Gauck-Nachfolge:Kretschmann als schwarz-grüner Präsidentenkandidat?

Winfried Kretschmann und Angela Merkel

Kretschmann und Merkel beim Sommerwein in Berlin.

(Foto: dpa)
  • Nachdem SPD-Chef Gabriel Außenminister Steinmeier für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen hat, gerät die Union unter Zugzwang.
  • Die CDU könnte sich jetzt nach einem gemeinsamen Kandidaten mit den Grünen umsehen - Winfried Kretschmann zum Beispiel.
  • Doch die Vorbehalte gegen Kretschmann sind groß. In der CSU, aber auch in seiner eigenen Partei.

Von Robert Roßmann, Berlin

An diesem Mittwoch treffen sich in Berlin 30 Politiker von Union und Grünen, um über Gemeinsames und Trennendes zu reden. Die Abgeordneten Jens Spahn (CDU) und Omid Nouripour (Grüne) laden regelmäßig zu so einer Runde. In dieser Woche ist das Treffen aber von besonderem Interesse - schließlich löst die Suche nach einem Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten derzeit bei einigen wieder schwarz-grüne Fantasien aus. In der Bundesversammlung haben nicht nur Union und SPD, sondern auch Union und Grüne eine Mehrheit.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat mit seinem Vorstoß für Frank-Walter Steinmeier die Union in die Defensive gebracht. Der CDU ist es bisher nicht gelungen, einen Kandidaten von ähnlicher Statur zu finden und vorzuschlagen. Wenn sich die CDU nun aber für einen Grünen wie Winfried Kretschmann aussprechen würde, wäre die SPD mit einem Schlag ausgebootet, unken manche.

Gabriel hätte beim für Freitag geplanten Gespräch mit Angela Merkel und Horst Seehofer nur noch die Wahl zwischen unerquicklichen Alternativen. Er könnte Steinmeier zurückziehen und Kretschmann unterstützen, um eine Niederlage des Außenministers zu vermeiden. Kretschmann würde dann allerdings wohl trotzdem als schwarz-grüner und nicht als Konsens-Kandidat wahrgenommen, Gabriel und Steinmeier wären politisch beschädigt. Gabriel könnte zweitens - trotz rechnerisch schlechter Aussichten - auf Steinmeier als SPD-Kandidaten beharren, der Ausgang wäre ungewiss. Im Falle eines Scheiterns Steinmeiers müsste sich Gabriel den Vorwurf gefallen lassen, durch sein Vorpreschen die Chancen des Außenministers, überparteilicher Kandidat zu werden, gemindert zu haben. Gabriels dritte Möglichkeit wäre es, einen Verzicht auf Steinmeier und Kretschmann vorzuschlagen, um doch noch einen gemeinsamen Kandidaten von Union und SPD zu finden.

Schwarz-grüne Gedankenspiele dürften Träumereien bleiben

Die Hoffnungen in der Union, mit einem Vorstoß für Kretschmann wieder in die Offensive zu kommen, dürften allerdings aus zwei Gründen Träumereien sein. Zum einen kann Kretschmann nicht damit rechnen, alle Grünen-Stimmen zu bekommen - zu groß sind die Vorbehalte in seiner Partei gegen ihn. Aber auch in der Union, und dort vor allem in der CSU, wäre mit Widerstand zu rechnen. Das wurde gerade bei einem Treffen der Spitzen von CSU-Landesgruppe und CSU-Landtagsfraktion deutlich. Viele der CSU-Abgeordneten würden bei einer Wahl zwischen Kretschmann und Steinmeier für den Außenminister stimmen. Steinmeier wird in der CSU geschätzt, auch wegen seiner Russland-Politik. Ein Votum für Kretschmann würde außerdem den geplanten Anti-Rot-Rot-Grün-Wahlkampf unglaubwürdig machen. Letzteres gälte auch für eine Kandidatin Katrin Göring-Eckardt.

Und so dürfte die Union gezwungen sein, am Ende doch noch Steinmeier zu unterstützen oder einen eigenen Kandidaten zu benennen. Unter den möglichen Bewerbern spielen nur Wolfgang Schäuble und Ursula von der Leyen in der politischen Liga Steinmeiers. Die Bundesverteidigungsministerin ist an diesem Mittwoch übrigens Gast beim schwarz-grünen Abgeordneten-Treffen.

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