Süddeutsche Zeitung

Formel 1:Ausstieg vor dem Einstieg

Lesezeit: 3 min

Porsche und Red Bull werden 2026 doch nicht in der Formel 1 zusammenarbeiten: Der Sportwagenhersteller wollte mehr als nur Beifahrer sein, der Rennstall seine Entscheidungsfreiheit wahren.

Von Elmar Brümmer, Monza

Ein Motor war noch nicht gebaut, doch die Kampagne, mit der Porsche den Boden für seinen Einstieg in die Formel 1 bereiten wollte, lief bereits hochtourig. Eine Anzeigenserie im Manager Magazin bewegte sich jüngst über mehrere Seiten hinweg im höchsten Drehzahlbereich der Marketing-Poesie. Über "Träume haben uns geprägt" und "Sport hat uns geformt" ging es hin zur Absichtserklärung: "Wir sind sportmade."

Für diese Haltung (und seine Antriebseinheit) muss sich der Sportwagenhersteller aus Zuffenhausen jetzt eine andere Plattform suchen. Vor dem Großen Preis von Italien teilte das Unternehmen lapidar mit, dass die scheinbar sichere Partnerschaft zwischen der Porsche AG und Red Bull nicht zustande kommt. Offen blieb, ob der Getränkekonzern den Autokonzern abblitzen ließ - oder Porsche die Reißleine zog. Vermutlich ist beides richtig: alles eine Machtfrage.

Die verbale Vorarbeit für die geplatzte Wunschehe hatten vor Wochenfrist Red-Bull-Teamchef Christian Horner und Berater Helmut Marko geleistet. "Wir sind ein unabhängiger Rennstall und haben immer so operiert, um flexibel und schnell und effizient zu arbeiten." Hinter dieser Freiheitsliebe verbirgt sich auch, dass die bisherigen Herren im Haus weiter das Sagen haben wollen. Porsches Vorstandschef Oliver Blume, jüngst auch zum Volkswagen-Konzernlenker aufgestiegen, steht gleichfalls für Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit, die Rolle als Beifahrer entspricht nicht dem Selbstverständnis. Offenbar sind da zwei zu starke Partner aufeinandergeprallt. So kam es schon vor dem Einstieg wieder zum Ausstieg.

Teamchef Horner und Berater Marko sollen Sturm gelaufen sein gegen eine Mitsprache Porsches in allen Bereichen

Porsche, das kurz vor einem milliardenschweren Börsengang steht, verhüllte seine Verärgerung darüber in seiner Mitteilung gar nicht erst: "Prämisse war immer eine Partnerschaft auf Augenhöhe, die neben einer Motoren-Partnerschaft auch das Team umfasst. Dies konnte nicht realisiert werden." Was für eine schöne rot-weiß-rote Geschichte hätte das werden sollen, einst ausgehandelt zwischen den österreichischen Besitzerfamilien Porsche und Piëch sowie dem Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz: auf der einen Seite der erfolgreichste Rennstall nach Mercedes in der jüngeren Grand-Prix-Geschichte, auf der anderen die Motoren-Power aus Zuffenhausen.

Verkündet werden sollte die Ehe ursprünglich beim Großen Preis von Österreich im Juli. Eine gemeinsame Gesellschaft war bereits in Marokko gegründet worden, die Besitzverhältnisse waren fifty-fifty aufgeteilt, die Kartellbehörden informiert. Diese Aufteilung sorgte jedoch intern wie extern bereits für Erstaunen.

Vor allem Horner und Marko sollen Sturm gelaufen sein dagegen, dass Porsche in allen Bereichen nach so viel Mitsprache strebte, bis hin zur Fahrerwahl. Offenbar wurden sogar die thailändischen Firmenpartner von Mateschitz eingeschaltet, um eine drohende Bevormundung zu verhindern. Schon die wochenlangen Nachverhandlungen hatten der Marke einen Eindruck davon vermittelt, wie schwierig das Geschäft mit dem britisch geführten Rennstall werden würde. Auf einen neuerlichen Poker um Anteile wollte sich Porsche offenkundig nicht einlassen.

Eine Minderheitsbeteiligung, etwa nur an der Motorenabteilung von Red Bull, wollte Porsche auch nicht annehmen. Zuhause hatten sich ohnehin bereits kritische Stimmen erhoben, warum nur die E-Komponenten und nicht das ganze Aggregat aus Zuffenhausen kommen sollte (der Formel 1 steht ein Reglementwechsel hin zu unter anderem 50 Prozent Elektroanteil bevor). Immerhin hat Porsche mit seinem Turbo in den Achtzigerjahren zeitweise die Formel 1 dominiert.

Porsches Marketing-Experten hatten sich bereits die Markenrechte am Begriff "F1nally" für ihre Kampagne gesichert

Ins Gespräch gekommen war die Ehe zwischen Red Bull und Porsche überhaupt erst, weil der Rennstall des Getränkekonzerns zwar regelmäßig aerodynamisch überragende Autos gebaut hat, zugleich um starke Antriebspartner betteln musste. Ferrari, Mercedes und Renault hatten kein Interesse daran, die Konkurrenz mit Leihmotoren auszurüsten. Als Honda nach gemeinsamen Jahren seinen Ausstieg verkündete, erwarb Red Bull Know-how und Namensrechte und begann mit dem Bau eines Motoren-Campus in Milton Keynes. Zugleich warb es führende Ingenieure von anderen Teams ab. Mittlerweile sollen die 300 Mitarbeiter bereits einen Prototyp nach den neuen technischen Regeln auf den Prüfstand gebracht haben, zu dem Porsche noch den Elektroanteil hätte zusteuern können.

Für Porsche passt dieser neue Zuschnitt, den sich die Formel 1 künftig verpasst, im Grunde perfekt ins Portfolio. Die Serie war möglichen Neueinsteigern zuletzt auch explizit entgegengekommen, man möchte etwas fürs Image tun. Porsches Marketingexperten hatten sich indes die Markenrechte am Begriff "F1nally" gesichert, ein Wortspiel, das die Rückkehr in die Königsklasse des Motorsports zelebrieren sollte. Innerhalb des Volkswagen-Konsortiums war lediglich umstritten, dass die Konzernschwester Audi auch in die Formel 1 drängte. Schon in der Le-Mans-Rennserie hatten sich beide Unternehmen einen teuren Wettbewerb geliefert. Die Ingolstädter, die sich vor zwei Wochen offiziell zur Formel 1 bekannt hatten, planen derzeit, einen Rennstall zu übernehmen, vermutlich das Schweizer Sauber-Team. In der Rivalität der Top-Manager hat Audi-Chef Markus Duesmann seinem Boss und Konkurrenten Blume fürs Erste jedenfalls eins ausgewischt.

Ganz vorbei ist der Porsche-Traum noch nicht, wie ein Unternehmenssprecher bestätigt: "Mit den beschlossenen Reglementänderungen bleibt die Rennserie für Porsche ein attraktives Umfeld, das weiterhin beobachtet wird." Vielleicht findet sich ja noch ein neuer Partner. Ein Kandidat wäre McLaren, dort ist in Andreas Seidl ein ehemaliger Porsche-Mann Rennstallchef; auch Audi hatte mit McLaren zuletzt verhandelt. Denkbar wäre auch ein Sponsoring-Abkommen, wie es derzeit Alfa Romeo mit Sauber unterhält. Aber Porsche würde es wohl lieber richtig sportlich angehen.

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