Süddeutsche Zeitung

CSU vor der Landtagswahl:Söders seltsames Demokratieverständnis

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Beim Parteitag warnt der Ministerpräsident vor zu vielen Parteien im Landtag. Dabei wäre das kein Zeichen für Mangel an Demokratie - sondern für die Schwäche der CSU.

Kommentar von Lisa Schnell

Die CSU versuchte auf ihrem Parteitag alles wiedergutzumachen, was sie in den letzten Monaten vermasselt hat. Das gelang ihr mal mehr und mal weniger gut. Bezogen auf das angespannte Verhältnis zwischen CSU-Chef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder muss man sagen: Sie meisterte es so gut, wie es eben ging.

Zwei, die sich nie leiden konnten, sind nicht das ideale Team, um gemeinsam Wahlen zu gewinnen. Die Doppelpässe, die sich Söder und Seehofer zuspielen wollten, landeten häufig im Aus. Söder gab es nach dem gemeinsam geführten Asylstreit gegen die Kanzlerin auf, sich in der Flüchtlingsfrage zu verkämpfen, und wollte sich ganz auf Bayern konzentrieren.

Seehofer aber legte ein ungewöhnliches Talent an den Tag, die Aufmerksamkeit immer wieder auf Asylfragen zu richten und sich mit der Kanzlerin anzulegen, zuletzt mit seiner Unterstützung für den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen. Wie viel die Basis davon hält, zeigten ihm die Delegierten mit einem Applaus, der bestenfalls als höflich gelten kann. Immerhin goss Seehofer nicht noch mehr Öl ins Feuer und rang sich zu unzähligen Danksagungen an Söder durch. Der Doppelpass könnte aber schon bald wieder misslingen. Die Frage, ob der bayerische Wahlkampf nicht wieder von Ereignissen in Berlin dominiert wird, hängt davon ab, ob dort eine schnelle Lösung im Konflikt um die Personalie Maaßen gefunden wird und damit auch von Seehofer.

Umso mehr versuchte Söder, endlich durchzudringen mit seinen Ideen für Bayern, auch das eine schlüssige Strategie. Er begeisterte mit einer kraftvollen Rede und machte vielen der verzagten Wahlkämpfer ein wenig Mut. Es ist etwas dran, dass die CSU ihren Anteil am Erfolg Bayerns hat. Daran, dass die Errungenschaften der CSU in letzter Zeit nicht im Mittelpunkt standen, ist Söder allerdings selbst schuld.

Gleichzeitig offenbarte er ein seltsames Demokratieverständnis. Söder mag recht haben, dass sieben Parteien im Landtag eine lähmende Wirkung haben könnten. Seine Ausführungen, dass der Niedergang der Volksparteien und das Erstarken der Ränder ein europaweiter Trend ist, mag der Versuch sein, ein Wahldebakel zu relativieren, ist aber nicht falsch. Trotzdem ist das Schreckensszenario übertrieben, das er für den wahrscheinlichen Fall entwirft, dass die CSU die absolute Mehrheit verliert.

Eine starke Demokratie ist für ihn eine, in der nur eine Partei regiert, die CSU. Er nennt es die "einheitliche Demokratie" und offenbart damit eine kuriose Vorstellung von Volksvertretung. Ein buntes Parlament und eine Koalition sind kein "Problemfall der Demokratie", wie Söder sagt, sondern der Ausdruck des Wählerwillens. Zum ersten Mal bekommt die CSU zu spüren, was es heißt, sich dem politischen Wettbewerber inhaltlich stellen zu müssen. Früher wurde die Opposition auf CSU-Parteitagen mit nur wenigen Sätzen geehrt, jetzt arbeitet sich die CSU ernsthaft am politischen Gegner ab. Es ist ein Zeichen für die Schwäche der CSU, keines für mangelnde Demokratie.

Nachgebessert hat die CSU auch in ihrem Umgang mit der AfD und der Flüchtlingspolitik. Söder geißelte die Rechtspopulisten und bemühte sich um ausgleichende Worte zur Migration. Es ist die letzte Strategie, die der CSU bleibt. Ignorieren hat nichts geholfen und der Versuch, sich in der Flüchtlingsfrage endgültig gegen Kanzlerin Merkel durchzusetzen, scheiterte.

Die AfD hart anzugehen und mehr Zuversicht als Angst zu verbreiten, ist der einzig gangbare Weg. Die CSU hat ihn nach einem Schlingerkurs viel zu spät eingeschlagen. Bis sie an diesem Punkt ankam, enttäuschte sie rechtskonservative Wähler genauso wie Wähler der Mitte. Wie die Wahlkämpfer das an den Infoständen erklären sollen, bleibt ein Problem. Da werden auch die gut gewählten Worte Söders kaum helfen.

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