Süddeutsche Zeitung

European Championships:Wettkämpfe in der ganzen Stadt

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Die Europameisterschaften in neun Sportarten knüpfen an das olympische Erbe Münchens an. Das Publikum soll den Athletinnen und Athleten ganz nah kommen können - oft sogar bei freiem Eintritt. Ein Überblick.

Von Ralf Tögel

Es ist stets ein Erlebnis, wenn man in München am Königsplatz vor den mächtigen Säulen der Staatlichen Antikensammlung steht. Doch derzeit wächst direkt vor dem klassizistischen Monument ein ebenfalls beeindruckendes Bauwerk, freilich von geringerer geschichtlicher Bedeutung und nur von temporärer Natur. Aus Stahl und Holz entsteht dieser Tage ein Beachvolleyball-Stadion für 5000 Zuschauer, vor den Propyläen werden drei bis zu 18 Meter hohe Kletterwände errichtet und neben und hinter der Glyptothek werden drei weitere Beachvolleyball-Plätze gebaut, die den Besuchern elf Tage lang Freude bereiten sollen.

Dann nämlich finden in der Landeshauptstadt vom 11. bis zum 21. August die European Championships statt. In neun olympischen Sportarten werden mehr als 4700 Athletinnen und Athleten um 177 Medaillensätze wetteifern, wie der Veranstalter mitteilt.

Die Wettkampforte sind dabei über ganz München verteilt: Beachvolleyball und Klettern am Königsplatz, Straßenradfahren sowie die Leichtathletik-Disziplinen Marathon und Gehen mit Start und Ziel am Odeonsplatz, Bahnradsport in einer Messehalle in Riem, Rudern und Kanu an der Ruderregattastrecke in Oberschleißheim, Tischtennis in der Rudi-Sedlmayer-Halle am Westpark, Turnen in der Olympiahalle, Leichtathletik im Olympiastadion sowie Mountainbike, BMX-Freestyle und Triathlon im Olympiapark.

Dabei kann die Stadt 50 Jahre nach den Olympischen Spielen von den nach wie vor intakten und teilweise sanierten und aufgehübschten Sportstätten profitieren. Selten wurde bei einer derart mächtigen Veranstaltung das Konzept der Nachhaltigkeit so effektiv umgesetzt.

Die Wettkämpfe sollen zu den Menschen geführt werden, wie Championships-Pressesprecher Manuel Deutschmeyer erklärt: "Wir wollen keine abgeschotteten Wettkämpfe, wir wollen hochklassigen Sport nah an den Leuten." Dafür rückt neben den frei zugänglichen Paradeplätzen im Zentrum Münchens logischerweise der Olympiapark in den Fokus.

Am Olympiaberg etwa modelliert eine Spezialfirma eine rasante Abfahrtsstrecke Richtung See mit Steilkurven und Sprüngen aus den Naturmaterialien Holz, Stein und Lehm, an anderer Stelle des Rundkurses müssen sich die Biker und Bikerinnen wieder steil nach oben quälen. Die Triathleten werden erst durch den Olympiasee kraulen, ehe sie das Rad besteigen, ein paar Runden drehen und zu guter Letzt durch den Olympiapark ins Ziel laufen. Ein Stück weiter werden die BMX-Freestyler auf ihrem Parcours die kontinentalen Meister ermitteln.

Alles ist frei zugänglich, lediglich um die Turner in der Olympiahalle oder die Leichtathleten im Stadion zu sehen, wird man um Tickets nicht herumkommen. Dafür gibt es in der Halle eine 360-Grad-Bespielung, was bedeutet, dass die Siegerehrungen in der Mitte stattfinden und die Geräte rundherum aufgebaut werden, also näher am Zuschauer. Im Stadion wurde neben einer neuen Tartanbahn ein Rollrasen verlegt, der trotz der hohen Temperaturen Wimbledon-Niveau hat. Das Licht wurde auf LED umgestellt und es gibt eine Seilkamera vom Stadiondach bis hinauf auf die Spitze des Olympiaberges, die einzigartige Bilder verspricht.

Der Park hat aber viel mehr zu bieten: Das Festival "The Roofs" ist die Symbiose zwischen Sport, Musik und Kultur. In neun autarken Erlebniswelten mit eigenen Themenschwerpunkten, in Anlehnung an die weltberühmte Zeltdachkonstruktion "Roofs" genannt, können sich die Besucher durch den Park treiben lassen. Das geht vom Heimat-Roof mit Biergarten und bayerischer Folklore neben dem BMX-Parcours bis zum Art-Roof mit schwimmenden Container-Ateliers auf dem Olympiasee.

Musik-Stars wie Marteria und Wanda treten bei freiem Eintritt auf

Die Hauptbühne wurde vor den Rasenstufen in den Olympiasee gebaut. Dort treten hochkarätige Musik-Acts wie Marteria, Wanda, Beatsteaks bis hin zu Alphaville auf, bei denen der Eintritt ebenfalls frei ist, und auch die Leichtathleten werden dort geehrt. Dem Vernehmen nach werden die Sieger aus dem Stadion zum See chauffiert, wo sie von einem Isar-Flößer zur Bühne gefahren werden. Denn das bayerische Brauchtum ist eines jener Themen, die bei den Championships immer wieder bedient werden.

Hochkarätigen Sport gibt es auch auf der Olympiaregatta-Strecke in Oberschleißheim, von mobilen Tribünen aus kann der Zuschauer Rudern, Kanurennen und die Para-Wettbewerbe beobachten. Wie auch das Golden-Beach-Roof, wo Besucher Actionsportarten ausprobieren oder einfach nur entspannen können. Die 16 paralympischen Wettkämpfe sind integraler Bestandteil des Multisportevents und fließen in den offiziellen Medaillenspiegel ein. Wie in Oberschleißheim muss man auch Tickets erwerben, wenn man die Tischtennis-EM in der Rudi-Sedlmayer-Halle im Westpark sehen will.

Am Königsplatz soll mit den beiden jungen Sportarten Beachvolleyball und Klettern vor allem ein junges Publikum angesprochen werden, dafür liegen 2500 Tonnen Sand bereit, der eine spezielle Körnung hat, damit er bei Regen nicht hart wird. Selbiger im Übrigen wird hernach auf anderen Beachanlagen weiterverwendet, das ist Teil des Nachhaltigkeitskonzepts, das sich die Stadt auf die Fahnen geschrieben hat. Die Wettkämpfe sind auf dem frei zugänglichen Königsplatz bis zu den jeweiligen Finaltagen (bisher sind nur die Beach-Finaltage ausverkauft) ohne Tickets zu sehen.

Beeindruckend ist auch der Start-Ziel-Bereich auf der Ludwigstraße vor dem Odeonsplatz, diesen werden die Radfahrer, Geher und Marathonläuferinnen mehrmals passieren. Die Tribünen bieten 2500 Zuschauern Platz und sind kostenfrei. Es ist folglich empfehlenswert, rechtzeitig da zu sein. Platz dazu ist aber auch an den Strecken, die Marathonläufer etwa passieren auf ihrer Zehn-Kilometer-Runde nahezu alle klassischen Münchner Sehenswürdigkeiten - von Marienplatz, Isartor über Friedensengel bis zum Englischen Garten. Nach der Elite dürfen sich die Hobbyläufer auf die Strecke wagen, Sightseeing im Schnelldurchlauf, was für ein Erlebnis.

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