Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft kompakt:Erpressung mit der Gasflasche

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Das Werk einfach in die Luft jagen - damit drohen entlassene Arbeiter in Frankreich, um eine höhere Abfindung auszuhandeln. Manche mit Erfolg. Die Wirtschaft in Kürze.

Ob das Schule macht? Mit der Drohung, Produktionsgüter ihrer Firma in die Luft zu jagen, haben Arbeiter des Maschinenbauers JLG in Frankreich Entlassungsabfindungen durchgesetzt.

In der Nacht zum Freitag einigten sich Arbeitnehmervertreter mit der Geschäftsführung auf außerordentliche Prämien von 30.000 Euro für alle 53 Mitarbeiter, die ihren Job verlieren, wie der Betriebsrat verkündete. Die JLG-Beschäftigten hatten am Donnerstag Gasflaschen und mit Brennstoff besprühte Paletten vor fünf Hebebühnen platziert.

In dieser Woche nun kam es zu einer Serie von Spreng-Drohungen. Die Mitarbeiter von drei Firmen kündigten an, Gasflaschen in die Luft zu jagen, sollten sie nicht über die Sozialpläne hinaus Abfindungen erhalten. Die Belegschaft des Technikunternehmens Nortel erzwang am Mittwoch neue Verhandlungen.

Die Angestellten des insolventen Autozulieferers New Fabris setzten ein Ultimatum bis Ende des Monats. Der französische Autohersteller Renault will den mit der Sprengung ihres Werks drohenden Arbeitern des Zulieferers keine Abfindung zahlen.

Es sei nicht Pflicht des Kunden, sich an Abfindungen für dessen Beschäftigte zu beteiligen, sagte Renault-Sprecherin Gita Roux nach einem Treffen mit einer Delegation der Arbeiter.

Die entlassenen Mitarbeiter des Autozulieferers hatten eine Delegation von 200 Menschen zur Renault-Zentrale in Boulogne-Billancourt westlich von Paris entsandt. Sie fordern, dass der Autohersteller als Großkunde von New Fabris die Hälfte der verlangten Sonderabfindungen von insgesamt 30.000 Euro pro Mitarbeiter zahlt.

Verheugen für schrittweises Auslaufen von Abwrackprämien

Ein sanftes Ende des Geldregens: EU- Industriekommissar Günther Verheugen hat sich dafür ausgesprochen, Abwrackprämien in der EU schrittweise auslaufen zu lassen.

Es müsse Vorsorge getroffen werden, damit der Autoabsatz "nächstes Jahr nicht in ein tiefes Tal plumpst", sagte Verheugen dem Handelsblatt.

Die betroffenen EU-Mitgliedsstaaten sollten sich um eine "sanfte Landung" bemühen und dazu den Ausstieg aus der Prämie koordinieren. Hintergrund ist die Befürchtung, ein schlagartiges Ende der Prämie könne den Absatz von Neufahrzeugen dramatisch einbrechen lassen.

Verheugen verwies auf französische Überlegungen, die Prämie schrittweise zu senken. Paris überlegt derzeit, die Prämie in den ersten sechs Monaten des kommenden Jahres auf 700 bis 800 Euro und dann auf 400 Euro senken. Der Höchstsatz liegt derzeit bei 1000 Euro.

Google steigert den Gewinn um 20 Prozent

Goolge schwimmt weiter auf der Erfolgswelle: Das Internet-Unternehmen hat den Gewinn im zweiten Quartal trotz nur gering gestiegener Umsätze um knapp 20 Prozent gesteigert.

Der Gewinn stieg von 1,25 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum auf 1,48 Milliarden Dollar oder 4,66 Dollar pro Aktie. Das entsprach einer Steigerung von 19 Prozent, wie das Unternehmen mitteilte. Damit übertraf der Internet-Gigant die Erwartungen der Analysten.

Doch die Rezession hinterlässt auch in Googles Bilanzen Spuren: Der Umsatz ist im zweiten Quartal nur um drei Prozent auf 5,52 Milliarden Dollar gestiegen. Das war der geringste Anstieg seit dem Börsengang des Internet-Giganten vor fünf Jahren.

Bis zu diesem Jahr hatte Google noch nie ein einstelliges Wachstum vermelden müssen. Die meisten Umsätze erzielt der Suchmaschinenanbieter mit der Vermarktung von Online-Werbung. Google ist dank seiner dominanten Marktposition das profitabelste Internet-Unternehmen.

Das Unternehmen mit Sitz in Mountain View reduzierte im abgelaufenen Quartal die Personalkosten so deutlich wie noch nie seit der Gründung durch Larry Page und Sergey Brin vor elf Jahren. Zum Quartalsende beschäftigte Google noch 19.786 Mitarbeiter - 378 weniger als noch Ende März.

Gewinnplus bei IBM

Der Computerkonzern IBM hat der Wirtschaftskrise im zweiten Quartal mit einem unerwartet kräftigen Gewinnplus getrotzt. Der US-Konzern erhöhte daraufhin am Donnerstag seine Ergebnisprognose für das Gesamtjahr.

Konzernchef Sam Palmisano begründete die Stärke des Unternehmens mit dessen Neuausrichtung. IBM geht immer mehr weg vom Hardware-Geschäft und setzt stattdessen auf margenträchtige IT-Dienstleistungen.

Von April bis Juni verdiente IBM unterm Strich mit insgesamt 3,1 Milliarden Dollar (2,2 Milliarden Euro) gut zwölf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Erwartet hatten Analysten dagegen einen leichten Rückgang.

Beim Umsatz schlug die Wirtschaftskrise dagegen voll durch. Er fiel wie befürchtet um mehr als 13 Prozent auf 23,3 Milliarden Dollar. Das Hardware-Geschäft brach gar um mehr als ein Viertel ein.

In der zweiten Jahreshälfte soll auch das zuletzt so arg gebeutelte Hardware-Geschäft wieder anziehen, wie Finanzchef Mark Loughridge in einer Telefonkonferenz ausführte. Bereits seit Jahren nimmt dessen Bedeutung für den Konzern ab.

So hatte IBM die Fertigung von Heimrechnern an die chinesische Lenovo verkauft. Geblieben sind Server-Rechner, wie sie in Firmen und für den Datenverkehr im Internet eingesetzt werden.

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