Süddeutsche Zeitung

Die Lage bei Mini:Die Marke Mini fährt mit Karacho gegen die Wand

Lesezeit: 2 min

Es geschähe ihr recht, denn die vergangenen Jahre waren von Einfallslosigkeit und Entscheidungsschwäche geprägt. Minis einzige Chance liegt im Elektroantrieb.

Kommentar von Georg Kacher

Ein Mini Clubman aus der ersten Serie: Nicht perfekt, dieses Auto, aber charmant. Und klein genug für die Großstadt - ein Mini eben. Der neue Clubman dagegen ist komplett anders: zu groß, zu fett, zu prollig. Das gilt leider für die gesamte Streifenwagen-Palette, deren wilder Farbmix eher grauenhaft ist. Ganz zu schweigen von den mattschwarzen bis chromglänzenden Anbauteilen, den wilden Hutzen und Schlitzen, dem Spoilerkram und den Möchtegern-Ansauggittern.

Ja, der Mini III ist reifer geworden. Aber er ist dabei aus dem Leim gegangen. Der Mini als Maxi - damit führt sich die Marke ad absurdum. Sir Alec Issigonis, der legendäre Konstrukteur des Ur-Minis, würde sich angesichts der verquollenen Proportionen und der vielen schrillen Details wohl im Grabe umdrehen.

Peter Schwarzenbauer, der neben Mini auch Rolls-Royce und die Motorradsparte von BMW betreut, hatte vor geraumer Zeit mal fünf Superhelden versprochen, die die Marke Mini zu neuen Ufern führen sollen. Auf diese Autos wartet man noch heute. Der Fünftürer ist ein Dackel aus Blech, der Countryman ein Pseudogeländewagen für Vorstadt-Cowboys, der John Cooper Works eine Karikatur des einstigen Monte-Carlo-Siegers. Nicht einmal der seit Jahren diskutierte Kostensenkungs-Deal mit Toyota, der Mini einen technischen Neuanfang ermöglichen sollte, wurde umgesetzt.

Wenn das so weitergeht, fährt die Marke mit Karacho gegen die Wand. Und es geschähe ihr recht, denn Einfallslosigkeit und Entscheidungsschwäche gehören nun einmal bestraft. Dabei braucht es gar kein Wunder, um den Laden fit zu machen für eine bessere Zukunft. Man müsste sich nur trauen, die Marke von A bis Z zu elektrifizieren.

Ein elektrifizierter Mini würde die Städte erobern

VW hat es vorgemacht mit der modular aufgebauten ID-Familie. Mini sollte nachziehen, die Verbrenner verbannen, den Plug-in-Hybrid - wenn überhaupt - mit 100 Kilometer E-Reichweite aufpeppen und schließlich den E-Motor modellübergreifend zum Standard machen. Das hilft über den Flottenverbrauch übrigens auch der Kernmarke BMW. Die Erkenntnis, dass auf dem bestehenden Baukasten leider kein für Innenstädte maßgeschneiderter Mini-Mini darstellbar ist, wäre dann Makulatur. Denn genau das muss die neue Matrix können, in verschiedenen Variationen, mit skalierbarem Batteriepaket und unterschiedlich starken Motoren in einem günstigeren Auto als heute, dessen Antrieb nur aus 210 Teilen besteht statt aus 1400.

Ein solcher E-Mini braucht dann auch keine grellen Folierungen mehr für seine emissionsfreie Charmeoffensive. Mit einem solchen Auto würde die Marke die Innenstädte im Sturm erobern, gerne auch als Mietwagen, als Taxi sowie im Carsharing-Modell. Zu Anfang müsste man noch nicht einmal kabellos laden können, aber die Erbanlagen für teilautonomes Fahren und automatisches Einparken sollten schon mit an Bord sein. Ist nicht genau das der Stoff, aus dem wahre Superhelden geformt werden?

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3553823
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.06.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.