Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft kompakt:Nachschlag für Görg

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Der Insolvenzverwalter von Karstadt stellte offenbar mehr als 43 Millionen Euro in Rechnung. Außerdem: Domino's Pizza hat Großes in Deutschland vor. Das Wichtigste in Kürze.

An der Pleite von Karstadt hat Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg einem Bericht zufolge deutlich mehr verdient als bislang bekannt. Görg habe über das gesamte Insolvenzverfahren von Karstadt hinweg insgesamt 43,4 Millionen Euro in Rechnung gestellt, berichtete das Magazin Stern unter Berufung auf interne Dokumente aus dem Gläubigerausschuss von Karstadt.

Bislang war bekannt, dass Görg rund 32,3 Millionen Euro inklusive Mehrwertsteuer erhalten hatte. Görg habe aber bereits für seine Zeit als vorläufiger Insolvenzverwalter im Sommer 2009 rund sechs Millionen Euro berechnet, berichtete der Stern. Daneben habe er an seine eigene Wirtschaftskanzlei Berateraufträge von 5,1 Millionen Euro vergeben. Beide Summen seien nicht angefochten worden.

Görg erklärte in dem Zusammenhang laut Bericht in einem Protokoll aus dem Gläubigerausschuss, es sei für das Insolvenzverfahren von Vorteil, "schnell auf Rechtsrat aus dem eigenen Hause zugreifen zu können". Damit war offenbar Görgs eigene Kanzlei gemeint.

Insolvenzverwalter Görg war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Karstadt war im vergangenen Jahr mit seinem Mutterkonzern Arcandor in die Pleite gerutscht. Görg wurde zum Insolvenzverwalter bestimmt und machte sich auf die Suche nach einem Käufer für die 1881 gegründete Warenhauskette. Im Sommer diesen Jahres erhielt der US-deutsche Milliardär und Kunstliebhaber Nicolas Berggruen den Zuschlag. Ende September war dann die letzte Hürde für eine Übernahme durch Berggruen aus dem Weg geräumt. Die Insolvenz Karstadts war die größte der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Mehr als 80 Millionen Konsumenten locken: Der amerikanische Pizza-Lieferservice Domino's will im großen Stil in den deutschen Markt einsteigen. Eine erste Filiale soll an diesem Freitag in Berlin eröffnet werden, wie die US-Kette mitteilte.

Bis Jahresende sollen weitere Läden in Berlin und Bonn folgen. Innerhalb der nächsten zehn Jahre sind dann bundesweit 1000 Niederlassungen geplant. In den Start in Deutschland sollen zehn Millionen Euro investiert werden.

In Europa ist der weltgrößte Pizza-Lieferservice bislang unter anderem in Großbritannien, Belgien und der Schweiz vertreten. Domino's hatte bereits in den achtziger Jahren erfolglos versucht, in Deutschland Fuß zu fassen. Nun soll die Expansion mit einem neuen Franchise-Partner glücken.

Domino's Pizza sei davon überzeugt, mit seinem "weltweit erfolgreichen Konzept auch in Deutschland schnell zu wachsen", erklärte Deutschlandchef Birgir Thor Bieltvedt. Das Menü werde speziell auf den deutschen Markt angepasst sein. Der Marktstart sei Teil des weltweiten Wachstums von Domino's Pizza.

Domino's Pizza wurde 1960 gegründet, ist an der Börse in New York notiert und hat eigenen Angaben zufolge weltweit über 9000 Filialen in 60 Ländern. Die Filialen werden zum Teil von Domino's Pizza selbst geführt, teils von örtlichen Geschäftspartnern. 2009 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 5,6 Milliarden US-Dollar (rund vier Milliarden Euro).

Im Streit des Neumarkter Getränkeherstellers Lammsbräu mit der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs um die Bezeichnung "Biomineralwasser" zeichnet sich eine gütliche Einigung ab.

Zum Auftakt des Zivilprozesses am Mittwoch vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth zeigten sich beide Seiten zu einem Vergleich bereit. Bis 15. Dezember soll Lammsbräu einen Vergleichsvorschlag vorlegen. Der Getränkehersteller aus der Oberpfalz ist von der im hessischen Bad Homburg ansässigen Wettbewerbszentrale auf Unterlassen der Bezeichnung "Biomineralwasser" für zwei seiner Produkte verklagt worden.

Die Wettbewerbszentrale wirft Lammsbräu vor, die Verbraucher mit dieser Bezeichnung irrezuführen. Wasser werde anders als landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht angebaut oder hergestellt und falle daher auch nicht unter die EU-Öko-Verordnung. Außerdem verwende Lammsbräu auf seinen Flaschen ein Bio-Siegel, das dem offiziellen Kennzeichen sehr ähnlich sei.

Der Getränkehersteller bestreitet dagegen eine Irreführung. Die Mehrheit der Verbraucher wisse, dass "Bio" mit Agrarerzeugnissen zu tun habe und daher - noch - keine offizielle Kennzeichnung für Wasser sei, sagte Lammsbräu-Inhaber Franz Ehrnsperger. Das Prädikat "Bio" sei außerdem gerechtfertigt, weil das aus der Neumarkter Kristallquelle geförderte Wasser von besonders guter Qualität sei. Es sei besonders rein und sauber und erfülle nicht nur die gesetzlichen Grenzwerte für natürliches Mineralwasser, sondern unterbiete sie in vielen Punkten deutlich.

Das auf den Flaschen verwendete Bio-Siegel wurde von einer privaten Qualitätsgemeinschaft entworfen, die auch ein Zertifizierungssystem entwickelte. Dieses könnte nach Auffassung des Getränkeherstellers mittelfristig Eingang in die Gesetzeslage finden. "Den gleichen Prozess wie jetzt haben wir vor 25 Jahren mit unserem Öko-Bier" geführt", sagte Ehrnsperger nach der Verhandlung vor Journalisten.

Nach Auffassung des Vorsitzenden Richters der 3. Zivilkammer, Horst Rottmann, stimmt das private Öko-Logo allerdings in weiten Teilen mit dem offiziellen Öko-Kennzeichen überein und kann daher leicht verwechselt werden. Es verstoße damit gegen die EU-Öko-Kennzeichen-Verordnung und müsse geändert werden, betonte er.

Außerdem erwecke die Bezeichnung "Bio" bei den Verbrauchern den Eindruck, es mit einem besonders reinen, unbehandelten Lebensmittel zu tun zu haben, das frei von Zusatzstoffen sei. Dies treffe allerdings auf jedes natürliche Mineralwasser zu. Es bestehe somit die Gefahr, dass die Bezeichnung "Biomineralwasser" die zulässige Bezeichnung "Natürliches Mineralwasser" verdränge, sagte Rottmann.

Um zu einer gütlichen Einigung zu kommen, schlug er vor, dass Lammsbräu seine bereits im Handel befindlichen "Biomineralwasser"-Flaschen weiterverkaufen könne, allerdings keine weiteren Flaschen mit den alten Etiketten in Umlauf bringen dürfe.

Das Geschäft mit Fernost brummt nicht nur für die deutschen Autohersteller, auch Airbus macht in der Region demnächst offenbar glänzende Geschäfte. Der europäische Flugzeughersteller steht kurz vor einem Großauftrag aus China.

Beim Besuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao in Frankreich vom 4. bis zum 5. November könnte die EADS-Tochter etwa 100 Passagierflugzeuge an die Volksrepublik verkaufen, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen. Der Auftrag könnte sich damit auf einen Wert von zehn Milliarden Dollar belaufen. Im Vorfeld des Staatsbesuchs habe es intensive Verhandlungen gegeben. Airbus wollte den Bericht nicht kommentieren.

Airbus-Rivale Boeing hatte sich vor Jahren ebenfalls einen Großauftrag aus China während eines Besuchs von Ex-Präsident George W. Bush gesichert. Boeing geht davon aus, dass die Chinesen ihre Flugzeugflotte in den nächsten 20 Jahren verdreifachen und 4330 neue Maschinen im Wert von 480 Milliarden Dollar kaufen.

Zudem wurde bekannt, dass die asiatische Flugzeugleasingfirma BOC Aviation bei Airbus weitere 30 Flugzeuge aus der A320-Familie bestellt hat. Die Mittelstreckenmaschinen sollen von 2012 an über einen Zeitraum von drei Jahren ausgeliefert werden. Einschließlich der jüngsten Order habe das Unternehmen mittlerweile 128 Flugzeuge der A320-Familie direkt bei Airbus bestellt und 80 davon bereits erhalten, teilte Airbus mit.

Zum Kaufpreis für die neuen Maschinen und zur Modellwahl machte der Flugzeughersteller keine Angaben. Zu der A320-Familie gehören die Modelle A318, A319, A320 und A321. Der durchschnittliche Listenpreis für einen dieser Flieger liegt zwischen 62,5 und 95,5 Millionen Dollar. BOC Aviation ist die Flugzeug-Leasing-Tochter der Bank of China mit Sitz in Singapur. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben der größte Flugzeug-Leasinggeber in Asien.

Nach Audi und Mercedes präsentiert mit BMW nun auch Deutschlands dritter Autohersteller im Luxussegment hervorragende Zahlen. Nach einem Rekordergebnis im dritten Quartal hoben die Bayern zudem ihre Ergebnisprognose an.

Im Gesamtjahr geht der Münchner Konzern in seiner Autosparte nun von einer operativen Rendite von mehr als sieben Prozent nach zuletzt über fünf Prozent aus, wie das Unternehmen mitteilte. Das Konzernergebnis solle "signifikant" steigen.

Im dritten Quartal verbuchte BMW ein Vorsteuerergebnis von 1,4 Milliarden Euro nach 126 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz legte um knapp 36 Prozent auf 15,9 Milliarden Euro zu. Damit übertraf der Autobauer die Erwartungen von Analysten.

Für die Automobilindustrie läuft es wieder rund, und das spüren auch die Zulieferer. Continental etwa hat im vergangenen dritten Quartal von der überraschend schnellen Erholung der Autobranche profitiert und unerwartet starke Zahlen verbucht.

Die Anfang Juli zum zweiten Mal erhöhte Prognose für das laufende Jahr ist damit schon wieder hinfällig. Conti kehre "schrittweise zu früherer Stärke zurück", sagte Konzern-Chef Elmar Degenhart.

Weltweit anziehende Autoverkäufe, ein starkes Reifengeschäft und der strikte Sparkurs haben dem MDax-Konzern von Juli bis Ende September unter dem Strich einen Gewinn von 14 Millionen Euro beschert. Im Vorjahreszeitraum war noch ein Verlust von mehr als einer Milliarde Euro angefallen. Für das Gesamtjahr 2010 rechnet Conti mit Einnahmen von mehr als 25 Milliarden Euro, zwei Milliarden Euro mehr als bislang erwartet. Auch unter dem Strich sollen nach zwei Jahren mit Milliardenverlusten wieder schwarze Zahlen stehen.

Operativ legte Conti den Angaben nach erneut zu. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf den Firmenwert der einstigen Siemens VDO wurde ein Gewinn von 485 Millionen Euro erzielt, 16 Prozent mehr als im dritten Quartal 2009.

Erfolge konnten die Hannoveraner im bisherigen Jahresverlauf auch beim Abbau der hohen Schuldenlast vermelden. Conti stand durch den VDO-Kauf Ende des Jahres 2009 mit knapp 8,9 Milliarden Euro bei den Geldgebern in der Kreide. Die Erlöse aus der Kapitalerhöhung im Januar von gut einer Milliarde Euro und Anleihen im Wert von drei Milliarden Euro nutzte Conti zum Teil, um bis Ende September den Schuldenberg auf 8,1 Milliarden Euro abzuschmelzen.

Auch im Werbegeschäft läuft es wieder deutlich besser: Der TV-Konzern ProSiebenSat.1 hat im dritten Quartal davon erheblich profitiert.

Europas zweitgrößter Sender verbuchte zwischen Juli und September unter dem Strich einen Gewinn von 32 Millionen Euro, nachdem im gleichen Zeitraum des Vorjahres noch ein Minus von 10,7 Millionen Euro stand, wie der Konzern in München mitteilte. Der Umsatz wuchs um zwölf Prozent auf 626,9 Millionen Euro.

Ähnlich wie der Rivale RTL Group profitiert auch ProSiebenSat.1 nach einer tiefen Krise davon, dass Industrie und Handel wieder wesentlich mehr Geld für TV-Werbespots ausgeben. Die kompletten Zahlen für die ersten neun Monate legt der von den Finanzinvestoren KKR und Permira kontrollierte Konzern am 11. November vor.

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