Süddeutsche Zeitung

Geldwäscheverdacht:"Bloße Vermutungen"

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Der russisch-usbekische Oligarch Alischer Usmanow wehrt sich erfolgreich vor Gericht: Die Durchsuchungen seiner Immobilien waren rechtswidrig. Für die Ermittler eine Schmach.

Von Jörg Schmitt und Ralf Wiegand, München

Alischer Usmanow, 69, ist so etwas wie der Prototyp eines Oligarchen. Jedenfalls, wenn man Oligarch als extrovertiert vermögenden, politisch einflussreichen, gesellschaftlich gut vernetzten und irgendwas in Öl, Erz und Medien machenden Unternehmer von weit aus dem Osten definiert. Usmanow ist gebürtiger Usbeke, mehr als zehn Milliarden Dollar schwer, er hat sein Geld unter anderem mit Öl, Erz und Medien in Russland gemacht; einst war er Präsident des Internationalen Fecht-Verbandes und Eigentümer eines englischen Fußballklubs. Er kennt den russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich und soll dessen Regime, das den völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine führt, materiell und finanziell unterstützt haben, wie die Europäische Union behauptet - und ihn deshalb auf ihre Sanktionsliste gesetzt hat.

Seinen Reichtum konnte man auch in Deutschland kaum übersehen, im Süden in Form von Häusern in Rottach-Egern am ebenso schönen wie teuren Tegernsee, und im Norden als schwimmende Luxusimmobilie im Hamburger Hafen. Die Dilbar fehlt in keiner Hitparade der größten und tollsten Yachten der Welt.

In den Anwesen mit Seeblick und an Bord der Dilbar kreuzten im vergangenen September auf Beschluss des Amtsgericht Frankfurt und auf Antrag der dortigen Staatsanwaltschaft deutsche Beamte auf - unangemeldet, wie das üblich ist, wenn sie einen Durchsuchungsbeschluss dabei haben. Die hessischen Ermittler verdächtigen Alischer Usmanow der Geldwäsche in 88 Fällen, ein entsprechendes Verfahren führen sie seit Juni 2022.

Er fühlt sich als Opfer politischer Interessen der Bundesregierung

Fasst man den Vorwurf sehr vereinfacht zusammen, soll der Unternehmer in Russland illegal erwirtschaftetes Geld in Deutschland in Umlauf gebracht haben, über Konten bei der Bank USB in Frankfurt zum Beispiel. Usmanow bestreitet die Vorwürfe, er legte Beschwerde ein - und war nun vor dem Landgericht Frankfurt auf eine Weise erfolgreich, die als Kantersieg in die Vereinsbilanz eingegangen wäre, wenn Usmanows früherer Fußballklub FC Arsenal im Londoner Wembley-Stadion so vom Rasen gegangen wäre: Die Durchsuchungen waren nach Ansicht des Gerichts allesamt rechtswidrig.

Die Münchner Anwaltskanzlei Gauweiler & Sauter setzt sich im Auftrag der Botschaft Usbekistans für die Belange des usbekischen Staatsbürgers Usmanow ein. Die Darlegungen des Gerichts, teilte die Kanzlei mit, bestätigten den Eindruck, dass das Vorgehen der deutschen Strafverfolgungsbehörden gegen Usmanow "nicht sachlich begründet, sondern sachfern politisch motiviert" sei.

Tatsächlich sieht sich Usmanow als Opfer politischer Interessen der Bundesregierung, die sich lange schwer tat, die Hand auf im Westen kursierendes verdächtiges russisches Vermögen zu legen. An ihm, so die Lesart der Usmanow-Seite, solle ein Exempel statuiert werden - unter dem Vorwand des Verdachts auf Geldwäsche und Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz. Dem Vorwurf der Steuerhinterziehung wird in einem anderen Ermittlungsverfahren nachgegangen.

Für die deutschen Strafermittler bedeutet Usmanows Sieg naturgemäß eine schmachvolle Niederlage. Das Frankfurter Beschwerdegericht zerpflückt in seiner 13-seitigen Begründung den Durchsuchungsbeschluss vom Herbst 2022 nach Strich und Faden. Übrig bleibt letztendlich nichts - kein Verdacht, der für eine solche Aktion nötig gewesen wäre, aber nicht vorhanden gewesen sei, nicht einmal ein Anfangsverdacht auf Geldwäsche.

Auch die Allianz-Arena und Räume des FC Bayern wurden durchsucht

Die Vorwürfe etwa, Usmanow habe in Russland durch Rohstoffverkäufe über Briefkastenfirmen die russische Steuer betrogen und dieses Geld illegal und verschleiert ins Ausland transferiert - hätte die Staatsanwaltschaft "ausschließlich, so scheint es, Recherchen des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny" entnommen - und nicht weiter belegt. Der inzwischen inhaftierte Kremlkritiker Nawalny hatte vor seiner Verhaftung dem Geld unerklärlich reicher Russen nachgespürt. Weitere Belege habe die Staatsanwaltschaft nicht geliefert. Der Beschluss des Amtsgerichts, auf dem die Durchsuchungen basierten, weise "durchgreifende Rechtsfehler" auf, schrieb das Landgericht: "Vage Anhaltspunkte" und "bloße Vermutungen" reichten nicht aus. Der Beschluss sei daher aufzuheben.

Im Zuge der Geldwäsche-Ermittlungen waren im April auch die Münchner Allianz-Arena sowie Räume des FC Bayern München durchsucht worden. Die Ermittler glauben, Usmanow habe mit illegal erworbenem Geld Logen im bayerischen Fußballtempel finanziert. Wie andere Aktionen zuvor, ließ Usmanow damals mitteilen, sei auch diese Durchsuchung dem "Übereifer der Staatsanwaltschaft" geschuldet, Straftaten zu suchen, wo es keine gebe. Usmanows Pressebüro witzelte sogar, die Frankfurter Ermittler seien wohl "Fans von Borussia Dortmund und nicht des FC Bayern". Wenn dem so wäre, stünden zumindest so gesehen die Chancen auf einen Erfolg der Staatsanwaltschaft ganz gut - an diesem Samstag im Rennen um die deutsche Fußballmeisterschaft. Die Dortmunder gehen als Tabellenführer ins Finale.

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