Süddeutsche Zeitung

Neuregelung:Söder will Altersgrenze für Bürgermeister aufheben - Chance für Reiter

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Auch Landräte wären von der Änderung betroffen. Sollte der bayerische Landtag den Plan des Ministerpräsidenten umsetzen, wäre der Weg frei für eine weitere Kandidatur von Münchens OB Reiter.

Von Heiner Effern, Andreas Glas und Anna Hoben

Im vergangenen Juli hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) verkündet, dass er "große Lust" verspüre, bei der nächsten Kommunalwahl noch einmal zu kandidieren. Gedankenspiele waren das damals. Nun könnten sie bald Realität werden. Am Mittwoch hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verkündet, dass er die Altersgrenze für Bürgermeister und Landräte in Bayern aufheben wolle. Bisher durften diese bei Amtsantritt noch nicht 67 Jahre alt sein. Der 1958 geborene Reiter würde diese Grenze nach der Kommunalwahl 2026 knapp überschreiten.

Sollte der bayerische Landtag Söders Plan umsetzen und die Aufhebung der Altersgrenze beschließen, würde das keine Rolle mehr spielen. Der Weg wäre dann frei für eine weitere mögliche Amtszeit Reiters. "Schön, dass der Ministerpräsident meiner Argumentation folgt und diesen unverständlichen Teil des Gesetzes aufheben will", erklärte Reiter.

In seiner Mitteilung bestätigte er sein grundsätzliches Interesse, noch eine Legislaturperiode dranzuhängen. In etwa zwei Jahren werde sich entscheiden, "ob mich meine Partei noch einmal aufstellt, wenn ja und wenn ich weiter fit bin, werde ich eine erneute Kandidatur natürlich mit meiner Familie besprechen" hieß es. Letztendlich würden dann die Münchnerinnen und Münchner darüber befinden, "wen sie in diesem Amt sehen wollen".

Auch CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl, der auch stellvertretender Vorsitzende der Münchner CSU ist, begrüßte Söders Vorstoß ausdrücklich. "Die Entscheidung ist absolut logisch. Überall sprechen wir von einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit, aber für Bürgermeister und Landräte gibt es eine Begrenzung", sagte er.

Katrin Habenschaden verweist auf "Energie und Gestaltungsfreude"

In der CSU hätten viele Amtsträger auf eine Abschaffung gedrängt, einen besonderen Bezug zu München sieht Pretzl nicht. Dass es nun bei der nächsten Oberbürgermeisterwahl für andere Kandidatinnen und Kandidaten schwieriger werden könnte, wenn Reiter mit seinem Amtsbonus wieder antreten sollte, ficht Pretzl nicht an. "Wer in München Oberbürgermeister werden will, muss jeden schlagen können."

Auch Pretzl selbst wird als möglicher Kandidat gehandelt, doch die Meinungsfindung in der CSU dürfte sich noch ziehen. Es dürfte intern weitere Interessenten geben. Bei den Grünen sind die Pläne schon konkreter. Die Partei rechnet fest damit, dass Bürgermeisterin Katrin Habenschaden ein zweites Mal antritt.

Habenschaden sagte, die Frage, ob sie 2026 kandidiere, habe "in keiner Sekunde meines Denkens etwas mit den Gegenkandidaten zu tun". Generell sei es richtig, die "Alterdiskriminierung" in solchen Ämtern abzuschaffen. Am Ende müssten die Wählerinnen und Wähler entscheiden, "ob ein Kandidat genug Energie und Gestaltungsfreude hat".

Sollte Dieter Reiter zum nicht ganz überraschenden Entschluss kommen, noch einmal anzutreten, wird seine SPD dieses Angebot mit offenen Armen annehmen. "Wir würden uns sehr freuen, wenn der weit über das sozialdemokratische Wählerpotenzial hochgeschätzte Oberbürgermeister wieder kandidieren würde", sagte der München SPD-Vorsitzende Christian Köning. Er warte gespannt, ob die CSU im Landtag Söders Ankündigung folgen werde und hofft auf ein positives Votum. "Bei der Eignung für ein politisches Amt darf das Alter kein Kriterium sein."

Mit seiner Ankündigung im Juli, noch einmal kandidieren zu wollen, hatte Reiter viele überrascht, auch in der Münchner SPD. Nach zwei Jahren, die geprägt waren von Krisenmanagement, wolle er versuchen, Dinge voranzubringen, hatte er damals gesagt. Seine Verlautbarung fiel in eine Zeit, in der eine mögliche SPD-Nachfolgerin sich langsam aber stetig warmzulaufen begann für eine Kandidatur: Bürgermeisterin Verena Dietl. Ihr dürfte die Entwicklung nicht gefallen.

Bei einer Pressekonferenz auf der Klausur der CSU-Landtagsfraktion im Kloster Banz sagte Ministerpräsident Söder am Mittwoch, die Altersgrenze sei einst "sicher aus gutem Grund" eingeführt worden. Wenn es aber nun in Deutschland heiße, dass die Menschen länger arbeiten sollten und "wenn in anderen Teilen der Welt Joe Biden Präsident sein kann", dann dürfe ein zu hohes Alter auch in der bayerischen Kommunalpolitik "kein Ausschlusskriterium" sein. "Wir sollten demokratische Prozesse nicht vorgeben durch starre Grenzen."

Söder betonte, dass es bei der geplanten Neuregelung nicht um München gehe: "Wir machen es nicht wegen einer Stadt." Dennoch spielte er in seinen Ausführungen auf die Landeshauptstadt an, mit der man "sehr gut" zusammenarbeite. Auf die Frage, bis wann die Aufhebung der Altersgrenze umgesetzt sein solle, sagte er: "Alles, was wir tun, erfolgt immer rechtzeitig."

Wie groß die Begeisterung darüber bei der Münchner CSU ist, blieb in Banz offen. Die prominentesten Münchner Landtagsabgeordneten um CSU-Stadtchef Georg Eisenreich zogen sich in Banz unmittelbar nach Söders Ankündigung in einen Besprechungsraum zurück. Krisensitzung? Überhaupt nicht, beteuert Georg Eisenreich hinterher. Man habe über die Liste für die Landtagswahl gesprochen, ein lange geplantes Gespräch. Die Altersgrenze zu kippen sei "in der Sache eine richtige Entscheidung", sagt der Justizminister und Münchner CSU-Chef.

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