Süddeutsche Zeitung

Tourismus:"Wir sind nicht Mallorca"

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Obwohl Hotels und Pensionen in Bayern an Pfingsten wieder öffnen dürfen, halten sich viele Betriebe im Landkreis München zurück. Auch in den Reisebüros läuft das Geschäft nur schleppend.

Von Michael Morosow

Endlich wieder Urlaub, wie er früher einmal war. Mit den Kindern Sandburgen bauen, etwa am Strand von Rimini, ist nach Lockerung der Einreisebeschränkungen der italienischen Regierung ja bereits seit Freitag wieder möglich. Städtereisen mit Hotelbuchung im eigenen Land unternehmen, ein paar Nächte in einem Haus am See verbringen, sein Bett auf einem Campingplatz aufschlagen - das alles ist vom kommenden Pfingstwochenende an in Bayern wieder erlaubt. Am Freitag, 21. Mai, dürfen Hotels, Pensionen und Campingplätze im Freistaat erstmals nach langer Schließung wieder öffnen, vorausgesetzt, der Inzidenzwert in ihrem Gebiet bleibt unter 100. Wer nun denkt, die halbe Region flöge jetzt aus, der irrt.

Die Reisebüros im Landkreis München verzeichnen wohl teils eine stark gestiegene Reiselust ihrer Kunden, aber die Unsicherheit darüber, wie dauerhaft die Corona-Lockerungen sein werden, lässt nicht wenige zaudern. Bei den Hotels und Pensionen im Landkreis läuft das Geschäft zwar wieder an, aber von einem Boom kann auch in diesem Wirtschaftsbereich keine Rede sein.

Die Buchungszahlen halten sich in engen Grenzen. "Es dauert, bis sich das Geschäft wieder normalisiert", sagt Florian Schelle, der eine Frühstückspension in Oberhaching betreibt. Kein Oktoberfest, keine Messen und dazu noch die stetige Zunahme des Homeoffice - "da kommt eines zum anderen", sagt Schelle. Und: "Wir sind nicht Mallorca."

"Vorsichtig optimistisch" zeigt sich Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, nach dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung zur Öffnung von Hotels und Pensionen von Pfingsten an. Für eine vorausschauende Planung für die Hotellerie sei die gegenwärtige Situation aber nicht geeignet, sagt Inselkammer, die auch Geschäftsführerin des Brauereigasthofs Hotel Aying ist. Dabei stehe der Landkreis München mit einer Inzidenz stabil unter 100 noch gut da. "Bei uns ist an Pfingsten sicher geöffnet", sagt sie, in anderen Landkreisen könnten Hoteliers diese Aussage nicht machen. Ihr Hotel jedenfalls sei für Pfingsten "gut gebucht".

"Elf Kilometer vom Tierpark Hellabrunn und 13 Kilometer vom Deutschen Museum entfernt" - mit diesen Details wirbt das Hotel Hachinger Hof in Oberhaching um Gäste, vornehmlich Geschäftsleute. Wenn die Sehenswürdigkeiten in München nicht geöffnet hätten, merke man dies in seinem Betrieb, sagt Geschäftsführer Sebastian Mair, der in der ersten Pfingstwoche das Hotel gar nicht aufsperren wird. "Wir fokussieren uns auf die zweite Pfingstferienwoche", sagt Mair.

Geradezu magnetisch zieht der Deininger Weiher in Straßlach-Dingharting Ausflügler aus München an. "Wenn der Himmel über München bewölkt ist und die Leute sehen auf unserer Web-Cam hellsten Sonnenschein, dann kommen sie mit Freude", sagt Liliane Tschurtschenthaler, die mit ihrem Mann Markus Tschurtschenthaler seit 2012 das Waldhaus am Deininger Weiher betreibt. Das angeschlossene Hotel werde sie dennoch erst in der zweiten Pfingstwoche für Touristen öffnen. Für die Woche nach dem 21. Mai seien die Leute "extrem freudig am Buchen" gewesen, berichtet sie.

"Heute so, morgen so - da ist es schwierig, richtig zu planen."

Die Unsicherheit, was die weitere Entwicklung der Pandemie anbelangt, ist in der Reisebranche gegenwärtig der größte Bremsklotz. "Heute so, morgen so - da ist es schwierig, richtig zu planen", sagt Elisabeth Trötschel von den Metropol-Reisen in Ottobrunn. Sie habe bereits eine Nachfrage für eine USA-Reise im Winter bekommen, diese aber erst einmal abgeblockt. In vergangenen Monaten, als andere Reisebüros geschlossen hatten, habe sie täglich von zehn bis 17 Uhr im Laden gestanden. "Präsenz zu zeigen, ist wichtig", sagt sie. Wohin es ihre Kunden jetzt treibt? In den Urlaub im europäischen Raum, Spanien, Griechenland, Italien, die Türkei, auch innerhalb Deutschlands, berichtet Trötschel.

Die Balearen und Portugal stehen bei Susanne Hohm von der Ferien-Factory hoch im Kurs. Der Wunsch der Menschen zu verreisen, sei groß, wie aber auch ihre Vorsicht aufgrund möglicher wechselnden Reisebestimmungen, sagt sie. Ihre Hoffnung richte sich nun auf das Sommergeschäft und Last-minute-Buchungen.

Zuerst eine Reise verkaufen, dann wieder auf eigene Kosten stornieren - "da mache ich nicht mehr mit", sagt dagegen Johanna Landler, Inhaberin der Profi-Team Reisen GmbH, die bis September ihren Sitz in Aschheim hatte, ehe sie ihn aus privaten Gründen nach Passau verlegte. Ihr Reisebüro macht sie derzeit erst gar nicht auf.

Nicht zuletzt deshalb, weil sie von der aktuellen Lockerungsstrategie im Freistaat gar nichts hält. "So kommen wir nie raus aus der Misere", sagt Landler. Wohin das führen könne, sehe man derzeit sehr gut am Beispiel ihrer neuen Heimatstadt Passau, wo der Inzidenzwert lange unter 50 gelegen ist, um nach Tagen der Lockerung erneut anzusteigen. "Heute liegt er bei über 70", sagt die Reisekauffrau am Freitag.

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SZ vom 17.05.2021
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