Oktoberfest

Wie groß ist das Corona-Risiko auf der Wiesn?

Das Oktoberfest wird auch eine Party für das Coronavirus. Wie groß ist das Ansteckungsrisiko in welchem Festzelt? Eine Annäherung.

Oktoberfest

Wie groß ist das Corona-Risiko auf der Wiesn?

Das Oktoberfest wird auch eine Party für das Coronavirus. Wie groß ist das Ansteckungsrisiko in welchem Festzelt? Eine Annäherung.

15. September 2022 - 7 Min. Lesezeit

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Das Oktoberfest findet wieder statt, zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie. Für viele ist das ein Grund zur Freude, manche aber haben auch Bedenken, dass solche Menschenmassen wieder zu stark steigenden Infektionszahlen führen könnten. Immerhin ist die Wiesn das größte Volksfest der Welt, knapp 300 000 Besucherinnen und Besucher werden erwartet – jeden Tag. Wie wahrscheinlich ist es also, dass das Virus in den Festzelten und auf den Bierbänken mitfeiert?

Nehmen wir das Zelt der Fischer-Vroni. Es gehört zu den kleineren der großen Festzelte auf der Wiesn, etwa 3000 Menschen finden in diesem Zelt Platz. Wenn es dort 300 Tische gibt, können immer zehn Personen an einem Tisch sitzen.

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass unter den Feiernden auch einige sind, die gerade mit dem Coronavirus infiziert sind und andere anstecken können. Schließlich kommt ein ziemlich buntes, internationales Publikum zur Wiesn. Angenommen, 20 ansteckende Personen sind in dem Zelt, dann sitzt im Durchschnitt eine an jedem 15. Tisch.

Wer in diesem Szenario an jedem der 17 Wiesn-Tage zur Fischer-Vroni geht, sitzt statistisch gesehen an einem Tag also relativ wahrscheinlich auch mit einer ansteckenden Person am Tisch. Prostet man sich lauthals zu oder unterhält sich schreiend miteinander, ist die Gefahr relativ groß, dass man sich dabei durch die virenbeladenen Tröpfchen ansteckt, die beim Sprechen durch die Luft fliegen.

Nehmen wir das Zelt der Fischer-Vroni. Es gehört zu den kleineren der großen Festzelte auf der Wiesn, etwa 3000 Menschen finden in diesem Zelt Platz. Wenn es dort 300 Tische gibt, können immer zehn Personen an einem Tisch sitzen.

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass unter den Feiernden auch einige sind, die gerade mit dem Coronavirus infiziert sind und andere anstecken können. Schließlich kommt ein ziemlich buntes, internationales Publikum zur Wiesn. Angenommen, 20 ansteckende Personen sind in dem Zelt, dann sitzt im Durchschnitt eine an jedem 15. Tisch.

Wer in diesem Szenario an jedem der 17 Wiesn-Tage zur Fischer-Vroni geht, sitzt statistisch gesehen an einem Tag also relativ wahrscheinlich auch mit einer ansteckenden Person am Tisch. Prostet man sich lauthals zu oder unterhält sich schreiend miteinander, ist die Gefahr relativ groß, dass man sich dabei durch die virenbeladenen Tröpfchen ansteckt, die beim Sprechen durch die Luft fliegen.

Eine ansteckende Person an jedem 15. Tisch auf dem Oktoberfest ist ganz schön viel. Wie kommt diese Zahl zustande? Um das zu berechnen, braucht man ein paar Zahlen zur aktuellen Corona-Lage.

Das Oktoberfest ist ein Volksfest. Dort tummelt sich ein bunter Querschnitt der Bevölkerung. Wir nehmen deshalb an, dass auf der Wiesn genauso viele Infizierte herumlaufen wie in der Gesamtbevölkerung.

Die Inzidenz liegt in Deutschland laut Robert-Koch-Institut gerade bei etwa 200. Von 100 000 zufällig ausgewählten Wiesn-Gängerinnen und -Gängern werden sich im Schnitt 200 binnen sieben Tagen neu infizieren. Pro Tag sind das etwa 30 Neuinfizierte.

Nun ist es so, dass inzwischen viele Menschen keinen PCR-Test mehr machen und deshalb nicht in der Statistik auftauchen. Ansteckend sind sie trotzdem. Epidemiologinnen und Epidemiologen schätzen für die SZ, dass es aktuell etwa 4,5-mal mehr Corona-Fälle gibt als offiziell bekannt. Wenn unsere 100 000 Menschen ihrem normalen Leben nachgehen würden und gerade kein Oktoberfest wäre, würden sich bei einer offiziellen Inzidenz von 200 täglich also 135 von ihnen infizieren.

Wer sich mit Corona infiziert, ist im Schnitt an fünf Tagen besonders ansteckend. Es gibt also 675 Menschen, die gleichzeitig ansteckend sind.

675 von unseren 100 000 Wiesn-Junkies sind also ansteckend. Das ist ungefähr jede 150. Person. Oder um die Masskrüge offen auf den Tisch zu stellen: Wenn sie sich jeweils zu zehnt auf die Biertischgarnituren aufteilen, säße statistisch gesehen an jedem 15. Tisch ein ansteckender Mensch. Für jeden Tisch liegt die Wahrscheinlichkeit also bei gut sechs Prozent, dass eine ansteckende Person daran sitzt.

Das Oktoberfest ist ein Volksfest. Dort tummelt sich ein bunter Querschnitt der Bevölkerung. Wir nehmen deshalb an, dass auf der Wiesn genauso viele Infizierte herumlaufen wie in der Gesamtbevölkerung.

Die Inzidenz liegt in Deutschland laut Robert-Koch-Institut gerade bei etwa 200. Von 100 000 zufällig ausgewählten Wiesn-Gängerinnen und -Gängern werden sich im Schnitt 200 binnen sieben Tagen neu infizieren. Pro Tag sind das etwa 30 Neuinfizierte.

Nun ist es so, dass inzwischen viele Menschen keinen PCR-Test mehr machen und deshalb nicht in der Statistik auftauchen. Ansteckend sind sie trotzdem. Epidemiologinnen und Epidemiologen schätzen für die SZ, dass es aktuell etwa 4,5-mal mehr Corona-Fälle gibt als offiziell bekannt. Wenn unsere 100 000 Menschen ihrem normalen Leben nachgehen würden und gerade kein Oktoberfest wäre, würden sich bei einer offiziellen Inzidenz von 200 täglich also 135 von ihnen infizieren.

Wer sich mit Corona infiziert, ist im Schnitt an fünf Tagen besonders ansteckend. Es gibt also 675 Menschen, die gleichzeitig ansteckend sind.

675 von unseren 100 000 Wiesn-Junkies sind also ansteckend. Das ist ungefähr jede 150. Person. Oder um die Masskrüge offen auf den Tisch zu stellen: Wenn sie sich jeweils zu zehnt auf die Biertischgarnituren aufteilen, säße statistisch gesehen an jedem 15. Tisch ein ansteckender Mensch. Für jeden Tisch liegt die Wahrscheinlichkeit also bei gut sechs Prozent, dass eine ansteckende Person daran sitzt.

Diese Annahmen gelten natürlich nicht nur für ein Zelt, sondern für das gesamte Oktoberfest. 2019 besuchten mehr als sechs Millionen Menschen die Wiesn, täglich durchschnittlich 375 000 Besucherinnen und Besucher. Wenn es dieses Jahr wieder so viele werden, dürften jeden Tag mehr als 2500 ansteckende Personen auf der Wiesn unterwegs sein. Aber: So vielen Menschen kann man gar nicht über den Weg laufen. Selbst wenn man sich ins dichte Gedränge stürzt und etliche Fahrgeschäfte besucht, bleibt das Infektionsrisiko zwar sehr unberechenbar, aber vergleichsweise gering. Viel besser lässt sich die Lage in den Festzelten einschätzen.

Das Risiko hängt also vor allem davon ab, wie man das Oktoberfest feiert und wo man seine Masskrüge stemmen möchte. Mit mehr potenziellen Virenträgerinnen und -trägern im dicht gedrängten großen Festzelt? Oder lieber an der Biertischgarnitur draußen im Biergarten?

Eine Ansteckung hat aber auch ganz viel mit Zufall zu tun. Die Wahrscheinlichkeiten in diesem Text können nur durchschnittliche Werte angeben. Man kann sowohl ein großer Glückspilz sein und im Festzelt ohne ansteckende Menschen sitzen als auch ein Pechvogel und direkt von einer ansteckenden Person angehustet werden.

Die winzigen Speicheltröpfchen, die durch lautes „Ein Prosiiit …“-Singen, Schreien und eben Husten freigesetzt werden, können das Virus an die Tischnachbarn übertragen. Dieses Risiko besteht nur an etwa jedem 15. Tisch. Doch eine Tröpfcheninfektion bleibt nicht das einzige Risiko.

Ohne Corona-Risiko ist ein Wiesnbesuch auch dann nicht, wenn man einen der 14 Tische ohne ansteckende Person erwischt. Da sich das Coronavirus auch über die Luft überträgt, kann man sich auch bei einer Person an einem anderen Tisch anstecken.

Hinzu kommt: Wer einmal einen kostbaren Platz ergattert hat, gibt ihn im Normalfall so schnell nicht wieder her, und die zwei Mass Bier und das halbe Hendl Mindestverzehr müssen erst einmal verspeist werden. Je länger eine ansteckende Person im Zelt bleibt, desto mehr Aerosole, die die Krankheitserreger enthalten, stößt diese aus. Je mehr Aerosole ausgestoßen werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich weiträumig im Zelt ausbreiten.

Wegen der Aerosole ist es riskanter, in ein großes Festzelt zu gehen. Dort halten sich nämlich wahrscheinlich mehr ansteckende Menschen auf, die ihre Viren ausatmen. Wer sein Glück auf die Probe stellen möchte, geht ins Hacker-Festzelt, eines der größten auf der Wiesn. Etwa 7000 Menschen finden unter dem „Himmel der Bayern” Platz. Darunter dürften sich etwa 47 ansteckende Personen befinden. Wenn sich alle Menschen gleichmäßig auf 700 Tische aufteilen, sitzt hier wie auch bei Fischer-Vroni an jedem 15. Tisch eine ansteckende Person.

Nur sind es hier gleich mehr als doppelt so viele Menschen, die ihre Corona-Aerosole in den Zelthimmel grölen.

Die winzigen Speicheltröpfchen, die durch lautes „Ein Prosiiit …“-Singen, Schreien und eben Husten freigesetzt werden, können das Virus an die Tischnachbarn übertragen. Dieses Risiko besteht nur an etwa jedem 15. Tisch. Doch eine Tröpfcheninfektion bleibt nicht das einzige Risiko.

Ohne Corona-Risiko ist ein Wiesnbesuch auch dann nicht, wenn man einen der 14 Tische ohne ansteckende Person erwischt. Da sich das Coronavirus auch über die Luft überträgt, kann man sich auch bei einer Person an einem anderen Tisch anstecken.

Hinzu kommt: Wer einmal einen kostbaren Platz ergattert hat, gibt ihn im Normalfall so schnell nicht wieder her, und die zwei Mass Bier und das halbe Hendl Mindestverzehr müssen erst einmal verspeist werden. Je länger eine ansteckende Person im Zelt bleibt, desto mehr Aerosole, die die Krankheitserreger enthalten, stößt diese aus. Je mehr Aerosole ausgestoßen werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich weiträumig im Zelt ausbreiten.

Wegen der Aerosole ist es riskanter, in ein großes Festzelt zu gehen. Dort halten sich nämlich wahrscheinlich mehr ansteckende Menschen auf, die ihre Viren ausatmen. Wer sein Glück auf die Probe stellen möchte, geht ins Hacker-Festzelt, eines der größten auf der Wiesn. Etwa 7000 Menschen finden unter dem „Himmel der Bayern” Platz. Darunter dürften sich etwa 47 ansteckende Personen befinden. Wenn sich alle Menschen gleichmäßig auf 700 Tische aufteilen, sitzt hier wie auch bei Fischer-Vroni an jedem 15. Tisch eine ansteckende Person.

Nur sind es hier gleich mehr als doppelt so viele Menschen, die ihre Corona-Aerosole in den Zelthimmel grölen.

Aber es gibt ja auch Alternativen, zum Beispiel die deutlich kleineren Festzelte. In der Münchner Stubn finden etwa 400 Leute Platz. Das Zelt ist so klein, dass es sogar eine kleine rechnerische Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass das Virus dort nicht mitfeiert, zumindest nicht an jedem Tag. Wenn eine Person an zehn Tagen die Münchner Stubn besucht, wäre durchschnittlich immerhin an einem Tag keine ansteckende Person dabei.

Hört sich immer noch zu riskant an, der Wiesn-Besuch soll aber auf gar keinen Fall ausfallen? Es gibt noch eine bessere Möglichkeit, das Corona-Risiko zu senken (und diese Möglichkeit ist nicht zu Hause zu bleiben).

Wie wahrscheinlich es ist, dass sich eine zufällig ausgewählte Person ansteckt, ist schwer zu beziffern. Im Festzelt jedenfalls gibt es einige Risikofaktoren. Das Coronavirus kann in Form von Aerosolen über die Luft übertragen werden. Je lauter die ansteckenden Menschen sprechen oder singen, desto mehr Aerosole geben sie ab. Und ein leises Volksfest gibt es nicht. Das Ansteckungsrisiko ist aber auch vom eigenen Immunitätslevel, etwa durch eine nicht allzu lang zurückliegende Impfung oder eine kürzlich durchgemachte Infektion, und der Belüftung in den Festzelten abhängig. Und von einer großen Portion Zufall.

Dass man nach der Wiesn krank werden kann, wissen die Besucherinnen und Besucher auch schon aus der Zeit vor Corona: Die sogenannte Wiesn-Grippe ließ auch ohne Pandemie die Fälle an akuten Erkrankungen der Atemwege in und um München herum ansteigen, noch bevor die eigentliche Grippewelle in der Bundesrepublik losbrach. Dafür müssen Wiesn-Besucherinnen und -Besucher nicht unbedingt mit einem Bierbanknachbarn Händchen halten, der vorher vergessen hat, in die Armbeuge zu niesen. In den warmen, vollen und feuchten Zelten können sich Krankheitserreger bestens ausbreiten. Außerdem schwächen Alkoholkonsum und nassgeschwitzte Kleidung in kühlen Septembernächten das Immunsystem.

Besser ist es da, gleich draußen zu feiern. Viele Bierzelte bieten auch Plätze im Biergarten vor dem Zelt. Die Wolke aus Bier, Hendl und Corona kann sich dort schneller verflüchtigen. Dass sich eine Person draußen bei einer viele Tische entfernten Virenschleuder per Aerosol ansteckt, ist ziemlich unwahrscheinlich. Die größte Gefahr geht dort von einer möglichen Tröpfcheninfektion aus. Also wenn man beispielsweise länger mit einer ansteckenden Person spricht. Dafür kommen aber nur die Menschen in unmittelbarer Nähe infrage.

Deshalb ist das Ansteckungsrisiko draußen viel geringer als im Zelt. Zwar feiern auch draußen durchschnittlich genauso viele ansteckende Menschen wie drinnen. Sobald man im Biergarten weit genug von ihnen entfernt sitzt, ist das aber relativ egal. Drinnen wie draußen sitzt an jedem 15. Tisch mit jeweils zehn Feiernden eine ansteckende Person. Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von etwas mehr als sechs Prozent.

Deshalb ist das Ansteckungsrisiko draußen viel geringer als im Zelt. Zwar feiern auch draußen durchschnittlich genauso viele ansteckende Menschen wie drinnen. Sobald man im Biergarten weit genug von ihnen entfernt sitzt, ist das aber relativ egal. Drinnen wie draußen sitzt an jedem 15. Tisch mit jeweils zehn Feiernden eine ansteckende Person. Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von etwas mehr als sechs Prozent.

Dieses geringe Risiko gilt allerdings nur für einen einzelnen Besuch. Je häufiger man die Wiesn besucht, desto wahrscheinlicher sitzt man auch einmal mit einer ansteckenden Person zusammen am Tisch. Wer an jedem Tag zum Oktoberfest geht, 17 Tage am Stück, der sitzt zumindest an einem Tag relativ wahrscheinlich mit einer ansteckenden Person am Tisch. Statistisch gesehen liegt das Risiko dafür bei etwa 70 Prozent.

Fazit: Wer sein Corona-Risiko auf der Wiesn klein halten will, geht besser nach draußen – oder zumindest in ein kleineres Zelt. Je weniger Menschen einen umgeben, die einen potenziell anstecken können, desto sicherer ist es. Ist eigentlich ganz einfach.

Team
Text Sophie Menner, Sören Müller-Hansen
Infografik Julia Schubert
Digitales Design Dominik Wierl
Redaktion Thomas Gröbner, Hanno Charisius
Schlussredaktion Florian Kaindl