Süddeutsche Zeitung

Neue Initiative:Bayerische Justiz soll digitaler werden

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"Legal Tech Colab" heißt das Programm, mit dem Minister Eisenreich ein Start-up-Netzwerk aus jungen Firmen, Anwaltskanzleien und Universitäten fördern will.

Von Andreas Glas, München

Mit einem Fördernetzwerk will die Staatsregierung Start-ups im Bereich des sogenannten "Legal Tech" unterstützen - also Gründerinnen und Gründer, deren Unternehmen Informationstechnik entwickeln, die künftig etwa bestimmte Aufgaben von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen übernehmen könnte. An diesem Montag wird Justizminister Georg Eisenreich (CSU) seine Idee eines "Legal Tech Colab" präsentieren, die er als weiteren Schritt betrachtet, die Justiz in Bayern digitaler zu machen.

Das "Legal Tech Colab" fügt sich in die Hightech-Agenda, Prestigeprojekt von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), das die bayerische Wirtschaft und Wissenschaft mit enormen Investitionen zukunftsfest machen soll. Insgesamt 3,5 Milliarden Euro investiert die Staatsregierung in moderne Technologien, Digitales, künstliche Intelligenz. Die Summe, die das Justizministerium ins "Legal Tech Colab" steckt, wirkt da fast bescheiden. Bis zu einer Million Euro jährlich soll in das Start-up-Netzwerk fließen.

Bescheiden? "Das ist viel Geld", sagt der Minister. Der Freistaat investiert nicht selbst in Legal-Tech-Start-ups, sondern finanziert eine Infrastruktur, die den Gründerinnen und Gründern helfen soll, ihre Ideen auf den Markt zu bringen. "Wir schaffen das Netzwerk und bringen die Experten mit denen zusammen, die eine Geschäftsidee haben", sagt Eisenreich über das Projekt, an dem das Münchner Gründer- und Innovationszentrum UnternehmerTUM beteiligt ist, das den Start-ups auch helfen soll, die richtigen Investoren zu finden.

Das "Legal Tech Colab" werde eng mit den bayerischen Hochschulen vernetzt sein, sagt Eisenreich. Zum Netz sollen auch nationale und internationale Unternehmen sowie Anwaltskanzleien aus dem Legal-Tech-Bereich gehören. Für manche Kanzleien ist die Digitalisierung von Rechtsdienstleistungen schon deshalb interessant, weil die Datenmengen immer größer werden und sie ihre Mandate ohne digitale Hilfe teils kaum mehr bewältigen können. Vor allem bei Massenverfahren, zum Beispiel bei Sammelklagen von Verbraucherinnen und Verbrauchern, können Legal-Tech-Tools die juristische Arbeit erleichtern.

Unter Legal Tech fallen zum Beispiel Rechtsportale im Netz, die Entschädigungen für Reisende erstreiten, deren Flüge sich verspätet haben, verschoben oder storniert wurden. Oder Online-Plattformen, auf denen Verkehrssünder ihren Bußgeldbescheid prüfen lassen können. Wo Legal Tech zum Einsatz kommt, geht es also selten um komplexe Rechtsfragen - eher um Fälle, die ähnliche Muster haben und mithilfe eines Tech-Tools mehr oder weniger standardisiert bearbeitet werden können.

Wenn Fälle komplex seien, die Beweislage unübersichtlich oder tiefere Rechtsberatung im Einzelfall nötig sei, gehöre das zum "Kernbereich der Arbeit der Rechtsanwälte", sagt Eisenreich, dann könne das keine Legal-Tech-Plattform im Netz übernehmen. "Aber wenn es die Möglichkeit gibt, dass Unternehmen oder Bürgerinnen und Bürger zeitsparend und kostengünstig ihr Recht auf digitalem Weg durchsetzen können", dann begrüße er das sehr.

Eisenreich kann sich sogar vorstellen, künstliche Intelligenz an Bayerns Gerichten einzusetzen, die nach und nach die sogenannte E-Akte eingeführt haben und immer öfter per Videoschalte verhandeln. Künstliche Intelligenz, sagt Eisenreich, könne Richterinnen und Richter bei ihrer Arbeit unterstützen, "da ist noch viel Spielraum". Aber ein Urteil sprechen? Das müsse am Ende "immer ein Mensch und kein Algorithmus".

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