Süddeutsche Zeitung

Politik:Söder und Wüst beschwören die Gemeinsamkeiten

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Beim Treffen der Ministerpräsidenten von Bayern und Nordrhein-Westfalen herrscht betont freundliche Stimmung - beide stehen vor Wahlen. Einen Feind in den eigenen Reihen kann da keiner brauchen.

Von Andreas Glas, München

Einen "Freund" nennt Markus Söder (CSU) seinen Gast aus Düsseldorf. Die Zusammenarbeit zwischen Bayern und Nordrhein-Westfalen bezeichnet er als "Pakt der Großen". Hendrik Wüst (CDU) gibt die Freundlichkeiten zurück. Eineinhalb Stunden hat er mit Söder in der Zirbelstube der Staatskanzlei gesprochen, vor allem über Energiepolitik. Sein Land werde "mit Bayern gemeinsam vorangehen", sagt Wüst danach.

Bayern und Nordrhein-Westfalen, im Wahljahr 2021 hieß das noch: Markus Söder gegen Armin Laschet. Nach dem Kanzlerkandidatenduell innerhalb der Union, bei dem Söder den Kürzeren zog, durfte die Republik monatelang zuschauen, wie die spitzen Wortpfeile mit ungefragten Wahlkampfratschlägen vom Süden in den Westen flogen und letztlich mithalfen, Laschet (CDU) die Kanzlerschaft zu verhageln. Nun also hagelt es Komplimente statt Pfeilen.

Wenn man so will, gehört dieser Montag in München zur Traumabewältigung der Union, die sich nach der verpatzten Bundestagswahl nach Erfolgserlebnissen sehnt. Im Mai 2022, bei der Wahl in NRW, wo Laschet-Nachfolger Wüst Ministerpräsident bleiben möchte. Und im Herbst 2023, bei Söders Schicksalswahl in Bayern. Dabei ist es nicht mal so, dass Wüst und Söder sich gegenseitig dringend brauchen, um ihre Wahlen zu gewinnen. Es ist eher so, dass beide wissen, was sie im Kampf gegen den politischen Gegner definitiv nicht brauchen können: einen Feind im eigenen Lager.

Söder und Wüst gehörten zur "Einstein-Connection"

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Söder und Wüst öffentlich verbrüdern. Beide gehörten zur "Einstein-Connection", die sich 2007 im Berliner Café Einstein formierte, gegen den Mitte-Kurs der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte und in einem Grundsatzpapier die Rückbesinnung der Union auf ihren konservativen Kern forderte. Weil Deutschland "nach links rückt, muss eine bürgerliche Alternative erkennbar sein", hieß es im Papier. Söder war CSU-Generalsekretär, Wüst hatte dasselbe Amt in der CDU Nordrhein-Westfalen. Eineinhalb Jahrzehnte danach sucht die Union wieder (oder immer noch) ihren konservativen Kern - und erneut präsentieren Söder und Wüst eine gemeinsame Forderung: einen "Energieplan" für Deutschland.

Der Plan beinhaltet eine Energiepreisbremse für Gas, Strom und Benzin. Auch eine Erhöhung der Pendlerpauschale, ein Ende der EEG-Umlage, die Senkung der Mehrwertsteuer für Erdgas und Fernwärme sowie ein höherer Heizkostenzuschuss gehören zu den Forderungen, die auch ein Versuch sind, sich gegen die Ampelkoalition in Berlin zu profilieren. "Eine warme Wohnung darf nicht zur neuen sozialen Frage werden", sagt Wüst.

Auch Söder wirft der Bundesregierung "soziale Kälte" vor und warnt davor, dass Betriebe wegen der hohen Energiepreise aus Deutschland abwandern könnten. Eine höhere Pendlerpauschale sehen Söder und Wüst als Maßnahme, um den ländlichen Raum zu stärken. Er habe "den Eindruck, dass in Berlin sehr stark auf die Großstädte geachtet wird, wir gucken auch auf die ländlichen Regionen", sagt Wüst.

"Die Strategie der Ampel" richte sich "gegen die ländlichen Räume", sagt Söder. Es brauche "neben ökologischem Patriotismus auch wirtschaftspolitische Vernunft" - eine Anspielung auf die Wortwahl des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne), der diesen "ökologischen Patriotismus" von Bayern eingefordert hatte, als er vor wenigen Wochen zu Besuch war in Söders Staatskanzlei.

Ob der bayerische Ministerpräsident ihm Tipps für den Wahlkampf gegeben habe, will Wüst "nicht verraten". Söder ist da nicht so geheimniskrämerisch - und gibt sich geläutert. "Wir verzichten gerne darauf, anderen Tipps zu geben", sagt er. "Das gibt nur Ärger."

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