Süddeutsche Zeitung

Deutschland und die UN-Resolution zu Syrien:Elf Tage für ein Signal an Assad

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Alle Bemühungen, die internationale Gemeinschaft zur einer Verurteilung der Gewalt in Syrien zu bewegen, laufen bisher ins Leere. Russland und China bleiben bei ihrem Veto. Viel Zeit bleibt nicht, nur noch bis Ende Juli führt Deutschland den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat. Weil eine echte UN-Resolution immer unwahrscheinlicher wird, suchen Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle jetzt nach einer kleineren Lösung.

Daniel Brössler

Am Mittwoch ging es im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eigentlich um den Klimawandel. Deutschland, das in diesem Monat den Vorsitz führt, hat das Thema auf die Tagesordnung gesetzt; es gehört zu den Initiativen, mit denen die Bundesrepublik einen positiven Eindruck hinterlassen will an der Spitze des wichtigsten Gremiums der Welt.

Doch was immer der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig anstößt, wird überschattet von den bedrückenden neuen Nachrichten aus Syrien. Syrische Sicherheitskräfte sollen in Homs zehn Menschen während einer Beerdigung getötet haben. Menschenrechtler befürchten massenhafte Folter. Die Botschafter der USA und Frankreichs dürfen die Hauptstadt Damaskus nicht mehr verlassen.

Als Deutschland am 1. Juli die Präsidentschaft übernahm, herrschte eine vage Hoffnung, es könne doch noch gelingen, den russischen und chinesischen Widerstand gegen eine UN-Resolution in Sachen Syrien zu überwinden. Auf dem Tisch liegt ein Resolutionsentwurf Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs und Portugals, der das blutige Vorgehen Syriens gegen die eigene Bevölkerung verurteilt und ein Ende der Gewalt fordert, aber keine Sanktionen vorsieht. Alles Werben aber lief bisher ins Leere.

Diplomatische Kniffe

Nur noch elf Tage bleiben der deutschen Präsidentschaft, Außenminister Guido Westerwelle (FDP) aber scheint zu glauben, dass sie genutzt werden können. "Ich sehe eine Chance für neue Bewegung", sagte er am Mittwoch.

Diese Chance hatte sich in den vergangenen Tagen nicht in New York, sondern in Hannover aufgetan. Bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen ging es nämlich auch um Syrien und die Gewalttaten des Diktators Baschar al-Assad. In getrennten Abendessen sprachen Westerwelle und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Außenminister Sergej Lawrow und Präsident Dmitrij Medwedjew darüber, ob und wie der Sicherheitsrat doch noch Stellung gegen die Gewalt in Syrien beziehen könnte. Dabei ist ein Kniff diskutiert worden: Statt einer Resolution könnte ein presidential statement, eine Erklärung der Präsidentschaft, zu Syrien veröffentlicht werden.

Eben das meinte Merkel, als sie in der Abschlusspressekonferenz in Hannover ungenau "ein Signal" einforderte, "dass dort Gewalt angewendet wird, dass dort Unrecht geschieht, dass dort Reformen eingeleitet werden müssen". Zum Stand der Verhandlungen sagte sie: "Wir suchen jetzt gemeinsam nach Möglichkeiten, wie wir dieses Signal ausdrücken können."

Nicht nur verstanden, sondern auch auf Verständnis gestoßen

Auf die Vokabel "Signal" hat man sich offenbar verständigt, denn auch von Medwedjew wurde sie gebraucht. "Wir haben verschiedene Varianten abgetastet, damit wir ein richtiges Signal sowohl an Präsident Assad senden, damit er von Gewaltanwendungen absieht, als auch ein Signal an die Opposition senden, damit die Opposition nicht nur protestiert, sondern auch konstruktive Ideen vorschlägt", sagte er. Über die Umsetzung müssten nun die Außenminister sprechen.

Versteht man Guido Westerwelle richtig, so sind diese Gespräche bereits im Gang, wenngleich er klarstellt, dass es "völlig offen" sei, ob in den nächsten Tagen schon eine Entscheidung gelinge. "Dass die Repressionen des syrischen Regimes gegen die syrische Bevölkerung nicht akzeptabel sind, das ist klare Haltung Deutschlands", sagte er am Mittwoch. Sein Eindruck sei, dass "diese Haltung von meinem russischen Amtskollegen nicht nur verstanden wurde, sondern auch auf Verständnis gestoßen ist". Was wiederum die russische Haltung angeht, so hatte Medwedjew diese ziemlich klargemacht. Moskau wolle nicht, "dass irgendeine Resolution erscheint, die manipuliert wird und die man dann als Feigenblatt benutzt und in der steht, dass Assad böse ist und dass man weiterhin in Libyen den Luftraum sperrt und Kampfhandlungen beginnt", sagte Westerwelle.

Genau diese Gefahr würde von einem presidential statement kaum ausgehen. Niemals hat der Sicherheitsrat mittels eines presidential statements Sanktionen verhängt oder aufgehoben. In ihnen wurde auch bisher nie eine Bedrohung des Friedens festgestellt, die militärisches Eingreifen rechtfertigen würde. Das presidential statement ist aber, anders als der Name vermuten lässt, keinesfalls eine einseitige Erklärung der Präsidentschaft, sondern sehr wohl ein Beschluss des gesamten Sicherheitsrats. Es muss mit den Mitgliedern in einem informellen Verfahren ausgehandelt werden. Diplomaten siedeln es irgendwo "zwischen Resolution und Presseerklärung" ein. An Assad wäre es, in Merkels Worten, ein "Signal". Mehr nicht.

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Quelle:
SZ vom 21.07.2011
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