Süddeutsche Zeitung

Krieg in der Ukraine:Biden und Putin signalisieren Gesprächsbereitschaft

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US-Präsident reagiert auf Offerte des russischen Außenministers und schließt Treffen am Rande des G-20-Gipfels nicht aus. UN-Generalversammlung verurteilt russische Annexionen.

Von Stefan Kornelius

US-Präsident Joe Biden hat sich zum zweiten Mal binnen weniger Tage indirekt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gewandt und dabei ein Gespräch am Rande des bevorstehenden G-20-Treffens nicht ausgeschlossen. Biden sagte, er werde sich einem Austausch etwa über die in Russland inhaftierte US-Basketballspielerin Brittney Griner nicht verwehren. "Wenn er (Putin, Anm. d. Red.) während G 20 käme und sagte, er wolle über die Freilassung von Griner reden, dann würde ich ihn treffen."

Bidens Bemerkung hat sofort Spekulationen über die Aufnahme von Gesprächen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine ausgelöst. Vorausgegangen war eine Offerte des russischen Außenministers Sergej Lawrow, der im russischen Staatsfernsehen ein Gespräch in Aussicht gestellt hatte - allerdings müsse das Angebot von den USA ausgehen.

Biden nahm diesen Hinweis nicht direkt auf, machte aber in seinem Interview mit dem Sender CNN klar, dass er ständig Botschaften an Putin sende. Seine jüngste Bemerkung über die Gefahr eines "nuklearen Armageddon" sei an den russischen Präsidenten gerichtet gewesen. Nach SZ-Informationen ist jenseits der öffentlichen Signale wenig Bewegung an der diplomatischen Front entstanden. Weder haben die USA und Russland einen Gesprächskanal aufgebaut, noch drängen Washington und die übrigen westlichen Verbündeten Kiew zu Verhandlungen. "Der Zeitpunkt ist noch lange nicht gekommen", heißt es aus diplomatischen Kreisen.

Die UN-Vollversammlung hat unterdessen die völkerrechtswidrigen Annexionen Russlands in der Ukraine mit überwältigenden Mehrheit verurteilt. 143 der 193 Mitgliedsstaaten stimmten am Mittwoch in New York für eine entsprechende Resolution, fünf votierten dagegen, 35 enthielten sich, darunter China. Der Beschluss zeigt die internationale Isolation Moskaus.

Putin selbst sprach ebenfalls von Dialog, allerdings im Zusammenhang mit dem umkämpften Atomkraftwerk Saporischschja. Er nutzte den Besuch des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, der erneut auf die Einrichtung einer Schutzzone gedrungen hatte und von Putin ein persönliches Treffen zugestanden bekam. Die Begegnung in Sankt Petersburg wurde im russischen Staatsfernsehen gezeigt. Putin wird mit dem sehr allgemeinen Satz zitiert: "Wir werden gerne über alle Fragen von gemeinsamem Interesse sprechen oder solche, die Anlass zur Sorge geben, zum Beispiel über die Situation rund um das Atomkraftwerk."

Bemerkenswert an Bidens Aussagen war der Hinweis, dass er Putin für einen "rationalen Akteur" halte, auch wenn er sich bei dem Überfall auf die Ukraine verkalkuliert habe. Der US-Präsident machte auch klar, dass er zu keinen Verhandlungen über die territoriale Integrität der Ukraine bereit sei. "Weder ich noch irgendjemand sonst sind bereit, mit Russland über deren Verbleib in der Ukraine zu verhandeln, oder ob sie irgendeinen Teil der Ukraine behalten werden." Ein Gespräch mit Putin hänge also davon ab, "worüber genau er reden will".

Parallel zu diesen Signalen zeigten sich das westliche G-7-Bündnis und die Nato fest entschlossen, die Ukraine, "solange es nötig ist", in diesem Krieg zu unterstützen. Zum ersten Mal näherten sich allerdings auch die G 7 in ihrem Kommuniqué einer politischen Friedenslösung an. "Kein Land will den Frieden mehr als die Ukraine", hieß es nach dem von Deutschland initiierten Treffen. "In Solidarität mit der Ukraine begrüßen die Anführer der G 7 die Bereitschaft von Präsident Selenskij zu einem gerechten Frieden."

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