Süddeutsche Zeitung

Militärschlag in Syrien:Ärger an der Heimatfront

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Von Jana Anzlinger

Die eine muss sich vor dem Parlament rechtfertigen, der andere prahlt im Fernsehen, der dritte stänkert auf Twitter: Nach ihrem Militärschlag gegen das syrische Regime müssen sich Theresa May, Emmanuel Macron und Donald Trump nicht nur gegen Kritik aus Russland verteidigen, sondern auch gegen Protest im eigenen Land.

Als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in der syrischen Stadt Duma hatten Großbritannien, Frankreich und die USA in der Nacht auf Samstag gut hundert Raketen auf syrische Stellungen abgefeuert. Dabei wurden US-Angaben zufolge drei Anlagen getroffen, die als Forschungs-, Produktions- und Lagerstätten für Chemiewaffen gedient haben sollen.

Die britische Premierministerin May hat sich zu einer Stellungnahme im Parlament bereit erklärt. Bei dem Auftritt am Nachmittag betonte sie, sie habe "in unserem nationalen Interesse" und nicht etwa auf Geheiß von US-Präsident Donald Trump gehandelt. "Wir haben das nicht getan, weil uns Präsident Trump darum gebeten hat, sondern weil es das Richtige war, was zu tun war - und wir sind nicht alleine", sagte sie.

Viele Abgeordnete nehmen ihr übel, dass sie die Beteiligung an dem Angriff auf mutmaßliche Chemiewaffenanlagen ohne parlamentarische Abstimmung beschlossen hat. Statt sich vorher mit den Abgeordneten abzustimmen, musste sie ihnen nun im Nachhinein Rede und Antwort stehen. Schon kurz nach dem Angriff hatte sie ihn als "richtig und legal" verteidigt. Im Anschluss an ihre Rede folgt eine sogenannte Notfalldebatte, also eine Dringlichkeitssitzung.

Auch in Frankreich hat die Opposition, allen voran der linke Politiker Jean-Luc Mélenchon, den Präsidenten dafür angegriffen, den Militärschlag ohne parlamentarische Absprache beschlossen zu haben. Macron antwortete in einem Fernsehinterview darauf, indem er die Verfassung des Landes zitierte, der zufolge das Volk ihn nicht nur zum Staatschef gewählt habe, sondern auch zum Oberbefehlshaber über die Truppen. Macron erklärte, er wolle jetzt "mit allen sprechen", insbesondere mit Syriens Verbündeten Russland und Iran, und sich verstärkt um eine "umfassende politische Lösung" bemühen. Die Möglichkeiten Syriens zur Herstellung von Chemiewaffen seien "zerstört" worden.

Macron hielt sich in dem Interview zugute, US-Präsident Trump von der Notwendigkeit eines Verbleibs in Syrien überzeugt zu haben. Der französische Präsident erinnerte daran, dass Trump erst kürzlich einen Rückzug der USA aus Syrien angekündigt hatte. "Wir haben ihn überzeugt, dass es notwendig ist, dort auf Dauer zu bleiben", sagte der französische Präsident.

Kurz darauf erklärte allerdings Trumps Sprecherin Sarah Huckabee Sanders, Trump halte an seinem geplanten Truppenabzug aus Syrien fest. Die US-Mission in Syrien habe sich "nicht geändert". Trump wolle, dass die US-Truppen "so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren", sagte Sanders. Die USA kämpfen im Osten des Landes gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, die dort seit Beginn des Einsatzes 2014 stark an Boden verloren hat.

Sogar einige Trump-Anhänger, konservative Medien und eher rechte Republikaner haben den Militärschlag als unnötige Einmischung in die Politik eines anderen Landes missbilligt. Trump selbst warf seinen Kritikern zuletzt auf Twitter vor, sich auf seine Formulierung "Mission accomplished", "Mission erfüllt", eingeschossen zu haben, die doch ein "großartiger militärischer Begriff" sei und öfter verwendet werden solle.

Maas: Langfristige Lösung nur ohne Assad

In Deutschland ist man sich indes weiter uneinig, welche Rolle man einnehmen sollte. Die Bundesrepublik stehe an der Seite derer, die im UN-Sicherheitsrat an einer Lösung des Kriegs in Syrien arbeiteten, auch ohne sich selbst militärisch zu beteiligen, so Regierungssprecher Steffen Seibert.

Bundesaußenminister Heiko Maas will den Syrien-Krieg unter Federführung der Vereinten Nationen beenden. Man suche nach Möglichkeiten, Wegen und Formaten, um den Friedensprozess ihm Rahmen der Organisation anzustoßen, sagt er nach einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Luxemburg. "Das ist der Weg, den wir gemeinsam gehen wollen." Ziel sei, in dem Land einen Waffenstillstand zu erreichen, die humanitäre Versorgung sicherzustellen und letztlich Wahlen abzuhalten. Schon vor dem Treffen hatte Maas verdeutlicht, dass er Syriens Machthaber Assad bei einer politischen Lösung nicht mit im Boot sieht: Jemand, der Chemiewaffen einsetze, könne nicht Teil der Lösung sein, kommentierte Maas.

Mit Material der Agenturen.

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