Süddeutsche Zeitung

Fußball-Weltmeisterschaft:Freundschaftsspiele in Katar

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Die WM macht es möglich: Fans aus Israel dürfen per Direktflug nach Doha reisen. Wie die Vereinbarung umgesetzt werden soll, ist allerdings auch wenige Tage vor Anpfiff noch unklar.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Israel ist keine erfolgreiche Fußball-Nation, aber eine Nation von Fußballfans. Die Nationalmannschaft hat bislang erst einmal - anno 1970 in Mexiko - bei einer Weltmeisterschaft auflaufen dürfen, und auch für das Turnier in Katar ist sie wieder in der Qualifikation gescheitert. Teilnehmen an der WM dürfen nun aber immerhin die israelischen Fans. Kurz vor Toresschluss hat das die Fifa verkündet, und nach all der Kritik ging von Doha nun ausnahmsweise einmal eine Botschaft der Versöhnung aus. "Der Fußball hat die Kraft, Menschen zusammenzubringen und Grenzen zu überschreiten", jubelt Fifa-Präsident Gianni Infantino.

Nach den Fifa-Regeln sollte die Teilnahme von Sportlern ebenso wie Zuschauern aus allen Ländern eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Trotzdem wurde monatelang um diese Vereinbarung gerungen. Denn Israel und Katar pflegen keine diplomatischen, aber dafür äußerst komplizierte Beziehungen. So ist Katar verbandelt mit Israels Erzfeind Iran und obendrein der größte Geldgeber der im palästinensischen Gazastreifen herrschenden Hamas. Das Abraham-Abkommen, mit dem Israel vor gut zwei Jahren seine Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko normalisiert hat, lehnt Katar ab. Eine Einreise ist Israelis unter normalen Umständen also nicht erlaubt.

Erstmals gibt es Direktflüge von Tel Aviv nach Doha.

Dieser Bann zumindest ist nun gebrochen für die Zeit des WM-Turniers. Der Fifa-Ankündigung zufolge soll es für die israelischen Fans in Katar nicht nur eine diplomatische Betreuung geben, sondern erstmals auch Direktflüge von Tel Aviv nach Doha. Und noch eine Neuigkeit hat die Fifa in fetten Lettern verkündet: Israelis und Palästinenser sollen gemeinsam vom Ben-Gurion-Flughafen aus nach Katar fliegen. "Sie fliegen zusammen und genießen Fußball zusammen", erklärte Infantino. "Diese historische Ankündigung bietet eine Plattform dafür, die Beziehungen im Nahen Osten zu verbessern."

Ausnahmsweise also hat Infantino in diesem Fall einmal nichts gegen eine Politisierung des Fußballfests. Wie die Vereinbarung konkret umgesetzt werden kann, ist allerdings auch fünf Tage vor Turnierbeginn noch nicht geklärt. In israelischen Reisebüros weiß noch niemand, bei welcher Fluglinie die Direktverbindung gebucht werden kann. Auf palästinensischer Seite ist unklar, wie man vom Westjordanland oder von Gaza aus zum Tel Aviver Ben-Gurion-Flughafen gelangen soll. Denn das ist nur mit seltenen Sondergenehmigungen erlaubt, weshalb die Palästinenser gemeinhin vom jordanischen Amman aus in die Welt fliegen.

Hinter den Kulissen scheint man also noch im Konfliktgestrüpp nach Lösungen zu suchen, doch im Fußball entscheidet sich das Spiel auch oft erst in den letzten Minuten. Einige Fans zumindest packen schon ihre Koffer. Berichten zufolge hatten bereits zuvor bis zu 20 000 Israelis - vermutlich zumeist solche mit einem zweiten ausländischen Pass - Tickets für die WM in Katar erworben. Dazu sollen noch knapp 4000 Palästinenser kommen. Nun kann offiziell auch der Run auf die Restkarten und die Einreise mit dem israelischen Pass erfolgen. Ein paar besondere Gäste wird es also geben unter den 1,2 Millionen ausländischen Besuchern, die zur WM in Katar erwartet werden.

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