Süddeutsche Zeitung

Demonstrationen in Köln:Kölner Polizei löst Pegida-Demo auf

Lesezeit: 3 min

Von Varinia Bernau, Köln, und Antonie Rietzschel

Demonstrationen von Pegida und Pro NRW in Köln

Immer wieder knallen Böller. Manchmal direkt vor den Füßen von Polizisten. Weit sind die ungefähr 1300 Anhänger von Pegida NRW nicht gekommen. Eigentlich wollten sie Richtung Innenstadt ziehen. Doch die Polizei hat die Demonstration nach wenigen hundert Metern gestoppt weil immer wieder Feuerwerkskörper gezündet wurden und Glasflaschen flogen. Aus Lautsprechern tönt immer wieder die Aufforderung, dies zu unterlassen. Die Polizei setzt vereinzelt Pfefferspray gegen Demonstranten ein, zwei Wasserwerfer gehen in Stellung. Schließlich entscheidet die Polizei, die Versammlung aufzulösen. Die Beamten rücken langsam vor und drängen die Demonstranten zum Bahnhof zurück, ein Wasserwerfer kommt zum Einsatz. "Ihr asoziales Verhalten ist nicht länger tolerierbar", so die Lautsprecherdurchsage.

Am Nachmittag hatten sich Anhänger von Pegida auf dem Breslauer Platz zu einer Kundgebung versammelt, gleich neben dem Bahnhof, wo es in der Silvesternacht zu den sexuellen Belästigungen gekommen war. Einige trugen Glatze und Bomberjacken. Auch Mitglieder von "Hooligans gegen Salafisten" waren zu sehen, bullige Kerle mit schwarzer Flagge.

Andere waren unauffälliger. Dafür reckten sie Pappschilder in die Höhe, die verrieten, warum sie gekommen sind: "Kriminelle Ausländer abschieben", "Tagesschau abschalten, Courage anschalten". Gehetzt wurde auch gegen die Bundeskanzlerin: "Merkel muss weg, Merkel musd weg", "D. hat Kriege, Pest, Cholera überlebt - aber Merkel...?", hieß es auf einem Plakat. Die rechtsextreme Partei Pro Köln hatte für die Veranstaltung geworben, genauso wie die NPD und Die Rechte.

Ein Bündnis aus Parteien und zivilgesellschaftlichen Gruppen rief zu Gegenprotesten auf. Vor dem Dom versammelten sich Hunderte Menschen zu einem Flashmob und sangen gegen Sexismus und Rassismus an:

Zur offiziellen Gegendemonstration "Pegida NRW stoppen! Nein zu rassistischer Hetze! Nein zu sexueller Gewalt!" versammelten sich ebenfalls ungefähr 1300 Menschen.

Belastungsprobe für die Polizei

Die Kölner Polizei ist mit 1700 Beamten vor Ort. Deren Vorgehen wird an diesem Tag unter besonderer Beobachtung stehen. In den vergangenen Tagen geriet die Polizei-Führung wegen der Einsatzplanung und der Kommunikationsstrategie nach den Übergriffen am Hauptbahnhof unter massive Kritik (mehr dazu hier). So soll teilweise der Migrationshintergrund von Tatverdächtigen bewusst verschwiegen worden sein.

Angesichts der massiven Vorwürfe versetzte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger Polizeichef Wolfgang Albers in den vorzeitigen Ruhestand ( ein Kommentar). Zur Begründung sagte er, es gehe darum, "das Vertrauen der Öffentlichkeit und die Handlungsfähigkeit der Kölner Polizei zurückzugewinnen".

Polizeipräsident weg - jetzt hagelt es Kritik gegen den Innenminister

Dem Vorsitzenden der NRW-CDU, Armin Laschet, geht dieser Schritt jedoch nicht weit genug. Damit seien die Probleme der inneren Sicherheit in Köln "nicht gelöst", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger und übt heftige Kritik an Innenminister Ralf Jäger (SPD). "Das Schönreden und Banalisieren von Straftaten ist das Grundproblem von Innenminister Jäger", sagte Laschet. "Rechtsfreie Räume wie am Silvestertag in Köln gibt es auch an anderen Orten des Landes."

Gegenüber der Passauer Neuen Presse charakterisierte Laschet den Politikstil von Jäger als "vertuschen, schönreden, wegducken". Es dürfe "kein Klima der Angst geben", sagte der CDU-Politiker. Es dürfe auch nicht sein, dass sich Frauen "aufgrund der Angst vor sexuellen Übergriffen nun nicht mehr in die Bahnhöfe unseres Landes trauen".

In Köln war es in der Silvesternacht rund um den Hauptbahnhof aus einer großen Menschengruppe heraus zu sexuellen Übergriffen auf Frauen und anderen Straftaten gekommen, dem Anschein nach vorwiegend durch Männer aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum (wie es Köln nach den Übergriffen geht - eine Reportage).

Was die CDU plant

Kanzlerin Angela Merkel hält nach den Kölner Angriffen auf Frauen schärfere Gesetze für notwendig. "Das, was in der Silvesternacht passiert ist, das sind widerwärtige kriminelle Taten, die auch nach entschiedenen Antworten verlangen", sagte die CDU-Chefin nach einer zweitägigen Klausur der Parteispitze in Mainz. Änderungen seien "im Interesse der Bürger, aber genauso im Interesse der großen Mehrheit der Flüchtlinge".

Auf der Klausurtagung beschloss die CDU-Spitze die "Mainzer Erklärung", die unter anderem um ein härteres Vorgehen gegen kriminelle Ausländer fordert. Darin enthalten:

  • Einführung der "Schleierfahndung", also verdachtsunabhängige Personenkontrollen.
  • Verstärkter Einsatz von Videokameras an Brennpunkten
  • Asylberechtigte, Flüchtlinge und Asylbewerber sollen bereits dann von einer Aufenthaltsberechtigung ausgeschlossen werden, wenn sie "rechtskräftig wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe auch unter Bewährung verurteilt wurden, um so insbesondere auch Serienstraftäter erfassen zu können". Zunächst hatte die Parteispitze die Asylberechtigung nur für diejenigen entziehen wollen, die zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt wurden. Eine Bewährung ist ab zwei Jahren Gefängnis ausgeschlossen, darunter liegt die Entscheidung im Ermessen des Gerichts.
  • Die Parteispitze fordert vor dem Hintergrund der Sorgen in der Bevölkerung eine Begrenzung der Zahl neuer Flüchtlinge. In der Erklärung wurde demnach der Satz ergänzt: "Denn ein Andauern des aktuellen Zuzugs würde Staat und Gesellschaft, auch in einem Land wie Deutschland, auch auf Dauer überfordern."

Auch das Thema Integration spielte laut Merkel während der Tagung eine große Rolle. Die Bundeskanzlerin stellte klar, dass die nicht nur von Seiten der Politik gesteuert werden könne: "Wir erwarten von den Flüchtlingen Willen zur Integration". Trotzdem Merkel damit von ihrem "Wir schaffen das"-Optimismus leicht abrückt, ist die Stimmung in der Basis "unterirdisch".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2811316
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/anri
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.