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Schauspielerin Rachel Zegler im Porträt:Spieglein, Spieglein

Lesezeit: 3 min

Die Schauspielerin Rachel Zegler wurde von Steven Spielberg entdeckt und in Blitzgeschwindigkeit zum Hollywoodstar. Als Nächstes spielt sie Disneys Schneewittchen. Ein Porträt.

Von David Steinitz

Eine Schauspielkarriere von null auf Spielberg, das ist selbst im kuriosen Hollywood selten. Aber die Schauspielerin und Musikerin Rachel Zegler, 20, wurde genau so zu Hollywoods Nachwuchsstar des Jahres 2021. Spielberg wählte sie aus Hunderten Kandidatinnen für die weibliche Hauptrolle in seiner Neuverfilmung des Musicals "West Side Story" aus - ihr erster Film.

"Das Tolle an Spielberg ist", sagt Zegler in einem Videotelefonat aus Los Angeles, "dass eigentlich nur sein Name einschüchternd ist. Vor unserem ersten Treffen war ich irre nervös. Spielberg! Aber er ist der netteste Mensch, den man sich vorstellen kann."

Zegler war 18 und ging noch zur Schule, als ihr von einer Freundin ein Casting-Aufruf auf Twitter weitergeleitet wurde. "Sie schrieb noch dazu: Bedank dich bei mir, wenn du berühmt bist." Spielberg suchte für seinen Film Darsteller mit lateinamerikanischen Wurzeln. In "West Side Story", einer modernen Musical-Version von "Romeo und Julia" verlieben sich ein weißer Junge und ein puerto-ricanisches Mädchen ineinander, während sich auf den Straßen New Yorks ihre Freunde und Verwandten einen brutalen Bandenkrieg liefern. In vielen Bühneninszenierungen des Musicals sowie in der ersten Verfilmung aus dem Jahr 1961 wurden die Puertoricaner meist von Weißen gespielt. Das wollte Spielberg ändern. Rachel Zegler ist die Tochter eines Amerikaners und einer Kolumbianerin und passte ins Rollenprofil.

Der wichtigste Rat von Steven Spielberg? "Lies niemals die Kommentare im Internet."

Musicals mochte die junge Frau schon seit ihrer Kindheit, und da sie in New Jersey an der Ostküste aufwuchs, hatte sie "die besten Musical-Bühnen der Welt" auch gleich ums Eck in New York. Ihr Lieblingsfilm ist ebenfalls ein Musikfilm: "Inside Llewyn Davis" von den Coen-Brüdern.

Verbindungen zum Showgeschäft gab es weder in der Familie noch im Freundeskreis. Aber Zegler wollte schon als Teenager gern auf einer Bühne stehen. Mit 16 spielte sie die Hauptrolle in "West Side Story" bereits in einer Provinzaufführung. Parallel dazu betreibt sie seit Teenagertagen einen erfolgreichen Youtube-Kanal, in dem sie eigene Musikstücke und Coverversionen vorstellt. Ihr Cover von Lady Gagas Song "Shallow" (aus dem Musicalfilm "A Star Is Born"), den sie 2018 generationsüblich im heimischen Badezimmer vor der Dusche aufnahm, war ein kleiner Internethit mit mehr als drei Millionen Klicks.

Als für die neue Kinoversion der "West Side Story" also Darstellerinnen gesucht wurden, nahm sie ein Video auf, das sie als digitales Vorsprechen einschickte. Darin sang sie den "West Side Story"-Hitklassiker "I Feel Pretty". Sie selbst fand das Video eher peinlich. Steven Spielberg aber nicht. Nur bis wirklich alle Beteiligten überzeugt waren, diese große Rolle an ein komplettes Kino-Greenhorn zu geben, zog es sich doch noch ein Weilchen hin. "Es dauerte über ein Jahr und mehrere weitere Vorsprechen, bis ich die Rolle tatsächlich bekam."

Die Geschichte spielt im Original wie auch in dem neuen Film im Jahr 1957. Hat man als Frau, die im Jahr 2001 geboren wurde, denn irgendeine Verbindung zu dieser Zeit? Zegler sagt, dass sie "West Side Story" jetzt eigentlich noch aktueller findet, als das Musical damals gewesen sein muss. Denn sie ist zwar nicht in den Fünfzigern aufgewachsen - hat dafür aber ihre Teenagerjahre unter Donald Trump verbracht. "Wir haben in den letzten Jahren ja gesehen, was passiert, wenn ein Land in zwei Lager gespalten wird, und genau davon handelt dieses Musical."

Hollywoods Casting-Entscheidungen werden vom Twittergericht schärfstens beäugt

Die Dreharbeiten fanden im Sommer 2019 statt. Der Film hätte auch im vergangenen Jahr schon ins Kino kommen können, wurde aber wegen der Pandemie mehrmals verschoben. Seit 9. Dezember läuft er nun endlich, doch Zegler hat die Wartezeit schon genutzt. Sie hat die Superheldenkomödie "Shazam! Fury of the Gods" abgedreht, und als Nächstes erwartet sie ein Projekt von recht großer popkultureller Fallhöhe.

Die Walt Disney Company produziert schon seit Jahren Spielfilmremakes ihrer großen Trickfilmklassiker; "König der Löwen", "Die Schöne und das Biest", "Das Dschungelbuch" sind schon abgehakt - als Nächstes geht es an die ganz großen Kronjuwelen. Der Regisseur Marc Webb wurde für 2023 mit einer neuen Version des Disney-Überklassikers "Schneewittchen und die sieben Zwerge" von 1937 beauftragt. Das war der erste Langfilm des alten Walt Disney, ein zentraler Grundstein seines Kino-Imperiums. Und im Remake soll Rachel Zegler das Schneewittchen spielen. Das sei, vorsichtig gesagt, recht einschüchternd, sagt sie.

Große Casting-Entscheidungen in Hollywood werden heute vom Twittergericht schärfstens beäugt, bevor überhaupt auch nur eine Minute Film gedreht wurde. Und Ikonen der Popkultur wie das Disney-Schneewittchen sind ihren Fans meist gefährlich heilig, was einige von ihnen dann auch gern pöbelnd in den sozialen Netzwerken kundtun, wenn ihnen eine Neubesetzung nicht passt. Jeder Marvel-Schauspieler kann ein Lied davon singen. Löst so eine Rolle also nicht schon vor dem ersten Drehtag einen Riesenstress aus?

"In der Tat", sagt Zegler. Aber in dieser Hinsicht habe ihr Steven Spielberg bereits den besten Rat überhaupt gegeben, privat wie beruflich, für alle Lebenslagen: "Egal was du tust, lies niemals die Kommentare im Internet!"

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