Süddeutsche Zeitung

Pressefreiheit:Kritik an Maaßen - und seinem Parteichef

Lesezeit: 3 min

Nachdem sich Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen für eine Überprüfung von Journalisten ausgesprochen hatte, reagieren Politiker mit massiver Kritik. Auch zum Schweigen von CDU-Chef Laschet.

SPD und Grüne haben das Schweigen von Unionskanzlerkandidat Armin Laschet zu den Äußerungen des CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen kritisiert. "Ein weiterer demokratiefeindlicher Ausfall von CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen, ein weiteres Mal schweigt CDU-Chef Armin Laschet", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dem Tagesspiegel. "Langsam drängt sich der Eindruck auf, dass das Verhalten von Maaßen und Co durch Laschet nicht nur toleriert wird, sondern gewollt ist."

Der frühere Verfassungsschutzchef Maaßen hatte mit Vorwürfen gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem Befürworten einer Überprüfung von Journalisten heftige Reaktionen hervorgerufen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Das Schweigen von Armin Laschet zu diesem CDU-Kandidaten für die nächste Bundestagswahl ist unerträglich." Alle Kandidaten der Union für die Wahl müssten sich zur rechtsstaatlichen Demokratie und Pressefreiheit bekennen. Maaßen kandidiert bei der Wahl am 26. September in einem Wahlkreis in Südthüringen für den Bundestag. Er ist nicht nur wegen seiner Haltung zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung umstritten. Politiker von SPD, Grünen und Linken warfen der CDU wiederholt vor, mit Maaßen am rechten Rand zu fischen.

Maaßen hatte im Sender tv.Berlin zur politischen Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien gesagt: "Ich sehe nicht mehr die Ausgewogenheit der Berichterstattung." Es gebe einen "klaren Linksdrall". In dem am Donnerstag veröffentlichten Interview warf er den Anstalten "Meinungsmanipulation" vor, etwa über das Weglassen von Tatsachen und die Anwendung von "Tricks". "Ich halte es für eine Schande, dass die Aufsichtsbehörden diesen öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht in der Hinsicht wirklich mal korrigieren und dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr stattfindet", sagte Maaßen. Er brachte einen "NDR-Untersuchungsausschuss" ins Gespräch. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) sei für die "Tagesschau" zuständig, erklärte er. "Wenn man sieht, dass es da auch Verbindungen gibt zwischen der 'Tagesschau' oder zwischen Personen, die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und 'Tagesschau' arbeiten, und der linken und linksextremen Szene - dann wäre das wirklich auch eine Untersuchung wert, dass auch die Biografie von einigen Redakteuren mal auf den Prüfstand gestellt wird, ob diese Leute die charakterliche Eigenschaft haben, (...) die 'Tagesschau' durch Redaktion zu begleiten." Konkreter wurde Maaßen in dem Punkt nicht.

Am Sonntagabend bekräftigte Maaßen, dass Presse- und Rundfunkfreiheit in Deutschland Verfassungsrang haben. "Unabhängiger Journalismus und ein politisch unabhängiger #OERR (öffentlich-rechtlicher Rundfunk) sind für die Demokratie unverzichtbar", schrieb er bei Twitter. "Tendenziöse Berichterstattung im #OERR (öffentlich-rechtlichen Rundfunk) kritisiere ich. Auch das gehört zur Meinungsfreiheit. Klar ist aber: Eine 'Gesinnungskontrolle' journalistischer Arbeit durch die Politik darf es nicht geben."

CDU-Spitzenpolitiker distanzierten sich am Montag von den Aussagen Maaßens, lehnten ein Parteiausschlussverfahren aber erneut ab. "Die Äußerungen waren alles andere als klug. Aber jeder ist ja seines Glückes Schmied", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier bei seinem Eintreffen zu den letzten regulären Beratungen der CDU-Spitze mit Parteichef Armin Laschet vor der Sommerpause. "Aber wir sollten das nicht überbewerten." Der stellvertretende CDU-Chef und baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl sagte auf die Frage, ob Laschet zu Maaßen Stellung beziehen solle: "Ich finde, da muss sich der Bundesvorsitzende nicht dazu äußern. Es gibt viele Äußerungen, und nicht alles muss man kommentieren."

Laschet: Die Abgrenzung der CDU nach rechts sei glasklar

Zwar äußerte sich Laschet in einem später veröffentlichten Interview allgemein zur Kandidatur von Maaßen, allerdings fand das Gespräch bereits am Freitag statt - also bevor die Debatte um die neuen Maaßen-Äußerungen Fahrt aufnahm. "In Thüringen hat die Basis entschieden. Die Wahlkreise treffen ihre eigenen Entscheidungen. Dies ist gesetzlich so geregelt", sagte Laschet dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auf die Frage, ob es nicht besser wäre, wenn sich die CDU glaubhaft von Maaßen abgrenzen würde, sagte Laschet: "Ich werde nicht jeweils kommentieren, wer in 299 Wahlkreisen kandidiert." Die Abgrenzung der CDU nach rechts sei glasklar, sagte er. "Mit der AfD wird nicht koaliert, nicht kooperiert, nicht verhandelt. Sie muss aus den Parlamenten verschwinden." NDR-Sprecherin Barbara Jung teilte am Wochenende auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, die "Tagesschau" habe einen "hohen Anspruch an Objektivität und Sorgfalt in der Berichterstattung". Sie folge bei der Nachrichtenauswahl ausschließlich journalistischen Kriterien. "Die 'Tagesschau' steht damit für ausgewogenen, nachvollziehbaren und durch Fakten belegten Journalismus."

Die Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD), teilte der dpa mit: "Wir haben in Deutschland eine starke, freie und pluralistische Medienlandschaft. Die Unterstellung von Maaßen ist infam und hat nur ein Ziel: die Glaubwürdigkeit in den Journalismus und insbesondere in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erschüttern." Sie sprach von einem "Angriff auf die Pressefreiheit, eine wichtige Säule unserer Demokratie".

Auch aus den Reihen der Union kam Kritik. Der Landesvorsitzende der CDU Hamburg, Christoph Ploß, sagte am Sonntagabend im Politik-Talk "Die richtigen Fragen" auf "Bild Live" mit Blick auf Maaßens Einlassungen zur "Tagesschau"-Redaktion: "Ich halte eine solche Äußerung für inakzeptabel. Das entspricht auch in keiner Weise der Position der CDU." Der CDU-Vorsitzende in Niedersachsen, Bernd Althusmann, sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Maaßen schadet der Partei nachdrücklich mit Positionen, die wir nicht teilen." Er erklärte weiter: "Wenn für Herrn Maaßen Grundwerte der Partei, für die er in den Bundestag einziehen will, nichts bedeuten, sollte er sich eine andere Partei suchen. Für uns ist und bleibt die Pressefreiheit unantastbar."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5342295
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa/berj
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.