Süddeutsche Zeitung

Basketball:Trainingslager unter Extrembedingungen

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Vier Spiele in sieben Tagen: Dem 97:88-Euroleague-Triumph in Madrid lässt der FC Bayern bei den Gießen 46ers einen 95:85-Sieg in der Bundesliga folgen. Damit kehrt er auf den zweiten Tabellenplatz zurück.

Von Ralf Tögel

Natürlich war die 75:106-Pleite von Oldenburg noch ein Thema. Vor Wochenfrist waren die Basketballer des FC Bayern mit einer B-Auswahl und einigen Talenten aus der zweiten Mannschaft nach Niedersachsen gereist. Münchens Sportdirektor Daniele Baiesi unterstrich am Mikrofon von Magentasport nochmals die Notwendigkeit der Maßnahme, die Gesundheit der Spieler hätte dies unabdingbar gemacht. So nahmen die Bayern sogar die Gefahr in Kauf, im Kampf um eine gute Ausgangsposition für die Meisterschafts-Playoffs in der Basketball-Bundesliga (BBL) an Boden zu verlieren. Wettbewerbsverzerrung hatte die Konkurrenz aus Würzburg und Weißenfels gar diagnostiziert, wobei sich die Kritik zuvorderst an die Spielansetzung und damit die BBL richtete. Denn die Partie am vergangenen Samstag war eingebettet in das entscheidende Euroleague-Spiel der Münchner gegen Belgrad tags zuvor und die drei folgenden Auswärtsspiele in Istanbul (Montag bei Fenerbahce und Mittwoch bei Efes) und Madrid (Freitag).

Im Sonntagsgastspiel bei den Gießen 46ers, nur 48 Stunden nach dem Triumph von Madrid, als die Bayern die Euroleague-Hauptrunde mit einem 97:88-Sieg bei den Königlichen beendet hatten, schonte Trainer Andrea Trinchieri in Person von Darrun Hilliard, Vladimir Lucic und Othello Hunter erneut bestimmende Akteure, der Kader war dennoch ungleich besser besetzt. Die Münchner waren direkt aus Madrid nach Mittelhessen gereist, entsprechend suchten sie zunächst nach ihrem Rhythmus. Zur Halbzeit führte der Favorit dennoch 48:39. Vor allem Deshaun Thomas, mit 34 Punkten Topscorer, führte dem Abstiegskandidaten vor Augen, dass Spieler seiner Klasse für Gießens Abwehrspieler kaum zu halten sind. Letztlich kamen die Gäste, für die noch Andreas Obst (15), Jason George (14) und Augustine Rubit (13) zweistellig trafen, zu einem 95:85-Sieg, kletterten auf den zweiten Tabellenplatz zurück und blicken optimistisch auf die restliche BBL-Saison.

Nach Ostern starten die Bayern mit zwei Auswärtsspielen beim Hauptrunden-Primus Barcelona in die Euroleague-Playoffs

Überstrahlt wurde der Sieg in Gießen natürlich vom Triumph beim spanischen Edel-Klub Real Madrid vom Freitag, den sie vor allem in Barcelona aufmerksam registriert haben dürften. Schon vor dem letzten Hauptrundenspiel war ja klar, dass die Bayern nach den beiden Niederlagen in Istanbul (bei Fenerbahce und Efes wurde jeweils mit 76:81 verloren) als Achter in die Euroleague-Playoffs gehen. Gegner ist somit Tabellenführer FC Barcelona, ein exzellent besetztes Ensemble um Topstar Nikola Mirotic, den die Statistik nach der Hauptrunde auch als besten Spieler der Liga ausweist. Mirotic hatte sich vor drei Jahren trotz einer sehr lukrativen Offerte aus der NBA für eine Rückkehr in die Heimat entschieden und führt nun einen Kader an, der nahezu ausnahmslos mit Spitzenkräften besetzt ist - zum Beispiel mit den Spielmachern Nick Calathes und Nicolas Laprovittola, die ebenfalls eine NBA-Vergangenheit aufweisen, wie das Gros der Kollegen.

Alles andere als ein Ausscheiden gegen den Titelfavoriten wäre eine Überraschung, aber die Münchner Profis haben ihrem Trainer zumindest eine Idee davon gegeben, wie die Sensation zu schaffen sein könnte. Mit einer zweiten Halbzeit wie in Madrid, als die Bayern im letzten Viertel den Favoriten mit 38:13 Punkten wegfegten. Dabei ging es für die die längst qualifizierten Madrilenen um mehr als für den FCB, ein Sieg hätte Madrid auf den zweiten Platz gebracht, so fiel Real auf Rang vier zurück und trifft nun auf Tel Aviv anstatt auf das vermeintlich schwächere Monaco.

Die Bayern dagegen haben sich auf ihrem Trip mit drei Königsklassen-Partien in fünf Tagen Selbstvertrauen geholt. Wie in einem Trainingslager unter Extrembedingungen setzte Trinchieri sein Personal dosiert ein und erhielt die wichtige Erkenntnis, dass jeder einzelne Akteur einen wichtigen Beitrag zu leisten vermag. Youngster George etwa, der lange verletzte Kapitän Nihad Djedovic, oder der zuletzt von Corona geschwächte Obst. Schon gegen Fenerbahce war der FCB in der zweiten Halbzeit die bessere Mannschaft, gegen Titelverteidiger Efes agierten die Münchner bereits weitgehend auf Augenhöhe. Die internationale Kür beginnt mit den Spielen am Dienstag und Donnerstag nach Ostern (19. und 21. April) bei den Katalanen, vorher ist zu Hause gegen den MBC (Mittwoch, 19 Uhr) und in Ludwigsburg (Samstag, 20.30 Uhr) noch ein bisschen Pflicht zu erfüllen.

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