Süddeutsche Zeitung

Kolumne "Unter Bayern":Plötzlich Armins heißer Atem im Nacken

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Wer wird nun Kanzlerkandidat? Nach wie vor steht Markus Söder in der Gunst der Unionsanhänger bestens da. Unser Kolumnist findet: höchste Zeit, dass die CDU mal die Spielregeln völlig auf den Kopf stellt.

Glosse von Roman Deininger

Berlin, 4. September. Die CDU hat am Freitag ihr mit Spannung erwartetes "Regelwerk zur Herstellung von Chancengleichheit im Wettbewerb um die Kanzlerkandidatur der Union" vorgestellt. Das 262-seitige Papier sieht unter anderem vor, dass alle Meinungsforschungsinstitute verpflichtet werden, bei den Beliebtheitswerten von CSU-Chef Markus Söder statt der üblichen "plus/minus 3 Prozent" eine fixe Schwankungsbreite von "minus 30 Prozent" auszuweisen. Damit liegt Söder im aktuellen ARD-Deutschlandtrend statt bei 75 Prozent Zustimmung unter den Unions-Anhängern nur noch bei 45 - und damit lediglich 20 Punkte vor dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet. "Die Zahlen beweisen: Das Rennen ist offen", sagte Laschets Innenminister Herbert Reul in einer ersten Reaktion. "Söder spürt Armins heißen Atem im Nacken und wird nervös."

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer lobte, das umfangreiche Maßnahmenpaket werde "auch Schwächeren die Teilhabe an der Führung von Staat und Partei ermöglichen". Das Papier schreibt etwa auch fest, dass Söder Corona-Pressekonferenzen nur noch "in einem Zeitfenster" zwischen zwei und fünf Uhr morgens halten darf. Bewegtbilder davon dürfen nur noch gegen eine Gebühr von 6,99 Euro pro Minute beim Streamingdienst Joyn Plus gezeigt werden. Bei öffentlichen Auftritten darf Söder nicht mehr seine weiß-blaue Bayern-Maske tragen, sondern nur noch eine graue mit dem Aufdruck "Test-Debakel". In allen sozialen Netzwerken muss Söder mindestens einmal täglich den Satz "Ich schätze Jan Marsalek als Mensch und Manager" posten.

Ferner muss Söder eine elektronische Fußfessel tragen, die ihm jedes Mal, wenn er die Worte "Bayern bleibt vorsichtig" ausspricht, einen Stromschlag versetzt. Sollte Söder eine Kutsche benutzen oder einen Baum umarmen (selbst privat), steigt als Konventionalstrafe der 1. FC Nürnberg automatisch in die Bezirksliga Mittelfranken-Süd ab. Überdies wird Söder in die Geschäftsleitungen von Tönnies-Fleisch und BlackRock berufen sowie ehrenhalber zum "Bayerischen Starkbierkönig 2020/21" ernannt. In den so entstehenden Fehlzeiten muss er sich als Ministerpräsident von Gesundheitsministerin Melanie Huml vertreten lassen.

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SZ vom 05.09.2020
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