Süddeutsche Zeitung

Proteste der Postbank-Mitarbeiter:"In unserer Filiale hat natürlich jeder Angst"

Lesezeit: 2 min

Alle 16 Münchner Standorte der Postbank bleiben am Donnerstag zu, am Stachus demonstrieren Mitarbeitende gegen geplante Filialschließungen. Sie fordern Klarheit, welche Filialen nun schließen müssen. Und der Konzern?

Von Ana Maria März

Der Zugang zu den Schaltern der Postbank-Filiale am Hauptbahnhof ist versperrt. Menschen bleiben vor dem verschlossenen Tor stehen, lesen die Infozettel, die daran angebracht wurden, ein Mann flucht. Die Filiale bleibt an diesem Donnerstag wie alle 16 Münchner Standorte geschlossen. Grund dafür ist eine Betriebsversammlung der Postbank Filialvertrieb AG ganz in der Nähe, im Mathäser Filmpalast.

In den Filialen der Postbank können die Kundinnen und Kunden normalerweise nicht nur Bankgeschäfte erledigen, sondern auch etwa Briefmarken kaufen oder Pakete aufgeben und abholen. Dafür können sie am Tag der Betriebsversammlung auf die Partner-Filialen der Deutschen Post ausweichen. Zu der Betriebsversammlung in München wurden auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Teilen Bayerns erwartet, weshalb an diesem Donnerstag auch an weiteren Orten im Freistaat Filialen geschlossen bleiben.

Gegen Mittag wird die Betriebsversammlung im Mathäser für eine Demonstration am Stachus unterbrochen. Denn viele Mitarbeitende der Postbank fürchten aktuell um ihre Jobs. Ende Oktober war bekannt geworden, dass die Deutsche Bank, der Mutterkonzern der Postbank, bis Mitte 2026 insgesamt 250 der derzeit noch 550 Standorte schließen will. In 100 der verbleibenden Filialen sollen dann nur noch Bankdienstleistungen angeboten werden. Welche Filialen von den Schließungen betroffen sind, ist noch nicht bekannt.

In dieser Woche hatte die Gewerkschaft Verdi auch schon bei Betriebsversammlungen in Hamburg und Stuttgart zu Protesten aufgerufen. "Wir wollen Klarheit für die Leute, welche Filialen betroffen sind", sagt Tina Scholze von Verdi Bayern. In München gehe es um 150 Menschen, die derzeit an den Standorten beschäftigt sind. Die Postbank selbst will keine regionalen Angaben zu ihren Filialen oder der Zahl ihrer Kunden in München machen.

Bei der Postbank hat es zuletzt durch den Umzug von Daten auf die Systeme der Deutschen Bank massive IT-Probleme gegeben - zum Ärger vieler Kunden. "Die Beschäftigten haben bei den Umstrukturierungen den Kopf hingehalten und jetzt bekommen sie die Ohrfeige", sagt Scholze. Verdi setzt sich für eine Verlängerung des Kündigungsschutzes für die Mitarbeitenden ein.

"DB = Desaströse Betriebsabläufe" steht auf einem Plakat

Etwa 100 Menschen ziehen gegen Mittag begleitet von der Polizei vom Mathäser über die Kreuzung zum Brunnen am Stachus. In der Luft wehen Verdi-Fahnen, ein paar wenige selbstgebastelte Plakate werden hochgehalten. "DB = Desaströse Betriebsabläufe" liest man darauf zum Beispiel. Die Mitarbeitenden haben aus der Presse von den geplanten Filialschließungen erfahren. Mit ihrem Protest wollen sie zeigen, dass aus ihrer Sicht etwas schiefläuft.

Eine Frau, die seit Jahrzehnten in München für die Postbank arbeitet und anonym bleiben möchte, sagt: "In unserer Filiale hat natürlich jeder Angst." Viele Kunden hätten ihre Konten bereits aufgelöst, weil ihnen der Weg zur Bank inzwischen zu weit sei. Seit 2021 sind in der Stadt bereits zehn Standorte der Postbank weggefallen. Dass die Deutsche Bank sie zu einer "Mobile First"-Bank umbauen will, ist offenbar nicht für alle attraktiv.

"Ich wünsche mir, dass alle Filialen erhalten bleiben", sagt eine weitere Demo-Teilnehmerin, die ihren Namen nicht nennen möchte. Den Glauben an eine Lösung wollen sich die Postbank-Mitarbeitenden am Stachus noch nicht nehmen lassen. "Wenn man pessimistisch ist, ist es schon zu spät", sagt die Frau.

Die Deutsche Post, die inzwischen DHL-Group heißt, setzt derweil auf andere Standorte, die ihre Dienstleistungen anbieten. In München sind das rund 130 sogenannte Partner-Filialen, 160 Paketshops und 200 Packstationen. Bei Filialschließungen der Postbank sollen die Kooperationen mit Partnern im Einzelhandel weiter ausgebaut werden.

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