Süddeutsche Zeitung

USA:Ukraine-Hilfe nimmt Hürde im US-Senat

Lesezeit: 3 min

Auch Republikaner stimmen für Milliardenpaket, ein Teil geht nach Israel und in den Gazastreifen. Donald Trumps Unterstützer wollen die Gelder noch stoppen. Die Kritik an Netanjahu wächst.

Von Fabian Fellmann und Dominik Fürst

Nun dürfte sich rasch zeigen, wie weit Donald Trumps Einfluss wirklich reicht. Eben noch hatte der aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat der Republikaner Stimmung gemacht gegen die Nato-Verbündeten und gegen Hilfsgelder für die Ukraine. Davon ließ sich eine Mehrheit der US-Senatoren allerdings nicht beeindrucken.

Am frühen Dienstagmorgen stimmte eine überdeutliche Mehrheit in der kleinen Kongresskammer für ein Finanzpaket von 95 Milliarden Dollar, das überwiegend der Ukraine zugutekommt. Die ganze Nacht hindurch hatte der Senat beraten. Verärgert hatten Trumps Statthalter verlangt, bevor weiteres Geld in die Ukraine fließe, müsse die Südgrenze abgesichert werden - nachdem sie vor einer Woche eine solche Kombilösung verhindert hatten.

Mehrheitsführer Chuck Schumer drängte zur Eile, im Wissen um die Sorgen in Europa über die Zuverlässigkeit der amerikanischen Partner. Kurz vor Sonnenaufgang ging den Trump-Verbündeten die Zeit aus, sie konnten die Abstimmung nicht mehr aufschieben, die mit 70 zu 29 Stimmen überdeutlich ausfiel. Zwei Demokraten und der Unabhängige Bernie Sanders stimmten gegen das Finanzpaket, dafür unterstützten es 22 Republikaner, angeführt von Minderheitsführer Mitch McConnell - und entgegen den Forderungen von Trump im Wahlkampf. "Der Senat wird die Verantwortung für Amerikas nationale Sicherheit nicht vernachlässigen", teilte McConnell mit. "Die Geschichte begleicht jede Rechnung. Und heute wird die Geschichtsschreibung festhalten, dass der Senat nicht gezögert hat, als es um den Wert amerikanischer Führung und Stärke ging."

Der Demokrat Schumer beschrieb den Beschluss als Zeichen, dass "amerikanische Führung nicht wankt, nicht stockt, nicht scheitert", wie er sagte. "Heute senden wir eine klare überparteiliche Botschaft der Entschlossenheit an unsere Verbündeten in der Nato." Das Paket enthält 60 Milliarden Dollar für die Ukraine, 14 Milliarden für Israel, neun Milliarden für humanitäre Hilfe in Gaza sowie weitere Gelder für Alliierte im Südpazifik und den Kampf gegen die Huthi in Jemen.

Nun zeichnet sich ein Politkrimi im Repräsentantenhaus ab. Speaker Mike Johnson, ein enger Verbündeter Trumps, wies die Gesetzesvorlage schon am Montagabend zurück, noch vor der Abstimmung im Senat. "Amerika verdient Besseres als den Status quo", schrieb er in einer Mitteilung. Weil der Senat es verpasst habe, Änderungen an der Grenzschutzpolitik mit der Ukraine-Hilfe zu verbinden, werde das Repräsentantenhaus an eigenen Gesetzesentwürfen arbeiten. Als Speaker kann Johnson es verweigern, das Finanzpaket aus dem Senat in der großen Kammer auf die Agenda zu setzen.

Unterdessen werden die Mahnungen an Israel aus den USA dringlicher, für die Sicherheit der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu sorgen. Während Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu offenbar an dem Plan festhält, eine Militäroffensive auf die südlich gelegene Stadt Rafah zu starten, versuchen internationale Verbündete, ihn zu einem Einlenken zu bewegen. So sprach sich US-Präsident Joe Biden nach einem Besuch des jordanischen Königs Abdullah II. in Washington für eine sechswöchige Feuerpause aus. Verbunden mit einem Deal über die Freilassung der sich weiter in der Gewalt der Hamas befindenden israelischen Geiseln könne etwas Neues entstehen. Die USA sind Israels wichtigster internationaler Verbündeter, doch wird die Kritik am Vorgehen der israelischen Armee lauter.

Mehr als die Hälfe der 2,2 Millionen Bewohner des Gazastreifens drängen sich in der Stadt Rafah

Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mahnte Israel zur Zurückhaltung. Es gebe das Recht auf Selbstverteidigung, aber nicht das Recht auf Vertreibung der Zivilbevölkerung, sagt sie nach einem Treffen mit dem Außenminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Riad al-Maliki, in Berlin. An diesem Mittwoch will sie zu einer zweitägigen Reise nach Israel aufbrechen. Zu Beginn des Krieges, der durch den Überfall der Terror-Miliz Hamas am 7. Oktober des vergangenen Jahres auf Israel ausgelöst wurde, hatte das israelische Militär die Bewohner des nördlichen Gazastreifens zur Flucht in den Süden aufgefordert. Inzwischen finden dort aber die heftigsten Kämpfe statt. Die israelische Armee teilte am Dienstag mit, Soldaten hätten in der Stadt Chan Yunis mehr als 30 "Terroristen" getötet. In der Stadt Rafah drängen sich etwa 1,4 Millionen Binnenflüchtlinge. Das entspricht mehr als der Hälfte der 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens. Netanjahu hatte der Armee den Befehl erteilt, eine Offensive auf die Stadt vorzubereiten, weil dort Hamas-Zellen vermutet werden. Hilfsorganisationen zufolge ist die humanitäre Situation vor Ort katastrophal.

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