Süddeutsche Zeitung

Bundesregierung:Habecks Kritik verärgert die Koalitionspartner

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Die FDP wehrt sich gegen Blockade-Vorwürfe des Ministers. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende wünscht sich Klarheit von Scholz.

Von Markus Balser, Daniel Brössler, Claus Hulverscheidt und Paul-Anton Krüger, Berlin

Mit drastischer Kritik am Zustand der Ampelkoalition hat Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) die Bundesregierung in Unruhe versetzt. Regierungssprecher Steffen Hebestreit räumte am Mittwoch ein, "dass es einige Streitfragen gibt in der Koalition, die gerade miteinander geklärt werden". Dies beanspruche Zeit.

Habeck war bei der Klausur seiner Fraktion in Weimar und einem Interview in den ARD-"Tagesthemen" mit der Zusammenarbeit in der Koalition hart ins Gericht gegangen. "Wir haben einen Auftrag, für die Menschen, für Deutschland was zu leisten, und im Moment kommen wir dem nicht ausreichend genug nach", sagt er. SPD und FDP warf er mangelnden Ehrgeiz beim Erreichen der Klimaziele vor. Durchstechereien erschwerten die Arbeit der Regierung, klagte Habeck.

Der Minister selbst war zuletzt wegen durchgesickerter Pläne für das Aus neuer Öl- und Gasheizungen von nächstem Jahr an unter Druck geraten. Gestritten wird in der Koalition auch über die Planungsbeschleunigung, den Autobahnausbau und den Haushalt für 2024. Zudem stocken viele Gesetzesvorhaben. Er hoffe, "dass wir jetzt in dieser Woche viele Knoten lösen und viele Blockaden überwinden können. Und dann wieder eine gute Leistungsbilanz bekommen. Aber im Moment ist das sicherlich nicht der Fall", sagte Habeck.

An diesem Sonntag tagt in Berlin der Koalitionsausschuss. Die Grünen-Fraktionsspitze sprach zwar vom "Team Ampel", legte aber auch mit neuer Kritik nach. "Das gesamte Thema Verkehr und Klimaschutz ist in dieser Koalition ungelöst", warnte Fraktionschefin Katharina Dröge. Es sei Aufgabe des Kanzleramts, Entscheidungen vorzubereiten. Auch im Streit um das Verbrenner-Aus müsse Kanzler Olaf Scholz (SPD) in Brüssel Klarheit schaffen. "Mehr Tempo in den Entscheidungen, weniger Blockade, das wäre gut", sagte Dröge.

Die SPD-Spitze forderte ein Ende der Debatten. "Der öffentliche Streit in der Koalition muss aufhören", sagte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil der Rheinischen Post. Habeck stehe unter Druck, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Er glaube, damit solle man aber "nicht so umgehen, dass man jetzt einfach in alle Richtungen koffert", sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio.

Die FDP wies die Kritik der Grünen zurück. Es gebe keinen Konflikt in der Koalition darüber, dass man mehr Klimaschutz wolle, sagte der Chef der FPD-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, der Süddeutschen Zeitung. Diskutieren müsse man aber die Wege dorthin. "Die Grünen wollen sich auf eine Technologie festlegen und andere im Voraus ausschließen", sagte er. "Wir sagen, wir brauchen jede Technologie, die uns der Klimaneutralität näherbringt, also nicht nur Elektroautos, sondern auch synthetische Kraftstoffe. Und nicht nur Wärmepumpen, sondern auch Gasheizungen, die mit Wasserstoff betrieben werden können."

Im FDP-geführten Finanzministerium hält man zudem die Pläne Habecks zur Finanzierung von Beihilfen für die Umrüstung auf Wärmepumpen für illusorisch. Der Klima- und Transformationsfonds könne zwar prinzipiell angezapft werden, hieß es. Es seien aber schon jetzt deutlich mehr Mittel verplant, als der Fonds überhaupt aufweise.

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