Man sieht die Bilder und denkt sich: Oh je, wieder nur so ein abgehobenes Show-Car ohne Bezug zur Realität. Viele werden sich das empfunden haben, als Volkswagen den I.D. im Oktober 2016 vorstellte. Doch inzwischen steht fest, dass der Konzern dieses Ding bauen wird, und zwar fast genauso, wie es die Studie vorwegnimmt.
Warum plötzlich so mutig? "Weil Elektromobilität gesetzt ist, und weil wir mit einem Volumenmodell von Anfang an mitmischen wollen", antwortet VW-Markenchef Herbert Diess. "Die Anlaufkosten sind über Stückzahlen und Skalierbarkeit in den Griff zu bekommen", verspricht zudem Christian Senger, Leiter der E-Baureihe. Und Entwicklungsvorstand Frank Welsch ergänzt: "Der I.D. beweist, dass ein Elektroauto kein Verzichtauto sein muss."
Die Probe aufs Exempel, eine kurze Testrunde in Portugal - fällt durchaus beeindruckend aus. Vorne viel Beinfreiheit im komplett barrierefreien Fußraum, hinten trotzdem genug Platz für eine entspannte Langstreckenfahrt. Man sitzt etwas höher auf einem formatfüllenden Akkupaket, ganz ohne störenden Getriebetunnel und den typischen Armaturentafel-Monolith. Das Interieur ist geräumig, minimalistisch und hell, die weichen Oberflächen fühlen sich gut an, die vier bequemen Sitze sind elektrisch verstellbar, und Schulter- sowie Kopffreiheit stellen selbst Großgewachsene vor keinerlei Probleme.
Erst auf den zweiten Blick offenbart sich die Innovation im Detail: Die Mittelkonsole mit dem später integrierten Touchpad lässt sich zentimetergenau der Armlänge des Fahrers anpassen, das Head-up-Display holt per "Augmented Reality" den Co-Piloten ins Cockpit, die vier ins Dach integrierten Laserscanner schaffen gemeinsam mit diversen Kameras und Sensoren den Grundstein für autonomes Fahren, das freilich frühestens im Jahr 2025 verfügbar sein dürfte. Blaue Lichtakzente tun kund, dass sich der I.D. im Selbstfahrmodus vorwärts bewegt.
Kommuniziert wird per Spracheingabe
Die äußere Form soll sich nur in Details von der Studie unterscheiden. Die mit großer Geste gegenläufig öffnenden Türen sind in der Golf-Klasse allerdings nicht bezahlbar, die fehlenden Ablagemöglichkeiten werden nachgereicht. Das versenkbare Lenkrad ist einer späteren Ausbaustufe vorbehalten, auch die beiden Bildschirme werden immer wieder dem Stand der Technik angepasst. Von oberster Instanz abgesegnet wurden die großen Räder, das markante LED-Licht vorne und hinten, die updatefähige Bordelektronik, die Null-Knopf-Bedienphilosophie sowie das Antriebsmodul des Elektro-Baukastens mit Unterflur-Batteriepaket und Heckmotor.
Wer hinter dem weißen Zweispeichen-Lenkrad Platz nimmt hat die einzige Kommandozentrale vor sich, wenn man einmal von der Klimaregulierung in den Türtafeln absieht. Kommuniziert wird primär per Spracheingabe und nur zur Not über die sechs Cursortasten in den Lenkradspeichen. Es gibt keine Knöpfe, Regler, Schalter. Um das autonome Fahrprogramm aufzurufen, wird später einmal ein kurzes Antippen des VW-Logos genügen. Selbst das Getriebe wird mit dem Zeigefinger über die Buchstabenkette P R N D im Lenkradkranz befehligt.