Süddeutsche Zeitung

Kampf gegen IS:US-Spezialeinheiten zeigen in Syrien Flagge

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Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Normalerweise versuchen die US-Spezialeinheiten in Syrien, sich möglichst unauffällig zu verhalten. 500 Elite-Soldaten hatte noch Präsident Barack Obama dorthin entsandt. Als Militärberater unterstützen sie im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ein Bündnis aus den kurdischen YPG-Milizen, sunnitisch-arabischen Verbänden und einigen assyrischen Christen, die sich Demokratische Kräfte Syriens (SDF) nennen. Seit Freitag jedoch fahren die Amerikaner gut sichtbar mit Sternenbannern an ihren Stryker-Radpanzern Patrouillen bei Manbij, einer Stadt 30 Kilometer südlich der türkischen Grenze und ebenso weit westlich vom Euphrat gelegen.

Damit versuchen sie, eine Art Pufferzone zu einem anderen Alliierten zu schaffen: der türkischen Armee und von ihr unterstützten Rebellen-Gruppen der Freien Syrischen Armee. Diese hatten jüngst al-Bab dem IS entrissen, eine Stadt 40 Kilometer südwestlich; Manbij hatten die SDF bereits im August 2016 von den Dschihadisten befreit. Zwar kämpfen all diese Gruppen gegen das Kalifat des Terrors, damit aber enden die Gemeinsamkeiten: Die Türkei betrachtet die YPG als Terrorgruppe, als syrischer Ableger der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Sie fürchtet, dass die YPG, wenn der IS erst besiegt ist, entlang der Grenze einen eigenen Staat oder zumindest ein Autonomiegebiet errichten will. Den YPG wiederum gilt die Türkei als "schlimmere Bedrohung" als der IS.

Nach der Befreiung von al-Bab kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan an, das siegreiche Bündnis werde auch Raqqa befreien, die syrischen Hauptstadt des IS. Seit Wochen versucht er, die Amerikaner dafür zu gewinnen - und die YPG auszubooten, mit denen Washington bislang plant. Auf dem Weg von al-Bab nach Raqqa aber liegt Manbij - eine Zwischenetappe, die Erdoğan seinem Ziel näher gebracht hätte, die YPG zu vertreiben. Türkische Truppen kamen der Stadt so nahe, dass Granaten in Außenbezirken einschlugen - bis die US-Panzer auftauchten.

Um die Sache noch zu komplizieren, überließen die Kurden die Kontrolle über einige Dörfer bei Manbij Truppen des syrischen Regimes von Präsident Baschar al-Assad, die mit Hilfe iranischer Milizen Richtung Grenze vorgestoßen waren. Die wollen wiederum verhindern, dass die Türkei dort Sicherheitszonen einrichten kann und die militärisch geschwächten moderaten Rebellen neue Gebiete in Besitz nehmen.

Arbeiten Moskau und Washington künftig stärker zusammen?

Russische Kampfjets attackierten Dörfer bei Manbij - syrische Regierungssoldaten hatten die Luftschläge angefordert; angeblich befanden sich dort IS-Stellungen. Getroffen wurden mit den USA verbündete SDF-Kämpfer. Die US-Soldaten waren keine fünf Kilometer entfernt. Sie stoppten mit einem Anruf bei den Russen das Bombardement; dem Vorstoß der Regierungstruppen stellten sie sich nicht entgegen.

All das hat nun Spekulationen ausgelöst, dass es künftig engere Zusammenarbeit zwischen Moskau und Washington geben werde und einen Schwenk in der amerikanischen Syrien-Politik unter Präsident Donald Trump. Ein Treffen der Generalstabschefs der beiden Länder in Antalya auf Einladung ihres türkischen Kollegen beflügelte dies weiter, ebenso die Tatsache, dass die USA mit Luftangriffen auf IS-Ziele die Rückeroberung von Palmyra durch syrische Truppen indirekt unterstützten.

Tatsächlich ging es vor allem darum, militärische Zwischenfälle zu vermeiden, die Potenzial für eine Eskalation bergen. Unter Obama bombardierten die USA auch schon IS-Ziele in Gebieten, in denen die syrische Armee kämpfte, etwa bei Deir al-Sour - wo sie dann versehentlich Assads Soldaten trafen. Das US-Militär gibt zu erkennen, dass es auch unter Trump nur in geringem Umfang zusätzliche Soldaten nach Syrien oder Irak schicken wird. Das Kämpfen sollen lokale Verbündete erledigen. Und an der Befreiung Raqqas würden "auf jeden Fall kurdische Kräfte teilnehmen", sagt der für den Einsatz verantwortliche General Stephen Townsend; sie haben Raqqa bereits umstellt. Die Türkei droht für diesen Fall schon mit "Konsequenzen für die Beziehungen" zu den USA.

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Quelle:
SZ vom 09.03.2017
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