Süddeutsche Zeitung

Kanzlerkandidat von CDU und CSU im SZ-Interview:Laschet eröffnet Wahlkampf mit Angriff auf die Grünen

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Der Kanzlerkandidat der Union sagt im SZ-Interview, die Grünen hätten "wenig zu bieten". Er signalisiert Nähe zur FDP - und widerspricht Markus Söder.

Von Stefan Kornelius, Robert Roßmann und Christian Wernicke, Berlin

Der frisch gekürte Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, hat zum Auftakt seines Wahlkampfs die Grünen hart angegriffen - und gleichzeitig Nähe zur FDP signalisiert. Vorwürfe von CSU-Chef Markus Söder, sein Kurs sei nicht modern genug, wies Laschet zurück.

Die Grünen seien "ohne Zweifel unser größter Herausforderer", sagte der CDU-Chef in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Derzeit würden "die Grünen im Bund vielleicht sympathisch" wirken, inhaltlich hätten sie "aber wenig zu bieten". Das werde die Union "im Wahlkampf offenlegen". Der wichtigste Unterschied zwischen ihm und der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sei: "Sie redet, ich handle."

Der CDU-Vorsitzende verwies in diesem Zusammenhang auf die Arbeit der von ihm geführten nordrhein-westfälischen Landesregierung. "Wir gehen mit 70 Prozent der CO₂-Reduktion bis 2030 bei der Kohle voran für ganz Deutschland, wir versiebenfachen die Investitionen für Klimaschutz und haben das erste Klimaanpassungsgesetz vorgelegt", sagte Laschet. Sowohl die rot-grüne Vorgängerregierung in Nordrhein-Westfalen als auch die grün geführte Regierung in Baden-Württemberg hätten eine schlechtere Klimabilanz. Bei den Grünen klinge "viel nach PR".

CSU-Chef Markus Söder hatte der SZ gesagt, die FDP wäre der leichtere Koalitionspartner, "aber die Grünen sind der spannendere". Mit ihnen zusammen könne man "die großen Fragen" besser lösen. Dieser Einschätzung widersprach Laschet jetzt. Der CDU-Chef sagte auf die Frage, wer sein Lieblingskoalitionspartner sei: "Die FDP ist ein guter Partner, mit dem man das Land voranbringen kann, das zeigen wir tagtäglich erfolgreich in Nordrhein-Westfalen." Deutschland müsse "den Dschungel aus Regeln und Vorschriften lichten, wir brauchen mehr Freiheit und weniger Bürokratie - das können die Grünen nicht".

Laschet ging außerdem auf Distanz zu Angela Merkel und deren Kabinett. Er stehe "für einen anderen Stil des Regierens", sagte der CDU-Chef. "Wir brauchen mehr Klarheit, mehr Konzentration, vor allem in der Wirtschaftspolitik, und müssen den Menschen wieder mehr zutrauen." Außerdem fehle ihm die Breite der parteiinternen Strömungen "in der Aufstellung der aktuellen Bundesregierung". Das müsse im nächsten Kabinett anders sein.

Das Wahlziel der Union formulierte Laschet weniger ambitioniert als Söder. Der CSU-Chef will ein Ergebnis, das deutlich über 30 Prozent liegt - näher an 35 Prozent". Laschet sagte auf diese Forderung angesprochen lediglich: "Die Union muss die stärkste Kraft bleiben."

Um den Konflikt mit der CSU nicht weiter zu befeuern, reagierte Laschet vergleichsweise vorsichtig auf die Kritik Söders an ihm. Der CSU-Chef hatte dem CDU-Chef indirekt vorgeworfen, ein "Helmut Kohl 2.0 aus der Vergangenheit" zu sein. Dazu sagte Laschet lediglich: "In den letzten Jahren hatte ich eher den Eindruck, dass mancher in der CSU mich für meine Ideen zur Modernisierung unserer Gesellschaft und unseres Landes kritisiert."

Auch Merz geht auf Distanz zu den Grünen

"Ich vertrete meine Themen und bleibe bei meiner Linie, ob gelegen oder ungelegen", sagte Laschet, Vertrauen sei ihm "wichtiger als Taktik". Auch das ist ein Seitenhieb auf Söder, der unter anderem in der Europa- und der Flüchtlingspolitik Kehrtwenden hinter sich hat. Laschet wies außerdem Söders Beschreibung der CDU-Spitze als "Hinterzimmer" zurück. "Wir dürfen keine Axt an die Pfeiler der repräsentativen Demokratie legen - schon gar nicht dürfen das CDU und CSU als die tragenden Parteien seit Gründung der Bundesrepublik", sagte Laschet. "Eine von manchen irgendwie gefühlte Basisstimmung allein" dürfe nicht den Ausschlag geben.

Auch Friedrich Merz, der Laschet im Ringen um den CDU-Vorsitz unterlegen ist, ging am Wochenende auf Distanz zu den Grünen. Er sagte dem Spiegel, Baerbock sei zwar "fleißig und medial präsent" und für die Union "eine sehr ernsthafte Gegnerin". Aber die Grünen seien immer noch "zu sehr auf das Thema Ökologie verengt", er würde dieser Partei deshalb "die außen-, verteidigungs- und wirtschaftspolitische Führung dieses Landes als Wähler nicht gern anvertrauen".

Die Äußerungen von Laschet und Merz sind auch Ausdruck der Nervosität, die sich im Lager der Union breitmacht. Die Ausrufung Baerbocks zur Kanzlerkandidatin hat die Meinungsumfragen in Bewegung gebracht. Es gibt bereits Erhebungen, in denen die Grünen vor der Union liegen. Baerbocks Nominierung hat auch eine Eintrittswelle ausgelöst. Von Montag bis Freitag vergangener Woche gab es bei den Grünen 2159 Beitrittsanträge. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte, dies sei "ein absoluter Rekord in der Parteigeschichte".

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