Süddeutsche Zeitung

SZ-Klimakolumne:Landwirtschaft und Umweltschutz - geht das noch zusammen?

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Die Bauern stecken tief drin im Dilemma zwischen Geldverdienen und Naturerhalt. In dem Konflikt könnte aber auch eine Chance stecken.

Von Thomas Hummel

Dass früher alles besser war, kann man wirklich nicht immer behaupten. Als in den 1980er-Jahren die Jugendlichen in München in die Isar gesprungen sind, kamen einige mit einem Hautausschlag wieder heraus. So belastet war der Fluss vom Abwasser der Industrie, aber auch von Düngemitteln und Pestiziden aus der Landwirtschaft. Und die Isar war bei Weitem nicht das dreckigste Gewässer.

Vor allem neue Klärwerke verhindern heute, dass allzu viele Schadstoffe in die Seen, Bäche und Flüsse geraten, laut Umweltbundesamt erfüllten im Jahr 2022 98 Prozent der Badegewässer in Deutschland die Qualitätsanforderungen der EU. Problematisch vorwiegend für die Tier- und Pflanzenwelt ist vielerorts noch der hohe Gehalt an Phosphor und Stickstoff, der auf Gülle und andere Düngemittel zurückzuführen ist. Das führt später zu erhöhten Nitrat-Werten im Grundwasser.

Wo Grenzwerte überschritten werden, müssen Landwirte nun dokumentieren, welchen und wie viel Dünger sie ausbringen. Das heißt Düngemittelverordnung und ist Teil dieser Bürokratie, die allseits beklagt wird. Und weshalb Bäuerinnen und Bauern nun mit ihren Traktoren durch Berlin, Hamburg oder München donnern. Stehen sie nicht in einem weltweiten Wettbewerb und müssen auf ihren Feldern höchstmögliche Erträge erwirtschaften? Ist der Papieraufwand nicht Gängelung von hart arbeitenden Leuten?

Die Landwirtschaft steckt tief drin im Dilemma zwischen Geldverdienen sowie Erhalt von Land und Natur. Tierschützer, Veterinäre, Biologen, Wasserversorger, Klimaforscher, auch viele Landwirte selbst fordern seit Langem ein Umdenken, vor allem ein Umlenken der milliardenschweren Subventionen in Richtung Umwelt-, Klima- und Landschaftsschutz. Doch wenn es konkret wird, raunen Beobachter von einer sagenumwobenen Macht der Bauernlobby, die vieles verhindert. Weil eben einige gut an diesem System verdienen. Und dann reicht die Kürzung der Agrardiesel-Subvention, um einen Proteststurm auszulösen.

Steckt in alldem aber womöglich die Chance, die Landwirtschaft naturverträglicher zu gestalten? Mein Kollege Michael Bauchmüller meint entschieden: ja! Für die Schweine und Hühner in den riesigen Ställen wäre es gut. Auch für viele wild lebende Tiere wie Biene, Feldhamster oder Kiebitz böte es eine Chance, sich zu erholen.

Denn manchen heimischen Arten geht es nicht viel besser als dem Eisbären, dem "Popstar der Apokalypse", wie ihn meine Kollegin Tanja Rest nennt. Seit langem gilt dieses Tier als eins der ersten Opfer des Klimawandels. Oder ist das übertrieben? Rests Recherche zeigt, wie der Eisbär für ganz verschiedene Zwecke instrumentalisiert wird - und wie seine Lage tatsächlich ist.

Was denken Sie über die Bauernproteste? Über die Landwirtschaft als Nutzer und Beschützer von Land und Tier? Ich freue mich über Zuschriften an klimafreitag@sz.de.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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