Das Oktoberfest findet wieder statt, zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie. Für viele ist das ein Grund zur Freude, manche aber haben auch Bedenken, dass solche Menschenmassen wieder zu stark steigenden Infektionszahlen führen könnten. Immerhin ist die Wiesn das größte Volksfest der Welt, knapp 300 000 Besucherinnen und Besucher werden erwartet – jeden Tag. Wie wahrscheinlich ist es also, dass das Virus in den Festzelten und auf den Bierbänken mitfeiert?
Eine ansteckende Person an jedem 15. Tisch auf dem Oktoberfest ist ganz schön viel. Wie kommt diese Zahl zustande? Um das zu berechnen, braucht man ein paar Zahlen zur aktuellen Corona-Lage.
Diese Annahmen gelten natürlich nicht nur für ein Zelt, sondern für das gesamte Oktoberfest. 2019 besuchten mehr als sechs Millionen Menschen die Wiesn, täglich durchschnittlich 375 000 Besucherinnen und Besucher. Wenn es dieses Jahr wieder so viele werden, dürften jeden Tag mehr als 2500 ansteckende Personen auf der Wiesn unterwegs sein. Aber: So vielen Menschen kann man gar nicht über den Weg laufen. Selbst wenn man sich ins dichte Gedränge stürzt und etliche Fahrgeschäfte besucht, bleibt das Infektionsrisiko zwar sehr unberechenbar, aber vergleichsweise gering. Viel besser lässt sich die Lage in den Festzelten einschätzen.
Das Risiko hängt also vor allem davon ab, wie man das Oktoberfest feiert und wo man seine Masskrüge stemmen möchte. Mit mehr potenziellen Virenträgerinnen und -trägern im dicht gedrängten großen Festzelt? Oder lieber an der Biertischgarnitur draußen im Biergarten?
Eine Ansteckung hat aber auch ganz viel mit Zufall zu tun. Die Wahrscheinlichkeiten in diesem Text können nur durchschnittliche Werte angeben. Man kann sowohl ein großer Glückspilz sein und im Festzelt ohne ansteckende Menschen sitzen als auch ein Pechvogel und direkt von einer ansteckenden Person angehustet werden.
Aber es gibt ja auch Alternativen, zum Beispiel die deutlich kleineren Festzelte. In der Münchner Stubn finden etwa 400 Leute Platz. Das Zelt ist so klein, dass es sogar eine kleine rechnerische Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass das Virus dort nicht mitfeiert, zumindest nicht an jedem Tag. Wenn eine Person an zehn Tagen die Münchner Stubn besucht, wäre durchschnittlich immerhin an einem Tag keine ansteckende Person dabei.
Hört sich immer noch zu riskant an, der Wiesn-Besuch soll aber auf gar keinen Fall ausfallen? Es gibt noch eine bessere Möglichkeit, das Corona-Risiko zu senken (und diese Möglichkeit ist nicht zu Hause zu bleiben).
Wie wahrscheinlich es ist, dass sich eine zufällig ausgewählte Person ansteckt, ist schwer zu beziffern. Im Festzelt jedenfalls gibt es einige Risikofaktoren. Das Coronavirus kann in Form von Aerosolen über die Luft übertragen werden. Je lauter die ansteckenden Menschen sprechen oder singen, desto mehr Aerosole geben sie ab. Und ein leises Volksfest gibt es nicht. Das Ansteckungsrisiko ist aber auch vom eigenen Immunitätslevel, etwa durch eine nicht allzu lang zurückliegende Impfung oder eine kürzlich durchgemachte Infektion, und der Belüftung in den Festzelten abhängig. Und von einer großen Portion Zufall.
Dass man nach der Wiesn krank werden kann, wissen die Besucherinnen und Besucher auch schon aus der Zeit vor Corona: Die sogenannte Wiesn-Grippe ließ auch ohne Pandemie die Fälle an akuten Erkrankungen der Atemwege in und um München herum ansteigen, noch bevor die eigentliche Grippewelle in der Bundesrepublik losbrach. Dafür müssen Wiesn-Besucherinnen und -Besucher nicht unbedingt mit einem Bierbanknachbarn Händchen halten, der vorher vergessen hat, in die Armbeuge zu niesen. In den warmen, vollen und feuchten Zelten können sich Krankheitserreger bestens ausbreiten. Außerdem schwächen Alkoholkonsum und nassgeschwitzte Kleidung in kühlen Septembernächten das Immunsystem.
Besser ist es da, gleich draußen zu feiern. Viele Bierzelte bieten auch Plätze im Biergarten vor dem Zelt. Die Wolke aus Bier, Hendl und Corona kann sich dort schneller verflüchtigen. Dass sich eine Person draußen bei einer viele Tische entfernten Virenschleuder per Aerosol ansteckt, ist ziemlich unwahrscheinlich. Die größte Gefahr geht dort von einer möglichen Tröpfcheninfektion aus. Also wenn man beispielsweise länger mit einer ansteckenden Person spricht. Dafür kommen aber nur die Menschen in unmittelbarer Nähe infrage.
Dieses geringe Risiko gilt allerdings nur für einen einzelnen Besuch. Je häufiger man die Wiesn besucht, desto wahrscheinlicher sitzt man auch einmal mit einer ansteckenden Person zusammen am Tisch. Wer an jedem Tag zum Oktoberfest geht, 17 Tage am Stück, der sitzt zumindest an einem Tag relativ wahrscheinlich mit einer ansteckenden Person am Tisch. Statistisch gesehen liegt das Risiko dafür bei etwa 70 Prozent.
Fazit: Wer sein Corona-Risiko auf der Wiesn klein halten will, geht besser nach draußen – oder zumindest in ein kleineres Zelt. Je weniger Menschen einen umgeben, die einen potenziell anstecken können, desto sicherer ist es. Ist eigentlich ganz einfach.