Süddeutsche Zeitung

Überwachung im Internet:US-Regierung zapft Facebook, Google und Apple an

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Die Vereinigten Staaten überwachen Ausländer weit intensiver als bisher bekannt, zeigen neue Enthüllungen. Geheimdienst NSA und Bundespolizei FBI können demnach direkt die Server von Facebook, Google und Apple durchsuchen - und auf Fotos, Kontakte und E-Mails zugreifen. Die Firmen wehren sich gegen die Vorwürfe.

Nicht nur Handyverbindungen werden überwacht: Die Washington Post und die britische Zeitung The Guardian enthüllen, dass der US-Nachrichtendienst NSA und die Bundespolizei FBI direkt die zentralen Rechner von mehreren Internet-Firmen anzapfen - so steht es in einer internen NSA-Präsentation. Der Geheimdienst bestätigt die Überwachung in einer Mitteilung. Das Programm ist demnach Teil der Auslandsspionage.

Die Behörden haben laut der internen Präsentation direkten Zugang zu den Servern von Unternehmen wie Facebook, Google, Yahoo und Microsoft. Damit könnten NSA und FBI die Internetpräsenz von Nutzern überwachen und auf deren Fotos, Videos, E-Mails sowie Verbindungsdaten zugreifen. So seien Analysten in der Lage, die Bewegungen und Verbindungen von Personen über längere Zeiträume hinweg zu verfolgen.

Laut der Mitteilung des Nachrichtendienstes geht es nicht um die Überwachung von US-Bürgern, sondern von Ausländern. "Es kann nicht genutzt werden, um direkt US-Bürger zu überwachen", heißt es dort. Der Geheimdienst versuche, möglichst wenig Daten von Staatsangehörigen mitzusammeln, sagten Behördenvertreter der New York Times.

Das Programm mit dem Namen Prism existiert seit 2007 und ist den Berichten zufolge seitdem extrem gewachsen. Mittlerweile liefere es den größten Anteil zum täglichen Geheimdienst-Briefing für US-Präsident Barack Obama. Dem Guardian zufolge werden auf der Grundlage des Programms monatlich mehr als 2000 Geheimdienstberichte erstellt.

Prism war bis dato streng geheim. Die wenigen Washingtoner Kongressmitglieder, die davon wüssten, seien zu striktem Stillschweigen verpflichtet. Grundlage ist der Protect America Act, der am 11. September 2007 verabschiedet wurde. Die Washington Post hat hier Hintergründe zu dem Gesetz notiert.

Die Zeitungen präsentieren eine interne Programm-Präsentation für leitende NSA-Analysten. Daraus gehen die Namen der beteiligten Firmen hervor: Microsoft, Yahoo, Google, Facebook, PalTalk, AOL, Skype, YouTube und Apple. Der Guardian hat Präsentationsfolien online gestellt, die Washington Post auch.

Die genannten Firmen wehren sich auf Anfrage von Süddeutsche.de gegen die Behauptung in der Präsentation, die NSA habe direkten Zugriff auf die Server. Es gebe keine "Hintertür" für Regierungen, sagte ein Google-Sprecher. "Facebook gewährt Regierungen und Strafverfolgungsbehörden keinen Zugang zu Servern", so eine Sprecherin des sozialen Netzwerks. Apple erklärte, es habe noch nie von dem Überwachungsprogramm gehört. "Wir geben keiner Regierungsbehörde direkten Zugang zu unseren Rechnern, und jede Regierungsbehörde, die Kundendaten anfordert, muss eine entsprechende Gerichtsanweisung haben", sagte das Unternehmen.

Für den grünen Europaabgeordneten Jan Philipp Albrecht ist jedoch klar: Die Daten der Nutzer sind in Gefahr. "Es gibt keinen ausreichenden Schutz gegen Unternehmen aus den USA, die unsere Daten damit dem Zugriff der US-Behörden aussetzen", sagte er Süddeutsche.de. Dies solle die gerade debattierte EU-Datenschutzreform ändern.

Am Mittwoch hatte der Guardian berichtet, dass der US-Telekomkonzern Verizon der NSA detaillierte Informationen über alle inneramerikanischen und internationalen Gespräche geben müsse. Ein geheimes Gericht habe die Schnüffelaktion genehmigt. Die Gerichtsentscheidung beruht offenbar auf dem Gesetz names Patriot Act. Er wurde nach den Anschlägen vom 11. September 2001 verabschiedet und gibt US-Behörden weitreichende Befugnisse zur Überwachung von Terrorverdächtigen.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, nannte das Sammeln von Telefondaten unter diesem Gesetz legal. Derartige Aktionen erfolgten unter strikten Regulierungen und Kontrollen seitens des US-Kongresses, des Justizministeriums und anderer Stellen. Sie hätten sich als "wichtiges Instrument beim Schutz der Nation vor Terrorbedrohungen erwiesen", sagte Earnest. Ein ehemaliger NSA-Agent sagte Bloomberg, dass diese Telefondatenüberwachung im Vergleich zu den restlichen Möglichkeiten des Geheimdienstes nur "Kinderkram" seien ("small potatoes").

Linktipps: Einer der Enthüller der Prism-Geschichte ist Glenn Greenwald, ein Anwalt, Blogger und nun Autor beim Guardian . Die New York Times hat ihn interviewt. Das US-Magazin Wired hat 2012 eine große Reportage über das Spionagezentrum der NSA in der Wüste von Utah veröffentlicht, mit dem der Geheimdienst das Internet abhören will.

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