Süddeutsche Zeitung

Mitten in Erlangen/Nürnberg:Völker, schaut auf diesen Weiler!

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Das "Wegfeld" in Nürnberg-Nord umfasst etwa drei Häuser und einen Altglascontainer, ist aber jetzt mit zwei Tramlinien im Fünf-Minuten-Takt erreichbar. Wenn das mal keiner bereut irgendwann.

Kolumne von Olaf Przybilla, Nürnberg

Zum "Wegfeld", das ist die gute Nachricht aus Nürnberg, kann man sich neuerdings gleich mit zwei Straßenbahnen chauffieren lassen, mit der 4 und der neuen Linie 10. Für Nicht-Nürnberger: Das Wegfeld liegt am nördlichen Stadtrand, umfasst grob geschätzt drei Häuser, eine Kleintankstelle, einen Altglascontainer, keine Milchkanne. Ein guter Ort ist dieses Wegfeld, gerade jetzt im Trubel-Dezember, für alle Christkindlesmarktgeschädigten.

Sie stehen am Plärrer - und wollen nur noch raus? Gar kein Ding. Seit Sonntag kommen Sie alle fünf Minuten zu besagtem Wegfeld, das ästhetisch Anspruchsvolle für einen Nichtort halten mögen; das in Wahrheit aber jene interimistisch gedachte Verknüpfungsstelle mitten in der Knoblauchslandprärie ist, an der man in den Bus nach Erlangen umsteigen muss - so lange das noch notwendig ist.

Womit man bei den mittelguten Nachrichten wäre. Angedacht war etwas Tramartiges von Nürnberg nach Erlangen schon vor mehr als 100 Jahren, 2014 wurde die Stadt-Umland-Bahn, die StUB, tatsächlich aufs Gleis gesetzt. In Nürnberg machte man sich also ans Werk, die Idee ist ja nicht komplett abwegig: eine Linie von der Halbmillionenstadt nach Erlangen ( weltgrößter Siemensstandort, Hauptsitz einer der großen Unis der Republik) bis nach Herzogenaurach (Sitz dreier Weltkonzerne).

In Nürnberg sind alle Vorkehrungen nun getroffen, das Wegfeld dürfte beim Titel "bestangebundener Weiler der Welt" ein Wörtchen mitzureden haben. In Erlangen dagegen? Ist die "Brauchen wir das?"-Debatte gerade ganz neu entbrannt.

Der Grund sind neue Zahlen. Nicht mehr auf 372 Millionen Euro Investitionskosten, wie 2019 gedacht, wird die StUB jetzt veranschlagt, sondern auf 635 Millionen Euro. Zwar kommt so eine Steigerung bei einem vor Jahren, also vor den multiplen Krisen, geschätzten Großprojekt in etwa so überraschend wie Weihnachten - ist aber natürlich Wasser auf die Mühlen all jener, denen eine Tram übers Regnitztal (und in ihrem Vorgarten) lang schon ein Dorn im Auge ist.

Was man wissen muss: In Erlangen ist noch keine Schiene verlegt worden. Und wer dieser Tage die Leserbriefspalten der Erlanger Nachrichten ("Fass ohne Boden") liest, den müssen Zweifel drücken, ob je eine verlegt wird. Ein Ratsbegehren könnte das noch stoppen. So oder so: Das Wegfeld herausragend gut angebunden zu haben, wird in Nürnberg nie jemand bereuen, hoffentlich.

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