Süddeutsche Zeitung

Große Koalition:Spitzensteuersatz und Durchstecherei entzweien Union und SPD

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In den Sondierungen von Union und SPD für eine neue große Koalition werden erste Differenzen sichtbar. Einen erheblichen Konflikt gibt es offenbar in der Steuerpolitik, über die an diesem Dienstag beraten werden soll: Die CSU lehnt die Forderung der SPD nach einer schrittweisen Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 Prozent ab.

Die SPD mokierte sich außerdem darüber, dass der CDU-Unterhändler und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet die Einigung seiner Arbeitsgruppe zur Energiepolitik öffentlich gemacht hatte. Inhaltlich war zuvor bereits durchgesickert, dass sich Union und SPD vom Klimaziel für 2020 offiziell verabschieden wollen. Laschet sagte am Montagabend bei einer IHK-Veranstaltung in Düsseldorf weiter, anders als in den Jamaika-Sondierungen mit Grünen und FDP sei das Thema mit der SPD nicht strittig gewesen. Details nannte er nicht.

Die Sondierer haben sich eigentlich Stillschweigen auferlegt und vereinbart, dass am Ende jedes Verhandlungstages nur ein Vertreter der jeweils gastgebenden Partei eine Erklärung abgibt. In dieser Eigenschaft war kurz vor Laschet Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) aufgetreten, hatte sich inhaltlich bedeckt gehalten und lediglich betont: "Es ist nichts vereinbart, solange nicht alles vereinbart ist."

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles kritisiert Laschets Verhalten heftig. "Es war sehr ärgerlich, dass es da gestern Durchstechereien gegeben hat von Zwischenergebnissen", sagte Nahles bei ihrer Ankunft zur nächsten Sondierungsrunde in der bayerischen Landesvertretung in Berlin. Die Union müsse den "Jamaika-Modus" beenden.

Mit Konflikten war zwar gerechnet worden. Jedoch hatten sich die Unterhändler zu Beginn der Sondierungen am Sonntag und zunächst auch Montag bemüht, zumindest nach außen hin das Augenmerk nicht auf das Trennende zu richten. So betonte Grosse-Brömer, die Fachgruppen hätten "intensiv und gut gearbeitet".

Am Dienstag wollen die Parteien die erste Runde der Beratungen in allen Facharbeitsgruppen abschließen. Parallel dazu will die Sechser-Runde der Partei- und Fraktionschefs um Kanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Martin Schulz und den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer weiter über die Ergebnisse der einzelnen Gruppen diskutieren. Bis spätestens in der Nacht zum Freitag wollen sie sich darauf verständigen, ob sie eine ausreichende Grundlage für offizielle Koalitionsverhandlungen sehen.

Die SPD-Spitze braucht für Koalitionsverhandlungen die Zustimmung eines Parteitags, der am 21. Januar in Bonn stattfinden soll und als große Hürde gilt.

Nach einem Medienbericht bereitet sich die SPD auf eine härtere Gangart gegenüber dem Kanzleramt in einer eventuellen neuen Koalition vor. Unter Federführung des Auswärtigen Amts von Sigmar Gabriel würden dazu Vorschläge der SPD-Ministerien gesammelt, berichtet die Passauer Neue Presse, der ein entsprechendes Schreiben vorliegt. Als Negativbeispiel aus der alten Legislaturperiode wird darin unter anderem genannt, dass Gesetzesvorschläge der SPD-Ministerien schon frühzeitig mit dem Kanzleramt sowie der Unionsfraktion abgestimmt werden mussten.

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