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Bund-Länder-Beschlüsse:Druck auf Ungeimpfte wächst

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Bund und Länder einigen sich auf neue Regeln für Ungeimpfte: Diese müssen Corona-Tests von 11. Oktober an selbst bezahlen. Und die Testpflicht wird ausgeweitet.

Von Boris Herrmann, Berlin, und Anna Ernst, München/Berlin

Im Kampf gegen eine vierte Pandemiewelle erhöhen Bund und Länder den Druck auf Ungeimpfte. Wer sich nicht impfen lässt, muss sich von Oktober an auf eine verstärkte Testpflicht einstellen, um etwa Zugang zu Krankenhäusern, Sport- und Kulturveranstaltungen oder Hotels und Gaststätten zu erhalten. Außerdem wird das flächendeckende Angebot von kostenlosen Corona-Tests zum 11. Oktober abgeschafft. Das beschlossen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder am Dienstag in ihrer Video-Schaltkonferenz. Für Personen, die nicht geimpft werden können, etwa Schwangere und Kinder, soll es aber weiterhin die Möglichkeit zum kostenlosen Schnelltest geben.

Merkel sagte in der anschließenden Pressekonferenz: "Wir müssen dafür werben, dass geimpft wird." Deutschland liege bei der Impfquote im europäischen Vergleich inzwischen nicht mehr an der Spitze. Derzeit sind 55,1 Prozent der Deutschen vollständig geimpft. "Es wäre schon sehr, sehr gut, wir kämen deutlich über 70 Prozent", sagte die Kanzlerin. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, die Gruppe der Ungeimpften sei ohne Zweifel zu groß, "das ist schon bitter".

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte vor einer "Pandemie der Ungeimpften". Er sagte: "Wer sich nicht impfen lässt, trägt auch die Verantwortung." Der Steuerzahler könne nicht auf Dauer Unmengen an Tests bezahlen, der Staat könne vollständig Geimpften aber auch nicht länger die Grundrechte vorenthalten. Gleichzeitig versprach Söder: "Einen Lockdown wird es so nicht mehr geben, auf keinen Fall für Zweitgeimpfte." Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet hatte bereits am Dienstagmorgen im Landtag in Düsseldorf einen weiteren Lockdown ausgeschlossen: "Wir wollen, müssen und werden einen neuen Lockdown verhindern", sagte er.

Um einen weiteren Anstieg der Infektionszahlen zu vermeiden, wird im Sinne der 3-G-Regel (Zutritt nur für geimpfte, genesene oder getestete Personen) ab 23. August der Zugang zu Veranstaltungen in Innenräumen begrenzt. Für Gottesdienste werde die 3-G-Regel explizit nicht gelten, sagte Armin Laschet. Ein Gottesdienst sei etwas anderes als ein Diskobesuch, es gehe um das Grundrecht der Religionsausübung. Die Länder können die Regel aber ganz oder teilweise aussetzen, solange die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis stabil unter 35 liegt. Gleichzeitig sollen die politischen Entscheidungen künftig nach neuen Vorgaben getroffen werden. Bislang galt die Sieben-Tage-Inzidenz stets als maßgeblicher Richtwert für die Verschärfung von Maßnahmen. Bund und Länder wollen sich nun teilweise davon lösen und neben der Inzidenz auch andere Werte stärker betrachten: darunter die Impfquote, die Zahl der schweren Krankheitsverläufe und die Auslastung der Kliniken.

Die Bund-Länder-Runde sprach sich auch für eine Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite über den 11. September 2021 hinaus aus. Diese muss aber vom Bundestag beschlossen werden.

Zur Bewältigung der Flutkatastrophe einigten sich die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten auf einen nationalen Hilfsfonds in Höhe von 30 Milliarden Euro. Er soll bei einer Sondersitzung des Bundestags am 25. August beschlossen werden.

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