Süddeutsche Zeitung

Verkehr in Bayern:Wie der Süden unter der Verkehrspolitik Österreichs leidet

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Blockabfertigungen und Streckensperrungen belasten das Verhältnis zu Tirol und Salzburg - viele Kommunen beklagen sich über eine einseitige Politik.

Von Matthias Köpf, Kiefersfelden

Ostern ist Reisezeit, so war es vor der Corona-Pandemie und so erwartet es etwa der ADAC auch für diese Tage, in denen die Pandemie zwar nicht vorbei ist, aber kaum mehr jemanden vom Fortfahren abhält. Immerhin verzichtet die Tiroler Landesregierung während der Osterferien auf die Blockabfertigung, mit der sie auf der Inntalautobahn allein im ersten Halbjahr 2022 an 21 Tagen den Schwerverkehr ausbremst und damit auch Ausflüglern, Urlaubern und vor allem den Gemeinden im bayerischen Grenzgebiet das Leben schwer macht. Speziell in Verkehrsfragen ist die Stimmung beiderseits der Grenze gerade ohnehin nicht die beste.

Die Freien Wähler im Raum Rosenheim zum Beispiel wollten der Tiroler Blockabfertigung eine eigene Autobahnblockade entgegensetzen, damit sich die Laster nicht immer nur weit nach Bayern hinein und teils bis auf die A8 stauen, sondern auch einmal in die andere Richtung bis Innsbruck. Weil die Behörden so eine Blockade nicht zugelassen haben, wollen die Freien Wähler an diesem Samstag direkt in Innsbruck demonstrieren. Denn wenn die Inntalautobahn dicht ist, strapaziert das nicht nur Lkw-Fahrer und Lieferketten, sondern auch die Orte im bayerischen Inntal, wo sich dann der Ausweichverkehr drängt. Längst diskutieren die Gemeinderäte über Gegenmaßnahmen und bestellen Verkehrsgutachten, um die Belastung zu dokumentieren.

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) argumentiert seinerseits mit der regelmäßigen Überlastung von Straßen und Autobahnen und damit, dass dann auch für Rettungskräfte kein Durchkommen mehr sei. Zugleich hält er nicht damit hinter dem Berg, dass er die Blockabfertigungen auch als Druckmittel auf Bayern und den Bund einsetzt, damit diese den Bau der inzwischen immerhin grob geplanten neuen Gleise zum Brennerbasistunnel vorantreiben. Nur so könne man den überbordenden Gütertransport über die Alpen auf die Schiene drängen.

Probleme auch mit Salzburg

Bayerns Wirtschaftsminister Huber Aiwanger (FW) hat sich deswegen zuletzt zweimal mit seinem Tiroler Amtskollegen Anton Mattle getroffen. Wenn der Güterverkehr weiter zunehme und an der Brennerroute bald viele Brücken saniert werden müssten, fahre man "sehenden Auges ins Verkehrschaos", sagt Aiwanger. Linderung soll eine "intelligente Verkehrssteuerung" verschaffen, die Lkws rechtzeitig von der Grenzregion fernhält. Ferner fordert Aiwanger mehr Verladekapazitäten auf die Bahn und eine Verteuerung der im Vergleich anderen Alpenübergängen konkurrenzlos billigen Brennerroute - eine Linie auf die zuvor auch schon Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eingeschwenkt war.

Die Staatsregierung hat nun auch noch ein Hilferuf aus dem Grenzgebiet zu Salzburg ereilt. Seit die Nachbarn vor zwei Jahren ihre Bundesstraße zwischen dem oberösterreichischen Innviertel und Salzburg für den Lkw-Transit gesperrt haben, habe der sich der Schwerverkehr stattdessen auf die deutsche B 20 verlagert, klagen die besonders betroffenen Städte Burghausen und Laufen sowie mehrere andere Kommunen und die Landkreise Berchtesgadener Land und Traunstein. Der Salzburger Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) kokettiert zudem mit Blockabfertigungen auf der A8 nach Tiroler Vorbild, was auf bayerischer Seite die Angst vor dem Ausweichverkehr schürt. Und wenn die Tiroler Dosierungen auch den innerösterreichischen Verkehr über das "Große deutsche Eck" auf der A93 und der A8 behinderten, nehme umso mehr Schwerverkehr die Route über das sogenannte Kleine deutsche Eck bei Bad Reichenhall.

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