Süddeutsche Zeitung

Bundespräsident:Gauck-Nachfolge: Steinmeier oder wer?

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Von Robert Roßmann, Berlin

Die Vorsitzenden der drei Koalitionsparteien haben sich auch bei einem Treffen am Sonntagnachmittag nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck einigen können. Sigmar Gabriel beharrte auf Frank-Walter Steinmeier. Der SPD-Chef hatte den Außenminister vor drei Wochen vorgeschlagen - und damit die Absprache in der großen Koalition gebrochen, zunächst gemeinsam einen Kandidaten suchen zu wollen.

Wie Angela Merkel und Horst Seehofer auf das Beharren der SPD auf Steinmeier reagieren, war zunächst unklar. Die Parteivorsitzenden von CDU und CSU vereinbarten, dass an diesem Montagmorgen ihre jeweiligen Parteispitzen in Schaltkonferenzen über das weitere Vorgehen beraten sollen. Dabei soll über drei Varianten gesprochen werden: Die Union unterstützt Steinmeier, die Union unterstützt einen Grünen - oder die Union stellt einen eigenen Kandidaten auf. In CDU und CSU scheint eine Verständigung auf Steinmeier zumindest möglich zu sein. Da Merkel und Seehofer eine einvernehmliche Entscheidung der Schwesterparteien anstreben, gilt eine schwarz-grüne Lösung dagegen als aussichtslos.

Merkel soll zuletzt favorisiert haben, Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) als Gauck-Nachfolger vorzuschlagen. Dagegen hatte die CSU jedoch heftig protestiert. Seehofer schätzt Kretschmann zwar sehr. Die CSU glaubt aber, im kommenden Jahr keinen offensiven Pro-Merkel-Wahlkampf führen zu können. Das einigende Band mit der CDU soll stattdessen eine Anti-Rot-Rot-Grün-Kampagne werden. Die kann man aber nicht glaubwürdig führen, wenn man einen Grünen ins Schloss Bellevue wählt.

Die CSU will lieber Steinmeier als Kretschmann

Das gilt umso mehr, als die Grünen auf ihrem Parteitag am Wochenende aus Sicht der CSU viele Entscheidungen in Richtung eines Linksbündnisses getroffen haben - etwa durch die Befürwortung einer Vermögensteuer oder durch die Forderungen nach Abschaffung des Ehegattensplittings und der Hartz-IV-Sanktionen. Die CSU-Spitze glaubt deshalb, dass die Union einen eigenen Kandidaten aufstellen oder sich für Steinmeier statt für Kretschmann aussprechen sollte.

Allerdings gibt es in der CSU, aber auch in der CDU, Vorbehalte gegen einen Kandidaten aus der SPD. Angesichts der Tatsache, dass die Union die mit Abstand größte Fraktion in der Bundesversammlung stelle, wäre ein Verzicht auf einen eigenen Kandidaten ein Armutszeugnis, hieß es.

Andererseits wurde in der Union darauf verwiesen, dass oberstes Ziel sein müsse, in der Bundesversammlung keine Niederlage zu kassieren. Angesichts der Schwierigkeiten Merkels, einen aussichtsreichen und willigen Unionskandidaten zu finden, könne eine Unterstützung Steinmeiers deshalb die am wenigsten schlechte Lösung für die Union sein. Die Bundesversammlung soll im Februar den nächsten Präsidenten wählen. In der Versammlung verfügen nur Union und SPD oder Union und Grüne über die in den ersten beiden Wahlgängen nötige absolute Mehrheit. Im dritten Wahlgang genügt die einfache Mehrheit.

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Quelle:
SZ vom 14.11.2016
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