Arcandor-Pleite:Eine Frage des Anstands

Tausende Mitarbeiter von Quelle und Karstadt verlieren ihre Jobs. Die Schuldigen sind abgetaucht. Dabei wäre eine Entschuldigung von Ex-Vorstandschef Middelhoff das Mindeste an Anstand.

Uwe Ritzer

Kein Wort des Bedauerns, geschweige denn öffentliche Selbstkritik. Seit Donnerstag ist klar, dass 3700 Beschäftigte bis Januar beim Arcandor-Versandverbund Primondo/Quelle ihre Jobs verlieren. Diejenigen aber, die den Handelskonzern ins Desaster geführt haben, sind abgetaucht. Ex-Vorstandschef Thomas Middelhoff schweigt wohl beleidigt, denn er fühlt sich ebenso verkannt wie schuldlos.

Schweigt beleidigt: Ex-Vorstandschef Thomas Middelhoff. (Foto: Foto: dpa)

Auch von den Großaktionären Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz ist nichts zu hören. Letztere jammerte zwar vor einigen Wochen auf peinliche Art und Weise darüber, dass sie bei Arcandor Milliarden verloren hat und deswegen beim Discounter einkaufen muss. Aus der Aufarbeitung der Krise hält sie sich jedoch heraus. Bislang haben sich weder Schickedanz noch ihr Ehemann und Arcandor-Aufsichtsrat Leo Herl beim vorläufigen Insolvenzverwalter Görg auch nur über den Stand des Verfahrens erkundigt.

Vielleicht schweigen alle aus gutem Grund. Bei Arcandor wurde offenbar nicht nur jahrelang krasse Misswirtschaft betrieben, der Vorstand lebte auch auf großem Fuß, während er den Beschäftigten Mehrarbeit und Lohnverzicht abpresste. Pläne für die Restrukturierung, etwa von Primondo und Quelle, vergammelten in der Schublade.

Die Zeche für die Untätigen in Management und Aufsichtsrat zahlen nun tausende Beschäftigte mit dem Verlust ihrer Arbeitsplätze. Zahlen muss aber auch die Allgemeinheit, die über Steuern und über ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung den Stellenabbau sozial abfedern wird. Eine Entschuldigung von Middelhoff, Schickedanz und Co. wäre da das Mindeste an Anstand, was man erwarten könnte.

© SZ vom 17.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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