Süddeutsche Zeitung

Autohersteller:Trumps irrationaler Frontalangriff auf die deutsche Autoindustrie

Lesezeit: 3 min

Von Jan Schmidbauer

Die Botschaft, die Donald Trump an die deutschen Autohersteller schickt, ließe sich in etwa so zusammenfassen: Ihr könnt eure Autos gerne in Mexiko zusammenschrauben - aber ihr werdet dafür büßen. Per Bild-Interview hatte sich der designierte US-Präsident am Sonntag zu Wort gemeldet - und sich auch zu seinen wirtschaftlichen Vorstellungen geäußert. Im Zentrum seiner Kritik: deutsche Autokonzerne, allen voran BMW.

Der Münchner Konzern ist einer der großen Arbeitgeber im Süden der USA. Sein größtes Werk steht nicht mehr in Deutschland, sondern in Spartanburg, South Carolina. Doch in Zukunft will BMW auch in Mexiko Autos bauen. In zwei Jahren, so plant der Konzern, soll ein Werk in San Luis Potosí eröffnen, 150 000 Mittelklasse-Fahrzeuge der 3er-Reihe sollen dort jedes Jahr vom Band rollen. Was er davon halte, wird Trump im Interview gefragt. Seine Antwort fällt deutlich aus: "Ich würde BMW sagen, wenn sie eine Fabrik in Mexiko bauen und Autos in die USA verkaufen wollen ohne eine 35-Prozent-Steuer, dann können sie das vergessen."

Damit ist eingetreten, was man in der Branche wohl schon befürchtet hatte. Nach den US-Herstellern Ford und General Motors (GM), denen Trump ebenfalls mit hohen Importsteuern für Autos aus Mexiko drohte, ist jetzt die deutsche Autoindustrie dran. Und mit seiner Drohung trifft Trump sie empfindlich: Die USA sind der zweitwichtigste Automobilmarkt der Welt, deutsche Hersteller sind stark vertreten. Eine Importsteuer von 35 Prozent, das hieße, dass die ohnehin schon teuren deutschen Autos noch viel teurer würden - zumindest für amerikanische Kunden. Neben BMW engagieren sich auch andere Autohersteller in Mexiko. Audi hat erst im vergangenen Jahr ein erstes eigenes Werk in Puebla eröffnet, VW kam schon vor mehr als fünfzig Jahren in das Land.

"Tatsache ist, dass ihr den USA gegenüber sehr unfair wart"

Es ist kein Wunder, dass Trump sich ausgerechnet die Autoindustrie vornimmt, um den Deutschen seine Vorstellungen von Wirtschaft zu erklären. Die Branche steht wie keine zweite für die deutsche Exportstärke. Für qualitativ hochwertige Produkte, die in vielen Teilen der Welt als Statussymbol gelten. Trump findet das ungerecht: "Tatsache ist, dass ihr den USA gegenüber sehr unfair wart", sagt er.

BMW zeigte sich am Montag unbeeindruckt von der Kritik des designierten US-Präsidenten. "Wir sehen keinen Grund, den Plan zu verändern", sagte Vorstandsmitglied Peter Schwarzenbauer am Rande einer Konferenz München. "Wir werden 2019 das Werk eröffnen und dort den 3er bauen." Insgeheim dürfte die Nervösität in der Branche aber zunehmen. Matthias Wissmann, Chef des Verbands der Automobilindustrie (VDA) sagt zumindest: "Wir nehmen die Äußerungen ernst."

Dazu gibt es auch allen Grund, sagt Stefan Bratzel. Der Autoexperte vom Center of Automotive Management (CAM) hält Trumps Drohungen an die deutschen Autohersteller für extrem gefährlich. Sollte er sie wahrmachen, hätten die Konzerne ein ernstes Problem. Audi, VW, BMW, sie alle haben bereits Milliarden in Mexiko investiert oder planen größere Ausgaben. Einfach woanders hinzugehen, sei deshalb keine Option, die Strafsteuer zu akzeptieren allerdings genausowenig. Denn dann dürfte die Nachfrage wegen des höheren Preises einbrechen, glaubt Bratzel. "Alles andere wäre ein Wunder." Damit es gar nicht erst so weit kommt, müsse jetzt auf höchster politischer Ebene über das Thema gesprochen werden.

Allerdings ist fraglich, wie man Trump mit sachlichen Argumenten beikommen soll. Dass er lieber mit gefühlten Wahrheiten statt mit Fakten arbeitet, zeigt auch ein Beispiel aus dem Interview. In einer Passage beklagt er sich darüber, wie wenig US-Autos es in Deutschland gebe. "Wie viele Chevrolets sehen Sie in Deutschland?", fragt Trump. "Nicht allzu viele, vielleicht gar keine, man sieht dort drüben gar nichts, es ist eine Einbahnstraße." Will heißen: Ihr Deutschen flutet die USA mit Autos - und wir werden unsere nicht los bei euch.

"Dafür müssen die USA bessere Autos bauen"

Doch ganz so einfach ist es nicht. Allein der US-Hersteller Ford baut jedes Jahr etwa 800 000 Autos in Deutschland. Seitdem der Konzern im Land ist, liefen 40 Millionen Autos vom Band. Und Trumps Chevrolet-These ist bei genauerer Betrachtung ebenfalls nicht haltbar. Zwar ist die Marke wirklich nicht sehr verbreitet im deutschen Straßenbild. Doch das hat einen einfachen Grund. Der Mutterkonzern GM verkauft seit mehr als zwei Jahren kaum noch Neuwagen der Marke Chevrolet in Deutschland. Um seine Konzerntochter Opel zu stärken, vertreibt GM die Autos unter deutschem Label. So soll ein "Chevrolet Bolt" in Deutschland als "Opel Ampera E" auf den Markt kommen . Beide Fahrzeuge sind nahezu baugleich und entstehen im selben GM-Werk in den USA.

Dass die deutschen Hersteller in den USA deutlich stärker vertreten sind als die US-Konkurrenz hierzulande, bleibt dennoch wahr. Das liegt allerdings nicht an unfairen Handelsbedingungen, sondern an der hohen Qualität der Autos. Bei den Premiumfahrzeugen haben die deutschen Hersteller einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent. Darauf spielte auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in seiner Reaktion auf das Trump-Interview an. Trump hatte sich dort beklagt, dass zu viele deutsche und zu wenige US-Autos in seiner Heimatstadt New York zu sehen seien. Und Gabriel brachte auch einen Vorschlag mit, wie Trump dies ändern könne: "Dafür müssen die USA bessere Autos bauen."

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