Süddeutsche Zeitung

Maas zu Besuch in Dachau:"Wir müssen alle mehr den Mund aufmachen"

Lesezeit: 2 min

Von Viktoria Großmann

Die Demokraten müssen lauter werden. Die Zivilgesellschaft ist jetzt am Zug. Das sagt Außenminister Heiko Maas in Dachau. "Es ist die Aufgabe aller, gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu kämpfen." Nicht die Politik allein und auch nicht mehr Geld für Programme gegen Rechtsextremismus könnten das Problem lösen. "Wir müssen alle mehr den Mund aufmachen."

Der SPD-Politiker ist an diesem Wochenende in Bayern unterwegs, um seinen Genossen im Landtagswahlkampf zu helfen. Zwischen einem Auftritt am Samstagvormittag in Regensburg, einem Besuch auf dem verregneten Isarinselfest in München und einer Gesprächsrunde am Abend mit Spitzenkandidatin Natascha Kohnen in Wolfratshausen, hat sich Maas Zeit genommen für einen kurzen und eher privaten Besuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau. Dort äußert er sich auch zu den Geschehnissen in Sachsen.

"Die Neonazis und Rechtsextremen sind eine Minderheit", sagt Maas. "Sie sind nicht mehr geworden, aber viel lauter." Die Extremisten seien gut organisiert. Umso wichtiger sei es, dass "auch die Anständigen die Lautstärke erhöhen".

Maas' erster Auslandsbesuch galt Israel

Es ist keine zwei Wochen her, dass der Außenminister der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau einen Besuch abgestattet hatte. Die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten und den Holocaust sowie gute Beziehungen zu Israel liegen Maas am Herzen.

Schon beim Amtsantritt erklärte er, die Verbrechen der Deutschen in Auschwitz hätten ihn bewogen, in die Politik zu gehen. Sein erster Auslandsbesuch galt Israel. Auch nach dem nun über die Ursachen des in Sachsen so präsenten Rechtsextremismus diskutiert und über Lösungen nachgedacht wird, hält Maas es weiterhin nicht für eine gute Idee, Besuche in Gedenkstätten zur Pflicht zu machen.

"Mit einer Pflicht tue ich mich schwer", sagt er in Dachau. Bisher ist Bayern das einzige Bundesland, in denen für Jugendliche an Realschulen und Gymnasien der Besuch einer KZ-Gedenkstätte verpflichtend ist. Maas war demnach ganz freiwillig als Schüler schon das erste Mal zu Besuch in Dachau. Die Mittel für Programme zur Bekämpfung des Rechtsextremismus seien in den vergangenen Jahren verdreifacht worden.

Für die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz will sich Maas nicht eindeutig aussprechen: "Das wird wohl kommen. Aber auch das löst die Probleme nicht." Genauso seien leider nicht alle Aussagen, die ihm vielleicht nicht gefielen, justiziabel. "Es gibt eine harte Grenze der Meinungsfreiheit." Er habe als Justizminister versucht, Gesetze zu schaffen, um die sozialen Netzwerke stärker überwachen lassen zu können. "Dafür bin ich stark angegriffen worden."

Maas lobt die Menschen, die auch aus Bayern an diesem Samstag zu einer Kundgebung gegen Rechts nach Chemnitz gefahren sind, wo nach einer Messerstecherei mit Todesfolge am Wochenbeginn ein rechter Mob durch die Straßen gezogen war. "Nicht nur Politiker oder Schulen, wir alle sind in der Pflicht."

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