Süddeutsche Zeitung

Große Koalition:Fraktionsspitzen beschwören "Geist von Murnau"

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Von Markus C. Schulte von Drach

Äußerst gute Stimmung herrscht zwischen den Fraktionsspitzen der Koalitionsparteien im Bundestag: Das vermittelte zumindest der gemeinsame Auftritt von Volker Kauder (CDU), Andrea Nahles (SPD) und Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef in Berlin, bei der Pressekonferenz nach ihrer Klausurtagung im bayerischen Murnau.

"Wir haben erkennen können", so das Fazit von Kauder, "dass wir etwas bewegen können, wenn wir zusammenhalten." Der "Geist von Murnau" solle die große Koalition durch die kommenden Wochen und Monate tragen.

Voll des Lobes auf ihre Kollegen und sich selbst war auch Nahles. Sehr konstruktiv und lösungsorientiert könnten die Fraktionen miteinander arbeiten, das hätte sich in Murnau gezeigt. "Wenn wir in diesem Geist tatsächlich weitermachen", nahm sie Kauders Bild auf, sei ihr "nicht bange darum, dass wir in den nächsten Monaten und Jahren eine gute Arbeit hinbekommen." Ein guter Anfang sei gemacht.

Dobrindt betonte, es sei auf der Tagung deutlich zu sehen gewesen, dass man einen gemeinsamen Willen habe, die Herausforderungen, vor denen Deutschland stehe, auch gemeinsam anzugehen. Vielleicht fühlte er sich bemüßigt, dies zu betonen. Denn erst am Wochenende hatte er viele innerhalb der SPD, aber auch manche in der CDU verärgert mit dem Vorwurf, es gebe in Deutschland eine "aggressive Anti-Abschiebe-Industrie".

Von Flüchtlingen und der Migrationspolitik wollte heute allerdings keiner der drei sprechen, genauso wenig wie beim gestrigen Treffen auf der Zugspitze.

Hoffnungsträger künstliche Intelligenz

Im Vordergrund stand heute das Thema künstliche Intelligenz und Robotik und ihre Bedeutung in Deutschland. Schier begeistert zeigten sich die Fraktionschefs von den Möglichkeiten, die ihnen zuvor der eingeladene Experte von der Technischen Universität München vorgeführt hatte. Arbeiterinnen und Arbeiter, so ihre Erkenntnis, müssten keine Angst vor der "Transformation" ins Digitale haben. Vielmehr gebe es die Chance auf vielfältige neue Arbeitsplätze, wenn Automatisierung in Zukunft billig in Deutschland stattfinden könnte, statt sie aus Kostengründen ins Ausland auszulagern, so Dobrindt.

Und viel Zeit, über den Sinn und Unsinn von Digitalisierung und die Nutzung von Daten zu diskutieren, gibt es ihm zufolge angesichts der Entwicklungen weltweit nicht mehr.

Notwendig wäre es allerdings, den Forschungsstandort Deutschland zu stärken, so Nahles. Das gleiche gilt Kauder zufolge für das Bildungssystem: Schon Kinder müssten in der Schule lernen, mit künstlicher Intelligenz umzugehen. Andere Themen, bei denen die Fraktionsspitzen sich einig zeigten, waren die Stärkung des Mietrechts und die Verbesserung des Wohnungsbaus für junge Familien. Bereits am Montag hatten sie ein Paket mit der Einführung des Baukindergeldes und der Kappung etwa der Modernisierungsumlage auf Mieter beschlossen.

Die Tagung hatte auf Einladung Dobrindts in dessen Wahlkreis stattgefunden. Nachdem es in den vergangenen Wochen immer wieder Unstimmigkeiten zwischen den Koalitionspartnern gegeben hatte, wollten die Fraktionsspitzen nun Einigkeit demonstrieren.

Wie harmonisch es tatsächlich zugegangen sei, sagte Kauder, ließe sich daran erkennen, dass die Schneeballschlacht zwischen ihnen vor der Klausur stattgefunden habe, und nicht danach.

Worauf Andrea Nahles allerdings vorschlug, angesichts des Wetters auf Wasserpistolen zurückzugreifen.

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