis für die neuen Aktien steht noch nicht fest.

Vorher hatte es eine mehr als zehnstündige Debatte über die Kapitalpläne gegeben. Viele Kleinaktionäre kritisierten die geplante Kapitalerhöhung, während machtvolle Aktionärsgruppen Zustimmung signalisierten. Porsche-Holding-Vorstandschef Martin Winterkorn hatte zuvor um die Zustimmung der Anteilseigner geworben. "Damit können wir gemeinsam die Grundlage für eine viel versprechende Zukunft legen", sagte er.

Allerdings bereitete Porsche die Anleger auf eine mögliche Verzögerung bei der Umsetzung der Geldsammelaktion vor. Bisher hatte Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch erklärt, die Ausgabe der neuen Aktien solle bis spätestens Ende Mai durchgezogen werden. Jetzt sagte er, die Frist könne sich bis Ende August 2011 verlängern.

Pötsch und Winterkorn machten vor den Aktionären außerdem mehrfach klar, dass der geplante Zusammenschluss von Porsche und Volkswagen kein Selbstgänger sei. Klagen in den USA und juristische Probleme in Deutschland könnten die bis Ende 2011 geplante Verschmelzung möglicherweise verzögern, sagte Winterkorn.

Die Porsche SE soll nach der Kapitalerhöhung mit dem VW-Konzern verschmolzen werden. Die Stammaktien gehören zu 90 Prozent den Familien Porsche und Piech, sowie zu zehn Prozent dem Scheichtum Katar, hier war die Zustimmung sicher.

Die Vorzugsaktien dagegen sind breit gestreut. Auch die Familien halten Vorzüge. Porsche-Finanzchef Pötsch hatte bei den Profi-Investoren um Zustimmung für die Kapitalmaßnahme geworben. Tatsächlich ist das Interesse an Porsche-Vorzugsaktien zurzeit groß. Der Kurs stieg im November um mehr als 50 Prozent, liegt aber immer noch 100 Euro unter dem Kurs des Jahres 2007.

Risiken für die Kapitalerhöhung und vor allem die Fusion sind Gerichtsverfahren. So klagen in den USA mehrere Hedge-Fonds. In Deutschland ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen möglicher Gesetzesverstöße beim Übernahmekampf Porsche-VW.

Pötsch zeigte auf der Hauptversammlung einen Ausweg auf, falls es bei der Fusion klemmt: Demnach könnte VW den restlichen Anteil am Sportwagengeschäft von Porsche kaufen. Volkswagen hält seit Dezember 2009 bereits 49,9 Prozent im Wert von 3,9 Milliarden Euro am operativen Porsche-Geschäft. Der Rest gehört der Porsche Holding SE, die wiederum auch 51 Prozent der VW-Aktien hält. Die hohen Schulden der Porsche Dachgesellschaft könnten dann mit den Milliarden aus dem Kaufpreis des operativen Geschäfts und den Einnahmen aus der Kapitalerhöhung abbezahlt werden. VW hat eine Kaufoption für den restlichen Anteil.

Der russische Oligarch Oleg Deripaska ist wieder am Baukonzern Strabag beteiligt. Der Milliardär zog vereinbarungsgemäß die Kaufoption auf 17 Prozent an dem österreichischen Konzern. Der 42-Jährige habe dafür 373 Millionen Euro an die übrigen Kernaktionäre gezahlt, teilte das Unternehmen mit.

Der russische Investor hatte sich im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise von seinem Anteil von einem Viertel getrennt. Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner und die Raiffeisen-Gruppe hatten die Titel übernommen, Deripasaka war aber eine Rückkaufoption eingeräumt worden. Für die restlichen acht Prozent gilt diese Option nun bis 15. Juli 2014.

Teil der Vereinbarung ist auch, dass sich die Strabag am Bauunternehmen Transtroy zu 26 Prozent beteiligt. Der Baukonzern leistete dafür eine Anzahlung von 70 Millionen Euro. Der endgültige Kaufpreis solle nach einer Buchprüfung des Bauunternehmens festgelegt werden.

Das Tempo des Aufschwungs lässt zwar nach, doch mit dem deutschen Maschinen- und Anlagenbau geht es weiterhin aufwärts. Wie der Branchenverband VDMA mitteilte, erhielten die Unternehmen im Oktober erneut mehr Aufträge. Insgesamt habe sich das Bestellplus auf real 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr belaufen.

Dabei seien aus dem Inland ein Viertel mehr Aufträge eingegangen, während der Zuwachs aus dem Ausland bei 35 Prozent gelegen habe.

In dem von kurzfristigen Schwankungen weniger beeinflussten Dreimonatsvergleich August bis Oktober 2010 ergibt sich den Angaben zufolge insgesamt ein Plus von 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Während die Inlandsaufträge um 29 Prozent zulegten, kamen aus dem Ausland 37 Prozent mehr Bestellungen.

Die ruhigere Gangart in der Branche nach dem stürmischen Wachstum des ersten Halbjahres hat nach Ansicht von VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers auch eine gute Seite. Sie gebe den Unternehmen nach dem kräftigen Schub Gelegenheit, ihre Produktion dem neuen Niveau reibungslos anzupassen.

Der Flugzeughersteller Airbus will mit einer Milliarden-Investition in treibstoffsparende Triebwerke für seinen Verkaufsschlager A320 die Konkurrenz auf Abstand halten.

Fluggesellschaften könnten mit den neuen Motoren 15 Prozent ihrer Treibstoffkosten sparen, teilte Airbus mit. Mit der Auslieferung der neuen A320Neo-Familie werde im Frühjahr 2016 begonnen.

Die Airbus-Mutter EADS sieht ein Marktpotential von 4000 Flugzeugen der A320Neo-Familie in den nächsten 15 Jahren. Die EADS-Aktie stieg in Paris nach der Ankündigung zum Handelsauftakt um zwei Prozent und lag im Handelsverlauf noch rund 0,5 Prozent im Plus.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat Vorwürfe des Essener Baukonzerns Hochtief zurückgewiesen, wonach die Bundesregierung das Unternehmen mit Blick auf die drohende Übernahme des spanischen Anteilseigners ACS im Stich lasse. "In der sozialen Marktwirtschaft ist es grundsätzlich nicht die Rolle des Staates, die Eigentümerstruktur einzelner Unternehmen zu beeinflussen", sagte Brüderle der Rheinischen Post.

Firmenübernahmen seien normale wirtschaftliche Vorgänge. "Als offene und international extrem vernetzte Volkswirtschaft wollen wir möglichst keine Schutzzäune - weder bei anderen noch bei uns", sagte der FDP-Politiker.

Auch FDP-Finanzexperte Volker Wissing kritisierte die Forderungen der Konzernleitung. Es sei allgemein nicht Aufgabe des Staates, Übernahmen zu verhindern, sagte der Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag am Mittwoch im ZDF.

Das deutsche Übernahmegesetz sei darüber hinaus nicht schlechter als in anderen Ländern, eine Änderung daher absolut nicht notwendig.

Zugleich warf der FDP-Politiker dem Baukonzern Versagen vor. Der schwache Aktienkurs des im MDax notierten Unternehmens spiegele nicht dessen Wert wider. Das sei ein großes Problem, da der beste Schutz gegen feindliche Übernahmen immer noch in einem hohen Aktienkurs bestehe.

Toyota hat die Abwicklungsgesellschaft von General Motors (GM), Motors Liquidation, auf 73 Millionen Dollar (rund 56 Millionen Euro) Schadenersatz verklagt. Anfang der achtziger Jahre ging der japanische Autohersteller ein Joint Venture mit GM ein. Nach dessen Rückzug aus dem gemeinsamen Projekt im kalifornischen Werk New United Motor Manufacturing (NUMMI) sei Toyota auf Forschungs- und Entwicklungskosten sitzen geblieben, sagte ein Unternehmenssprecher. NUMMI hat in einer getrennten Klage 360 Millionen Dollar von der "alten" GM für Investitionen in das Werk gefordert, die mit Hinblick auf das Joint Venture getätigt worden waren.

Der einst weltgrößte Autohersteller war 2009 während der weltweiten Absatzkrise in die Insolvenz gegangen. Die Regierung in Washington hatte das Unternehmen damals mit 50 Milliarden Dollar unterstützt. GM hatte dann in der Insolvenz schwere Lasten abgeworfen: 14 der 47 Werke wurden geschlossen, vier Automarken wurden verkauft oder gestrichen, mehr als 100.000 Jobs wurden abgebaut. Wegen der Entlastung auf der Kostenseite arbeitet GM nun wieder profitabel und kehrte Mitte November erfolgreich an die New Yorker Börse zurück.

Der Energiekonzern Eon hat seine restliche Beteiligung an dem russischen Gasriesen Gazprom für 3,4 Milliarden Euro verkauft. Einen Anteil von 2,7 Prozent übernehme die staatliche russische Investitionsbank VEB, teilte der Versorger mit. 0,8 Prozent seien bereits über den Markt veräußert worden. Der Buchgewinn betrage rund 2,5 Milliarden Euro.

Auf Eon lasten nach einer jahrelangen Einkaufstour Schulden in Höhe von 45 Milliarden Euro. Der Konzern hat bereits Beteiligungen im Wert von über zehn Milliarden Euro abgestoßen.

Die Drogeriekette Rossmann ruft vorsorglich eine kleine Weihnachts-Holzpyramide zurück. Das Modell "Chorsänger" der Marke "Weihnachtswelt" könne unter "unglücklichen Umständen" stehenbleiben und in Brand geraten, teilte das Unternehmen in Burgwedel mit.

Der Verkauf der Holzpyramide wurde bereits gestoppt. Rossmann rät Kunden, die die Pyramide erworben haben, diese nicht mehr zu nutzen. Das Produkt könne in allen Verkaufsstellen gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgegeben werden.

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