Süddeutsche Zeitung

Regierungskonsultationen:Deutsch-französischer Gipfel wird verschoben

Lesezeit: 2 min

Offiziell treffen sich Kanzler Scholz, Präsident Macron und ihre Minister wegen "logistischer Probleme" erst im Januar. Doch die Verstimmung zwischen Berlin und Paris ist groß.

Von Paul-Anton Krüger und Nicolas Richter, Berlin

Die für kommende Woche geplanten deutsch-französischen Regierungskonsultationen werden verschoben. Das hat Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin bestätigt. Hintergrund seien logistische Probleme, hieß es. Dem Vernehmen nach sind vier deutsche Minister an dem für kommenden Mittwoch geplanten Termin in Fontainebleau verhindert; Hebestreit sprach von Parallelterminen. Der Ministerrat solle im Januar nachgeholt werden, kündigte er an.

Als Grund für die Verschiebung nannte Hebestreit aber auch anhaltenden Abstimmungsbedarf in "bilateralen Fragen". Näher ging er darauf nicht ein. Für den bevorstehenden EU-Gipfel in Brüssel sei ein Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron fest vereinbart worden, versicherte Hebestreit. Zudem gebe es Überlegungen, dass Scholz am Mittwoch kommender Woche ohne Minister zu einem weiteren Treffen mit Macron nach Paris reist.

Mehr Zeit für Abstimmung sei vor allem bei Fragen in den Bereichen Verteidigung und Energie notwendig. Scholz und Macron hätten sich deswegen für eine Verschiebung entschieden, hieß es in Regierungskreisen in Berlin und Paris. Die Verhandlungen seien schwierig, das sei aber oft vor derartigen Treffen der Fall. Das Internet-Magazin Politico spekulierte, Frankreich habe Druck für eine Einigung machen wollen - in Paris waren Gerüchte über eine mögliche Absage bereits seit mehreren Tagen im Umlauf.

Macron war bereits nach dem Treffen mit Scholz am 3. Oktober enttäuscht

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, es gebe Unstimmigkeiten darüber, wie weitreichend die Verabredungen bei dem Treffen ausfallen sollten. Macron habe sich für ambitionierte Ziele ausgesprochen, Scholz sei zurückhaltender. Macron sei bereits nach seinem Treffen mit Scholz im Kanzleramt am 3. Oktober enttäuscht gewesen über die mangelnde Intensität der Zusammenarbeit.

Während Scholz und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez bei den deutsch-spanischen Regierungskonsultationen in A Coruña einen umfangreichen bilateralen Aktionsplan verabschiedet hatten, habe Berlin Ähnliches mit Frankreich dieses Mal nicht geplant. In Paris habe das Misstrauen geweckt, hieß es. Man habe zudem aufmerksam registriert, dass Scholz in seiner Rede zur Europapolitik in Prag die deutsch-französische Zusammenarbeit quasi nicht erwähnt habe. Irritiert war man in Paris zudem, dass man als engster Partner vom Kanzleramt nicht wie früher vorab von dem 200-Milliarden-Euro-Hilfspaket in der Energiekrise informiert worden sei.

Streit gibt es über den von Spanien und Deutschland vorangetriebenen Bau einer Gaspipeline über die Pyrenäen, die Macron bislang abgelehnt hat. Auch mehren sich in Berlin Zweifel an der Zukunft des gemeinsam mit Frankreich geplanten Projekts zum Bau eines Kampfflugzeugs der sechsten Generation, an dem auch Spanien beteiligt ist. Macron hatte das FCAS genannte Vorhaben mit der früheren Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen Widerstände in der Industrie vorangetrieben. Die beteiligten Unternehmen streiten unter anderem über die Nutzungsrechte für Patente.

Scholz und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatten jüngst zu erkennen gegeben, dass sie bereit sind, Frankreich bei den Regeln für den Export von Waffensystemen aus Gemeinschaftsproduktion entgegenzukommen. Das federführende Bundeswirtschaftsministerium unter dem Grünen-Minister Robert Habeck hatte dagegen vergangene Woche Eckpunkte für deutlich restriktivere Regeln für Rüstungsexporte vorgelegt, die allerdings in der Bundesregierung noch nicht abgestimmt sind.

In Berlin gab es Kritik aus der Opposition. "Die Ampel agiert in Fragen von Rüstungskooperation und -export sowie Energiepartnerschaft zögerlich, nicht mit den französischen Freunden abgestimmt und ohne europapolitische Weitsicht", erklärte der europapolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Alexander Radwan. Die Verschiebung der Regierungskonsultationen stehe "exemplarisch für das angespannte Verhältnis mit Paris und sorgt für weiteren Vertrauensverlust bei unseren Partnern", so der CSU-Politiker.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5677928
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.