Süddeutsche Zeitung

SPD-Chef mit Kritik an Ramsauer:Berliner Flughafen wird zum Wahlkampfthema

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Erst Wowereit, dann Platzeck, jetzt Ramsauer: Wegen der Krise um den neuen Flughafen BER stehen einige Politiker in der Kritik. SPD-Chef Gabriel wirft dem Verkehrsminister vor, die Öffentlichkeit getäuscht zu haben. Der CSU-Politiker soll von der neuen Terminverschiebung früher gewusst, aber geschwiegen haben.

Von Michael Bauchmüller, Susanne Höll und Claus Hulverscheidt, Berlin

Im Streit um die Pannen beim Bau des neuen Berliner Flughafens gerät nach den SPD-Länderchefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck nun auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in die Kritik. Grund ist der Verdacht, dass Ramsauer schon drei Wochen vor den Mitgliedern des Flughafen-Aufsichtsrats wusste, dass der Eröffnungstermin erneut verschoben werden muss, dies aber verschwieg. "Allem Anschein nach hat Ramsauer die Öffentlichkeit getäuscht", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der Süddeutschen Zeitung. "Sollte sich das bewahrheiten, erscheint die Rolle von Herrn Ramsauer in ganz neuem Licht. Dieser CSU-Bundesverkehrsminister hat eine Menge zu erklären."

Mit seinen Aussagen zielt Gabriel auf die Rolle der schwarz-gelben Bundesregierung, die wie die SPD-geführten Länder Berlin und Brandenburg an der Flughafengesellschaft beteiligt ist, bisher aber von Kritik weitgehend verschont blieb. Damit erreicht der Flughafenstreit zugleich den Bundestagswahlkampf.

Ein Sprecher Ramsauers räumte am Montag ein, dass der Minister schon am 19. Dezember und damit in der Tat drei Wochen vor Bekanntwerden der jüngsten Probleme ein Gespräch mit Flughafen-Technikchef Horst Amann geführt habe. Allerdings habe Amann bei diesem Treffen nichts gesagt, was den übrigen Anteilseignern nicht auch bekannt gewesen wäre. Außerdem habe Ramsauer schon vor dem Gespräch Zweifel daran geäußert, dass der Flughafen im Oktober 2013 den Betrieb aufnehmen könne. "Was der Minister wusste, hat er öffentlich gesagt", sagte der Sprecher.

Vertrauensabstimmung im Brandenburger Landtag

Die SPD konnte am Montag zumindest in Brandenburg einen kleinen Erfolg verbuchen: Der Landtag sprach Ministerpräsident Platzeck, der noch in dieser Woche von Wowereit den Aufsichtsratsvorsitz bei der Flughafengesellschaft übernehmen soll, mit sämtlichen Stimmen der rot-roten Koalition das Vertrauen aus.

Platzeck hatte die Situation auf der Flughafenbaustelle zuvor als "Desaster" und "Katastrophe" bezeichnet und eine "entscheidende Wende" angekündigt. "Ich verbinde mein politisches Schicksal mit dem Gelingen dieser Aufgabe", sagte er. Der Regierungschef kündigte zudem an, Schadenersatzansprüche gegen all jene Firmen zu prüfen, die beim Bau oder bei der Kontrolle Fehler gemacht hätten. Auch Ramsauer sagte, man müsse gegebenenfalls "saftige Schadenersatzforderungen" geltend machen.

Probleme am Neubau

Das größte Problem am Flughafen ist nach wie vor die nicht funktionierende Entrauchungsanlage. Sie muss umgebaut oder sogar komplett herausgerissen werden. Zudem wurde Platzeck zufolge bei einer Prüfung entdeckt, dass mehr als 50 Kilometer Kühlleitungen nicht isoliert sind.

Angesichts der Fehler hatte Technikchef Amman bereits vorvergangene Woche in einem Brief an den Aufsichtsrat mitgeteilt, dass womöglich alle schon verschlossenen Decken, Schächte, Böden und Wände geöffnet werden müssten. Ob sogar einige Teile des Flughafens wieder abgerissen werden müssen, ist noch offen. Das werde sich frühestens bei der Sitzung des Aufsichtsrats am Mittwoch zeigen, hieß es in Kreisen des Kontrollgremiums.

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Quelle:
SZ vom 15.01.2013
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