Süddeutsche Zeitung

Opel und GM:Eine Rettung, die keine war

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Je länger die lange Opel-Nacht im Kanzleramt zurückliegt, umso deutlicher wird: Die deutschen Politiker, von Kanzlerin Angela Merkel bis zu ihrem Vize Frank-Walter Steinmeier, haben sich damals mächtig aufgeblasen - denn sie haben eine Rettung verkündet, die keine war.

Ulrich Schäfer

Der Bundeskanzler bestimmt laut Grundgesetz die Richtlinien der Politik. Die Richtlinien der Industriepolitik allerdings bestimmen, wie man bei Opel sieht, gelegentlich andere. Die Manager von General Motors in Detroit zum Beispiel. Sie führen die Bundesregierung an der Nase herum. Sie lassen Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier und die Ministerpräsidenten der vier Opel-Länder zappeln. Mal heißt es, GM wolle Opel gar nicht mehr verkaufen. Mal heißt es, GM wolle verkaufen, aber sich die notwendigen Finanzhilfen anderswo besorgen - in Brüssel, London oder Washington.

Das Gezerre um Opel zeigt (ebenso wie das bayerische CSU/FDP-Theater um den Versandhändler Quelle), wie gefährlich es ist, wenn Politiker sich mit scheinbar einfachen Lösungen darum bemühen, Unternehmen zu retten.

Solche einfache Lösungen gibt es meist nicht: Sie gab es nicht beim Bremer Vulkan, sie gab es nicht bei den einst volkseigenen Betrieben der DDR, und sie gibt es nicht bei Opel, Schaeffler oder Quelle. So haben sich Merkel und Steinmeier im Fall Opel allzu schnell darauf versteift, dass der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna der beste Partner für Opel sei, weil er mehr Jobs garantiert. Sie haben verdrängt, dass Magna in Wahrheit nicht bloß Magna ist, sondern dass dahinter eine russische Großbank steht. Was aber ist der Unterschied zwischen einem russischen Finanzinvestor und einem belgischen Finanzinvestor wie RHJ, den die Bundesregierung ablehnt? Und wer garantiert, dass Magna so viele Arbeitsplätze erhält wie versprochen?

Die Manager von General Motors jedenfalls zeigen der Bundesregierung jeden Tag aufs Neue, wie wenig sie von deren Vorgaben halten. Sie wollen sich nicht eine Lösung aufzwingen lassen, die politisch zwar opportun ist, ihnen betriebswirtschaftlich aber nicht einleuchtet. Sie pokern und feilschen. Das kann man ihnen nicht verübeln, und auch die Demonstrationen, die der Opel-Betriebsrat nun vor der amerikanischen Botschaft in Berlin abhalten will, werden daran nichts ändern.

Je länger die lange Opel-Nacht im Kanzleramt zurückliegt, umso deutlicher wird: Die deutschen Politiker, von Merkel bis Steinmeier, haben sich damals aufgeblasen. Sie haben eine Rettung verkündet, die keine war. Sie haben mit viel Geld gelockt und sich schöne Schlagzeilen und Bilder erkauft. Doch die unscharfen Szenen aus den Verhandlungen im Kanzleramt, eingefangen mit Teleobjektiven - sie werden auf Merkel und Steinmeier zurückfallen, sollte der Magna-Deal scheitern und GM die Bundesregierung tatsächlich düpieren.

Politisch schaden würde dies vor allem jenen, die für Magna gekämpft haben: Merkel ebenso wie Steinmeier, der CDU ebenso wie der SPD. Profitieren würde allein Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der war schon am 29. Mai gegen Magna. Guttenberg hat zu Recht vor einer überstürzten und unüberlegten Rettung gewarnt.

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Quelle:
SZ vom 26.08.2009
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